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Deutschland holt im Klimaschutz leicht auf: Ringen auf der COP26

Konferenzteilnehmer gehen bei der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow an einem Schriftzug der Künstlerin Cornelia Parker vorbei. Zu lesen ist «hurry up please it‘s time» (beeilt euch, es ist Zeit). Foto: Christoph Soeder/dpa
Konferenzteilnehmer gehen bei der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow an einem Schriftzug der Künstlerin Cornelia Parker vorbei. Zu lesen ist «hurry up please it‘s time» (beeilt euch, es ist Zeit). Foto: Christoph Soeder/dpa

Der Planet steuert auf eine Erwärmung mit fatalen Folgen zu, weltweit ist noch kein Land auf einem vorbildlichen Pfad. Deutschland hat sich immerhin leicht verbessert.

Im weltweiten Rennen um den besten Klimaschutz hat sich Deutschland leicht verbessert. Die Bundesrepublik belegt Rang 13 im neuen Klimaschutz-Index, nach Platz 19 im Vorjahr.

Bewertet wurden 60 Staaten und die EU. Zusammen sind sie für 92 Prozent der ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich, wie Germanwatch und das NewClimate Institute am Dienstag auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow berichteten.

Weniger erfreulich: Kurz vor dem geplanten Ende des Mammutgipfels am Freitag haben die Verhandlungsteams aus rund 200 Staaten noch viel Arbeit vor sich, wie der Vorsitzende Alok Sharma einräumte. Und Forscher veröffentlichten eine ernüchternde Prognose, wonach der Planet auf eine Erwärmung von 2,4 Grad zusteuert.

Die Spitzengruppe im Klimaschutz-Index bilden Dänemark, Schweden und Norwegen – vor allem dank großer Fortschritte beim Ausbau erneuerbarer Energien. Eingestuft wurden sie aber nur auf den Rängen vier bis sechs.

Die Plätze eins bis drei blieben wie in den Vorjahren symbolisch frei. Die Begründung der Autoren: Weltweit sei noch kein Land tatsächlich auf einem 1,5-Grad-Pfad. Gemeint ist das 2015 in Paris vereinbarte Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Maßnahmen reichen längst nicht

Zur Klimapolitik Deutschlands sagte Mitautor Jan Burck von Germanwatch, mit den bisher beschlossenen Maßnahmen würden die gesetzlich vorgeschriebenen Ziele für 2030 „krachend verfehlt“.

Es sei die „Feuerprobe“ für die neue Bundesregierung, ob sie mit einem Sofortprogramm die Weichen umstellt. Dazu gehört laut Germanwatch der Kohleausstieg bis 2030, ein „Turbo“ für den Ausbau erneuerbarer Energien und dringend weniger Emissionen auch im Verkehr.

Am Ende der Tabelle finden sich den Verbänden zufolge „die größten Bremser“: Australien mit der schlechtestmöglichen Wertung 0,0 – noch hinter Brasilien und Algerien. Aber auch fünf EU-Staaten befinden sich bei der Klimapolitik in der untersten Kategorie „sehr schlecht“: Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und Tschechien.

China, das mit Abstand die meisten Treibhausgase ausstößt, rutscht vier Plätze auf Rang 37 ab, in der Gesamtwertung wird das Riesenreich als „schwach“ eingestuft. Die selbstgesteckten Ziele Pekings für 2030 seien weit entfernt von einem Paris-kompatiblen Pfad. Sehr gut hingegen sei der Trend bei den erneuerbaren Energien, hier liege das Land mit Rang 23 etwa noch vor Deutschland.

Beim zweitgrößten Emittenten, den USA, macht sich den Autoren zufolge das erste Jahr unter US-Präsident Joe Biden positiv bemerkbar. Im Vorjahr noch Schlusslicht, klettert Amerika um sechs Plätze auf Rang 55, bleibt aber in der Kategorie „sehr schwach“.

Erderwärmung klettert auf 2,4 Grad

Neue Prognosen des Climate Action Tracker bestätigten, dass noch viel nachgebessert werden muss beim Klimaschutz. Selbst wenn die Zusagen aller Staaten für das Jahr 2030 umgesetzt werden, klettert die Erderwärmung den Forschern zufolge bis zum Ende des Jahrhunderts immer noch auf etwa 2,4 Grad.

Und wenn man nur betrachtet, was die Staaten jetzt tun, und weitere Ankündigungen ausblendet, steigt die Erderwärmung demnach sogar auf 2,7 Grad. Die CAT-Forscher stellten fest, dass zur Halbzeit der Klimakonferenz eine „Glaubwürdigkeitslücke“ klaffe zwischen dem, was gesagt, und dem, was getan werde.

Auch ein „optimistisches Szenario“ von lediglich 1,8 Grad Erwärmung sei denkbar – aber nur, wenn all diejenigen Staaten ihre Langfristzusagen einhielten, die bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden wollen. Dazu fehlten aber den meisten Ländern belastbare, konkrete Konzepte, hieß es.

Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan nannte die Prognose erschreckend. „Es ist ein niederschmetternder Bericht, der in jeder gesunden Welt Regierungen dazu veranlassen würde, sofort ihre Differenzen beizulegen und mit kompromisslosem Einsatz einen Deal zur Rettung unserer Zukunft auszuarbeiten.“

Stattdessen sehe man auf der COP26 „Subversion, Sabotage und Selbstsucht“ der Mächtigen, während verletzliche Staaten um ihr Leben kämpften und junge Aktivisten nach Gerechtigkeit riefen.

© dpa-infocom, dpa:211109-99-929974/2

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