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Die Pandemie flaut ab: Was der Seele nun guttut

Das erste Mal in diesem Sommer am See - ein Moment, der im Dankbarkeitstagebuch gut aufgehoben ist. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
Das erste Mal in diesem Sommer am See - ein Moment, der im Dankbarkeitstagebuch gut aufgehoben ist. Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Der Sommer naht, die Zahl der Corona-Neuinfektionen sinkt. Ein guter Zeitpunkt für die Fragen: Was haben die zwei Pandemie-Jahre mental mit uns gemacht – und wie finden zur Leichtigkeit zurück?

Rangsdorf/Nierstein (dpa/tmn) – Über zwei Jahre Pandemie sitzen uns allen in den Knochen. Bei vielen Menschen nimmt Corona nun immer weniger Raum im Leben ein. Raum, der nun zu Verfügung steht, um die Psyche wieder zu stärken. Aber wie?

Am Anfang steht eine Bestandsaufnahme. „In der Psychologie wird inzwischen von einem Trauma gesprochen, das Menschen durch die Pandemie erlebt haben.“ Das sagt Alexandra Loeffner, Resilienzcoach und Trainerin für Positive Psychologie.

Das heißt nicht, dass alle an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) erkrankt sind. Aber: Den meisten Menschen sind die Angst vor einer Infektion, die Lockdowns und Kontaktbeschränkungen schon spürbar auf die Psyche geschlagen.

Auch Joachim Schmidt, Diplom-Psychologe mit Schwerpunkt Positive Psychologie, bestätigt diesen Eindruck: „Eine ganze Reihe von Studien zeigt, dass viele Menschen in der Pandemie vermehrt unter Vereinsamung leiden, dass das Stresslevel erheblich zugenommen hat.“

Auch Zukunftsängste und Sorge um die eigene Gesundheit und die der Liebsten spielen eine große Rolle. Hinzu komme laut Schmidt ein Gefühl der Hilflosigkeit und des Kontrollverlustes.

Das „Immunsystem“ der Psyche stärken

„Die psychische Widerstandsfähigkeit – auch Resilienz genannt – ist dabei individuell sehr unterschiedlich“, sagt Joachim Schmidt.

Resilienz bezeichne die Fähigkeit einer Person, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen und Stress umzugehen. Sie ist sozusagen das Immunsystem der Psyche. Die eigene Resilienz kann man trainieren.

Wer zum Beispiel Selbstwirksamkeit übt, fühlt sich Situationen nicht mehr so stark ausgeliefert – und hat das gute Gefühl, das Leben selbst in der Hand zu haben. „Das erreicht man am besten durch gute und stabile menschliche Kontakte und eigene Bemühungen, die Probleme des Alltags als Herausforderung zu begreifen“, so Joachim Schmidt.

Balsam für die Seele kann in auch sein, anderen Menschen zu helfen – und sich dadurch mit ihnen verbunden zu fühlen. Diese Empathie stärkt laut Psychologe Schmidt ebenfalls die Selbstwirksamkeit.

Drei Notizen für das Dankbarkeitstagebuch

„Wichtig ist aus meiner Sicht, sich selbst eine Perspektive aufzubauen, sich auf etwas nach der Pandemie zu freuen“, sagt Schmidt. „Aber auch, sich dankbar zu zeigen für Dinge, die man erlebt, und Personen, die man getroffen hat.“

Dankbarkeit ist ein großes Thema, wenn es um eine positive Lebenseinstellung geht. Konkret kann man ein Dankbarkeitstagebuch führen. Wer jeden Tag drei Dinge notiert, für die er oder sie dankbar ist, nimmt mit der Zeit sich selbst und das Umfeld positiver wahr, so Joachim Schmidt. Das zeigen auch wissenschaftliche Untersuchungen.

Positive Emotionen stärken uns auch langfristig

Alexandra Loeffner hat einen weiteren Tipp parat – und der beginnt mit etwas Theorie. „Eine zentrale Theorie der Positiven Psychologie ist die Broaden-and-Build-Theorie“, sagt sie. Das heißt: Erleben wir positive Emotionen, setzt das kurzfristig Ressourcen frei, die wiederum dabei helfen, langfristige Ressourcen aufzubauen.

Das klingt abstrakt, lässt sich aber gut an einem Beispiel von Alexandra Loeffner zeigen: Wenn man einen Streit mit dem Partner hat, ist es schwer, zu einer Lösung zu kommen. Schließlich steckt man tief in den negativen Emotionen.

Erlebt man dann jedoch etwas Schönes – beispielsweise einen Spaziergang in der Natur – kommt man auf neue Ideen. Man betrachtet den Konflikt aus einer neuen Perspektive, kann ihn im Anschluss lösen. „Das ist möglich, weil ich in dieser Situation positive Emotionen erlebe, die meine Wahrnehmung erweitern“, sagt Loeffner.

Ab in die Aufwärtsspirale!

Übrigens: Kleine Erfolgserlebnisse können am Ende das ganze Leben verändern, weil sie Leichtigkeit und Tatkraft mit sich ziehen. „Vielleicht entwickle ich ein neues Produkt oder schreibe ein tolles Buch, was viel leichter geht, wenn es mir gutgeht“, so Loeffner. So werde eine Aufwärtsspirale in Bewegung gesetzt.

Wichtig ist aber, sich nicht zu Optimismus zu verpflichten. Wenn man immer versucht, alles positiv zu sehen, kann das Druck aufbauen.

Es gibt auch kein Wundermittel, das von heute auf morgen zu einer positiven Einstellung führt. „Die Veränderung von eigenen Denkmustern ist immer ein Prozess“, sagt Alexandra Loeffner. Aber: Wer jeden Tag kleine Rituale in den Alltag einbaut, kann seine Denkmuster positiv beeinflussen.

Auch Sport gibt ein gutes Gefühl

Schritt für Schritt – das ist das Motto. Joachim Schmidt empfiehlt: „Nehmen Sie sich jeden Tag eine Sache vor, die nur für Sie selbst ist und Ihnen guttut“, sagt er. „Versuchen Sie, diese Sache bewusst zu erleben und sich nur auf diese Sache zu konzentrieren.“

Auch Bewegung tut der Seele gut: „Durch sportliche Betätigung werden nicht nur Glückshormone freigesetzt, sondern Sie erfahren auch mehr Selbstkontrolle und fühlen sich stärker und selbstbewusster“, sagt Schmidt.

Auf Dauer können all diese Trainingseinheiten für die Resilienz zu Mut, Tatkraft und Lebensfreude führen – weitgehend unabhängig von der Pandemie und allem, was um uns herum passiert.

© dpa-infocom, dpa:220516-99-308201/3

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