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Wie Babys zu Lebensrettern werden

Viele Eltern haben es nicht auf dem Schirm - aber sie können unmittelbar nach der Geburt durch eine Spende von Nabelschnurblut anderen Menschen helfen. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn
Viele Eltern haben es nicht auf dem Schirm - aber sie können unmittelbar nach der Geburt durch eine Spende von Nabelschnurblut anderen Menschen helfen. Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn

Direkt nach der Geburt Stammzellenspender werden: Das ist die Idee der Nabelschnurblutspende. Gegenüber der Spende durch Erwachsene gibt es Vorteile, aber auch Schwierigkeiten und Einschränkungen.

Mannheim/Berlin (dpa/tmn) ─ Viele Erwachsene sind als Stammzellenspender registriert. Weitaus weniger bekannt ist die Tatsache, dass schon direkt nach der Geburt Nabelschnurblut gespendet werden kann, um daraus Stammzellentransplantate zu gewinnen.

„Das Blut stammt eigentlich aus der Plazenta“, erläutert Prof. Michael Müller-Steinhardt, Leiter der Nabelschnurblutbank Mannheim. „Es ist restliches kindliches Blut, das entnommen wird, nachdem das Baby geboren und abgenabelt wurde.“ Aus dem Blut können Stammzellen isoliert werden, die später einem Patienten helfen können, der auf eine Spende wartet.

Ein Vorteil dieses Verfahrens: „Im Gegensatz zu Stammzellenspenden von Erwachsenen sind die Zellen von Neugeborenen noch nicht mit relevanten Umwelteinflüssen in Kontakt gekommen“, so der Experte. „Deshalb geht man auch von einer besseren Verträglichkeit der Präparate für die Patienten aus.“

Schnelligkeit direkt nach der Geburt ist gefragt

Gleichzeitig stellt die Nabelschnurblutspende eine besondere Herausforderung dar. „Die Schwierigkeiten bestehen darin, dass man eine ausreichend große Menge anstrebt und ferner das Zeitfenster für die Sammlung klein ist, weil die Konzentration der Zellen im Blut nach der Geburt sehr schnell absinkt“, erklärt Müller-Steinhardt. „Man kann diese Spende also nur unmittelbar nach der Geburt gewinnen.“ Es muss schnell geschehen und daher wird die Blutentnahme nur bei unkomplizierten Geburtsverläufen durchgeführt.

Wenn Eltern möchten, dass Nabelschnurblut gespendet wird, sollten sie sich vorab informieren, ob ihre Geburtsklinik das anbietet ─ denn nicht in allen Kliniken ist das möglich.

Wenige Spenden und nicht immer erfolgreich

Die Geburtsmedizin des Vivantes Klinikums Neukölln unterstützt das Verfahren, doch lediglich ein kleiner Teil der dort entbindenden Eltern entscheidet sich dafür, wie Chefarzt Dietmar Schlembach sagt. Das seien etwa 30 bis 40 Geburten jährlich. „Von diesen konnte in einem Drittel der Fälle die Spende erfolgreich entnommen werden.“

Nicht möglich ist die Spende zum Beispiel, wenn die Zeitspanne zu gering ist, um ausreichend Blut zu entnehmen. Zudem sollte die Schwangerschaft unkompliziert verlaufen und schon weit fortgeschritten sein, wenn es zur Geburt kommt. Bei Frühchen oder Kindern mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm wird in der Regel keine Nabelschnurblutspende durchgeführt. Ob das Baby „normal“ oder per Kaiserschnitt zur Welt kommt, macht indes keinen Unterschied.

Nabelschnur auspulsieren oder das Blut spenden?

Was im Falle einer Nabelschnurblutspende allerdings meistens nicht geht: Die Nabelschnur auspulsieren zu lassen, wie es heute viele Eltern wünschen. Zwar sei die Blutentnahme dann technisch meist noch möglich, aber nicht erfolgreich – weil nicht mehr genug Blut gewonnen werden könne, erläutert Schlembach.

Wird Nabelschnurblut gewonnen und für eine spätere Spende aufbereitet, landet es nicht direkt bei einem Patienten ─ was einen Nachteil dieser Methode darstellt. „Nabelschnurblutzellen werden auf Vorrat hergestellt und gelagert, das erfordert einen großen logistischen Aufwand“, sagt Müller-Steinhardt.

Von einer Spende des Nabelschnurbluts können vor allem jüngere Patienten profitieren, denn: „Bei der Transplantation ist auch die Zellmenge relevant“, erklärt Müller-Steinhardt. Ein großer Patient benötigt mehr Zellen als ein kleiner, deshalb reicht für Erwachsene die Stammzellenmenge eines einzelnen kindlichen Spenders meistens nicht aus. In der Regel seien die aus Nabelschnurblut gewonnenen Präparate für Kinder geeignet, die maximal 20 bis 30 Kilogramm wiegen, so der Transfusionsmediziner.

© dpa-infocom, dpa:201103-99-191246/4

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