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Ist Knochenbrühe wirklich so gesund?

Knochenstücke vom Rind werden über viele Stunden knapp unter dem Siedepunkt ausgekocht. Wer mag, gibt frisches Gemüse dazu. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
Knochenstücke vom Rind werden über viele Stunden knapp unter dem Siedepunkt ausgekocht. Wer mag, gibt frisches Gemüse dazu. Foto: Christin Klose/dpa-tmn

In New York gibt es eigene „Broth Bars“, und auch hierzulande spielt Knochenbrühe kulinarisch wieder vorne mit. Ist das nur ein Hype oder ist etwas dran an ihrem Ruf als Superfood? Eine Spurensuche.

Berlin/München (dpa/tmn) – Goldgelbe Flüssigkeit mit kräftigem Fleischgeschmack: Knochenbrühe ist ein uraltes Stärkungsmittel, das schon bei unseren Omas auf dem Herd köchelte. Als Heilmittel wird sie bei Erkältungen getrunken und im Wochenbett zur Kräftigung empfohlen.

In den letzten Jahren scheint die Knochenbrühe ein Revival zu erleben. Zahlreiche Bioläden verkaufen sie in schicken Gläsern und mit ansprechendem Logo. Statt von schnöder Brühe ist jetzt von „Bone Broth“ die Rede, deren Inhaltsstoffe den Körper auf Vordermann bringen sollen. Doch was hat es damit auf sich?

Knochenbrühe steckt voller Kollagen

Für Knochenbrühe werden Knochen, Rippenstücke und andere Bestandteile meist von Hühnern oder Rindern für viele Stunden knapp unter dem Siedepunkt, also nicht in sprudelndem Wasser, ausgekocht.

Hochgelobt wird vor allem ein Inhaltsstoff in der Knochenbrühe, der sich auch im menschlichen Körper wiederfindet: Kollagen. Dabei handelt es sich um verschiedene Proteine. Kollagen stecke zum Beispiel in Knochen, Gelenken und Knorpeln, aber auch in der Darmschleimhaut, sagt Jin-Woo Bae. Gemeinsam mit seinem Partner hat er das Berliner Unternehmen „Brox“ gegründet, das sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Knochenbrühe spezialisiert hat.

Bae zufolge profitieren vor allem Menschen von Knochenbrühe, die Verdauungsprobleme oder ein angeschlagenes Immunsystem haben. „Ich empfehle, jeden Tag eine Tasse zu trinken.“ Das Kollagen soll helfen, Gewebe wieder aufzubauen sowie Haare, Nägel und Zähne zu stärken.

Markknochen und Ochsenschwanz auskochen

Wer Knochenbrühe nicht kaufen möchte – ein 350 Milliliter fassendes Glas kostet zwischen 5 und 7 Euro – kann sie auch zu Hause machen. Für die Knochen fragt man am besten den Fleischer seines Vertrauens. „Am besten sind Beinknochen, Rippenstücke, Markknochen und Ochsenschwanz“, erklärt Phoebe Lapine. Die Food-Bloggerin lebt in New York und hat ein Buch über Darmgesundheit und Ernährung geschrieben.

Die Knochen kommen in kaltes Wasser, werden langsam erhitzt und für einige Stunden geköchelt. Diese lange Dauer sorgt dafür, dass alle wertvollen Inhaltsstoffe aus den Knochen herausgelöst werden. Jin-Woo Bae rät, Gemüse und Kräuter erst in den letzten drei Stunden zur Brühe zu geben – nicht früher, sonst schmeckt sie womöglich bitter.

Phoebe Lapine betreibt beim Kochen ihrer Knochenbrühe ein bisschen Küchenrecycling: „Ich werfe Karottenschalen, Stiele von Kräutern oder Fenchelgrün mit in den Topf. Im Tiefkühler habe ich eine Tüte lagern, in der ich solche Dinge sammle, bis ich das nächste Mal Brühe koche.“ Auch aus der Nachhaltigkeitsperspektive kann Knochenbrühe also punkten, zumal hier auch die Tierknochen verwertet werden.

Keine Studien zu gesundheitlicher Wirkung

Doch was ist mit dem oft propagierten gesundheitlichen Nutzen von Knochenbrühe und den enthaltenen Nährstoffen? Ernährungsmediziner wie Professor Johannes Georg Wechsler sind skeptisch: „Es gibt keine Studien, dass Knochenbrühe irgendeine pharmakologische Wirkung hat“, sagt der Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner.

Er sieht in abgefüllter Knochenbrühe vor allem ein cleveres Geschäftsmodell. Aber was ist mit dem Kollagen, das in der Brühe enthalten ist? „Das wird im Magen zersetzt, die Strukturen werden zerlegt.“ Der Körper könne es also gar nicht aufnehmen, zumindest fehlten die Belege dafür, erläutert der Experte.

Wem die Brühe schmeckt und wer sie subjektiv als heilsam empfindet, dem will sie Wechsler aber nicht ausreden: Schaden tut sie nicht. Das enthaltene Salz kann zum Beispiel den Mineralhaushalt ausgleichen.

© dpa-infocom, dpa:210615-99-02399/5

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