Politik

Merkel und Bundesländer beraten über steigende Corona-Neuinfektionen

Angela Merkel will alles tun, damit die Zahlen in Deutschland nicht weiter exponentiell steigen. Foto: Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa
Angela Merkel will alles tun, damit die Zahlen in Deutschland nicht weiter exponentiell steigen. Foto: Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa

Am Dienstag beraten Angela Merkel und die Bundesländer über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie, vor der Videoschalte zeigt sich die Kanzlerin wegen steigender Zahlen besorgt. Diskutiert wird nun unter anderem über ein Corona-Warnsystem in Ampelform.

Vor den nächsten Beratungen mit den Bundesländern über die Corona-Krise an diesem Dienstag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einem deutlichen Anstieg der Neuinfektionen in Deutschland gewarnt.

Wenn diese sich wöchentlich so weiterentwickeln würden wie bisher, werde es zu Weihnachten 19.200 Corona-Neuinfektionen am Tag geben, sagte Angela Merkel nach Angaben aus Teilnehmerkreisen in einer Videokonferenz des CDU-Präsidiums am heutigen Montag, einen Tag vor der Schalte mit den Bundesländern. Die Kanzlerin habe das hochrechnen lassen, wenn es einen exponentiellen Verlauf geben würde, hieß es.

Aus den Bundesländern kamen am Montag Forderungen nach Geschlossenheit mit Blick auf die Bund-Länder-Beratungen am Dienstag (14.00 Uhr). Bei der Videokonferenz zwischen Merkel und den Ministerpräsidenten soll es um geeignete Maßnahmen gegen die steigenden Infektionszahlen gehen, vor allem mit Blick auf die anstehende kalte Jahreszeit. Priorität hätten Schulen, die Kindertagesstätten und die Wirtschaft, sagte Merkel.

Man müsse lokale Infektionsherde sehr deutlich angehen, sonst habe man an Weihnachten Zahlen wie in Frankreich, so Merkel. Frankreich ist von der Pandemie schwer getroffen. Der bisherige Höchstwert der täglichen Corona-Neuinfektionen wurde im Nachbarland am vergangenen Donnerstag mit mehr als 16.000 Fällen erreicht.

Söder für einheitliche Corona-Warnampel

CSU-Chef Markus Söder (CSU) soll laut Medienberichten einen Corona-Leitfaden vorlegen. Foto: Sven Hoppe/dpa-Pool/dpa
CSU-Chef Markus Söder (CSU) soll laut Medienberichten einen Corona-Leitfaden vorlegen. Foto: Sven Hoppe/dpa-Pool/dpa

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich vor der Videoschalte mit Merkel, wie zuvor auch schon Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), für eine Art Corona-Warnampel aus. Notwendig sei ein einheitliches, verbindliches, verhältnismäßiges und verlässliches Regelwerk, das dann in ganz Deutschland gelte, sagte Söder am Montag in München.

Zuvor hatte die Süddeutsche Zeitung über sein Konzept für eine Ampel berichtet. Bei Überschreiten bestimmter Infektionszahlen würde diese auf Gelb oder Rot springen und entsprechende Maßnahmen würden in Kraft treten, wie Tests für Risikogruppen, weniger Zuschauer bei Sportveranstaltungen, weniger Teilnehmer bei privaten Veranstaltungen oder eine verschärfte Maskenpflicht etwa auf öffentlichen Plätzen.

Laschet hatte in der vergangenen Woche dem Handelsblatt gesagt, man dürfe nicht nur auf die reinen Infektionszahlen schauen, sondern brauche in ganz Deutschland „ein standardisiertes Corona-Monitoring, das die Pandemieentwicklung kommunenscharf abbildet“.

Damit hatte sich der CDU-Politiker hinter den Vorschlag seines Corona-Expertenrats gestellt, der sich ebenfalls für eine Ampel ausspricht. Ein Ampelsystem sei „natürlich ein Beitrag zur Diskussion der morgen auch geführt wird“, sagte Regierungssprecher Seibert mit Blick auf die Beratungen von Angela Merkel und der Bundesländer über die steigenden Corona-Neuinfektionen am Dienstag.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte am Montag: „Ich werde mich für ein Alarmsystem zur situationsgerechten Corona-Eindämmung einsetzen, das einen dezentralen Ansatz für Kreise und Städte verfolgt.“

Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten vom Bund gebündelt werden. In der konkreten Anwendung brauche man in den Ländern dann die notwendige Flexibilität. „Wenn in München die Infektionszahlen durch die Decke gehen, brauchen wir in Mainz, Koblenz oder Ludwigshafen keine Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen“, so Dreyer.

Merkel: „Es muss in Berlin was passieren“

Ampel-Modelle für mehr Übersicht in der Corona-Lage gibt es bereits in Österreich oder auch in Berlin. In der Hauptstadt gibt es drei Ampeln. Eine zeigt die Reproduktionszahl an, also wie viele Menschen ein Infizierter im Mittel ansteckt, eine weitere die Belegung der Intensivbetten mit Covid-19-Patienten und die dritte Ampel die sogenannte 7-Tage-Inzidenz, also die in den vergangenen sieben Tagen neu registrierten Corona-Fälle pro 100 000 Einwohner.

Merkel äußerte am Montag allerdings Zweifel, dass die Berliner Landesregierung angesichts stark steigender Zahlen in der Hauptstadt ernsthaft versuche, Maßnahmen gegen die Ausbrüche einzuleiten: „Es muss in Berlin was passieren“, wurde die Kanzlerin vor der Besprechung der Bundesländer am Dienstag angesichts der steigenden Corona-Neuinfektionen zitiert.

Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte am Montag mit Blick auf die Beratungen mit Merkel, er erwarte „ein Signal der politischen Führung in der Krise: Es ist jetzt nicht die Zeit für Partys und Treffen ohne Abstand und Maske“. Die Deutschen dürften „nicht leichtfertig werden“ und die bisher „stabile Situation verspielen“. Man müsse davon ausgehen, dass die Infektionszahlen im Herbst und im Winter wieder „deutlich ansteigen“.

Das Robert Koch-Institut meldete zu Wochenbeginn erwartungsgemäß mit 1192 Fällen eine vergleichsweise niedrige Zahl an neuen Corona-Infektionen. An Sonntagen wie auch an Montagen sind die erfassten Fallzahlen erfahrungsgemäß meist niedriger, auch weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten an das RKI melden. Zuletzt gab es wiederholt Tage mit mehr als 2000 gemeldeten Corona-Neuinfektionen – am Samstag waren es 2507, der höchste Wert seit April.

Einer am Montag veröffentlichten Umfrage zufolge ist nur etwa jeder Dritte in Deutschland (36,1 Prozent) zuversichtlich, dass die Corona-Pandemie in der kalten Jahreszeit unter Kontrolle bleibt. 41,6 Prozent sind hingegen „eher nicht“ oder „gar nicht“ zuversichtlich, wie die Befragung des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Funke-Mediengruppe ergab. Weitere 21,1 Prozent der Teilnehmer sehen den kommenden Monaten offenbar mit gemischten Gefühlen entgegen und wählten die Antwortmöglichkeit „teils/teils“.

© dpa-infocom, dpa:200928-99-734462/14

News vom 25. September 2020:

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