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Trump weicht Blockadehaltung auf

Zum Kern von Donald Trumps wochenlangem Kampf um den Machterhalt gehörte, die geordnete Übergabe der Amtsgeschäfte an Wahlsieger Joe Biden zu blockieren. Nun lenkt er widerwillig ein. Von einer Niederlage bei der Wahl will er aber weiter nichts wissen.

Washington (dpa) – Nach einer wochenlangen Hängepartie kann in den USA der Übergang zwischen der Regierung von Amtsinhaber Donald Trump und dem gewählten US-Präsidenten Joe Biden beginnen.

Er habe die Behörden und seine Mitarbeiter angewiesen, mit Biden zu kooperieren, teilte Trump am Montagabend (Ortszeit) auf Twitter mit. Kurz zuvor hatte die zuständige Behörde GSA Biden als offenkundigen Wahlsieger eingestuft und erklärt, diese Entscheidung unabhängig getroffen zu haben.

Die GSA (General Service Administration) machte so den Weg dafür frei, dass das Team des Demokraten Biden schon vor der geplanten Amtseinführung am 20. Januar Zugang zu Ministerien, Behörden und vertraulichen Informationen der Regierung sowie Millionen Dollar für Gehälter und andere Ausgaben erhält. GSA-Chefin Emily Murphy übermittelte das entscheidende Schreiben an Biden, nachdem der wichtige Bundesstaat Michigan am Montag den dortigen Sieg des Demokraten bestätigt hatte.

„Die heutige Entscheidung ist ein notwendiger Schritt, um mit der Bewältigung der Herausforderungen zu beginnen, denen unser Land gegenübersteht“, erklärte Bidens Übergangsteam. Dazu zähle vor allem auch, die Corona-Pandemie unter Kontrolle zu bekommen. Diese breitet sich in den USA weiter rasant aus. Am Montag meldeten die Behörden binnen eines Tages 169.190 nachgewiesene Neuinfektionen, wie aus Daten der Universität Johns Hopkins (JHU) vom Dienstagmorgen (MEZ) hervorging. Bisher sind in den USA im Zusammenhang mit dem Coronavirus mehr als eine Viertelmillion Menschen gestorben – gemessen an den absoluten Zahlen sind das mehr als in jedem anderen Land der Welt.

Trump weigert sich jedoch weiterhin, seine Niederlage bei der Wahl am 3. November einzuräumen. Er behauptet, der Sieg sei ihm durch massiven Wahlbetrug gestohlen worden. Mehr als 30 Klagen seiner Anwälte wurden von Gerichten schon abgewiesen. Trump machte deutlich, dass er weiterkämpfen wolle, und gab sich abermals siegessicher. Er habe der GSA und seinem Team dennoch „im besten Interesse des Landes“ empfohlen, dass sie „tun, was getan werden muss“.

Es habe sich um „die korrupteste Wahl in der politischen Geschichte Amerikas“ gehandelt, wiederholte er in der Nacht zum Dienstag auf Twitter. Der Kurznachrichtendienst versah die Nachricht mit einem Warnhinweis, weil es sich um eine umstrittene Behauptung handele.

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warf dem amtierenden Präsidenten in diesem Zusammenhang „politische Brunnenvergiftung“ vor. Trump habe zwar begriffen, dass er die Präsidentenwahl verloren habe, sagte Ischinger am Dienstag im RBB-Inforadio. Trump werde aber weiter den Mythos stricken, dass er zu Unrecht verloren habe. Seinem Nachfolger Biden bürde er damit die Hypothek auf, bei der Hälfte der amerikanischen Bevölkerung ständig gegen den Mythos ankämpfen zu müssen, er sei zu Unrecht im Amt.

Biden hatte vor dem offiziellen Startschuss für den Übergangsprozess bekanntgegeben, mit wem er Schlüsselpositionen in seiner künftigen Regierung besetzen will. Als Außenminister nominierte er seinen langjährigen Berater Antony Blinken. Das Heimatschutzministerium soll der Exil-Kubaner Alejandro Mayorkas führen. Der frühere Außenminister John Kerry soll Sonderbeauftragter für Klimafragen im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses werden. Übereinstimmenden Medienberichten will Biden zudem Ex-Notenbankchefin Janet Yellen an die Spitze des Finanzministeriums setzen – als erste Frau überhaupt.

Bidens Team verknüpfte die Personalien mit einem Bekenntnis zur multilateralen Zusammenarbeit in Krisenzeiten. „Historische Herausforderungen erfordern historische, neue Ansätze“, erklärte Kerry in einem Video. Die neue US-Regierung werde die Welt zusammenbringen, um den Herausforderungen zu begegnen, die keine Nation alleine bewältigen könne.

In der Übergangszeit ist für Biden jeder Tag kostbar: Die Machtfülle des US-Präsidenten ist beispiellos, er muss vom ersten Tag an voll einsatzbereit sein, gerade in Fragen der nationalen Sicherheit. Als Oberbefehlshaber der Streitkräfte hat er die Verantwortung für gut 1,3 Millionen Soldaten und verfügt über die Codes, um im Notfall den Einsatz von Atomwaffen zu genehmigen. Der Präsident ist mit seiner Regierung für einen Haushalt in Höhe von fast fünf Billionen US-Dollar (4,2 Billionen Euro) verantwortlich.

Der Präsident muss in der Übergangszeit nicht nur sein Kabinett zusammenstellen, sondern auch Tausende Posten im Weißen Haus, in Ministerien und in Behörden schnell neu besetzen. Rund 1200 Personalien müssen dabei vom Senat abgesegnet werden.

Die geordnete Übergabe der Amtsgeschäfte („transition“) nach einer Präsidentenwahl ist seit fast 60 Jahren im Gesetz verankert. Damit wollte der Kongress sicherstellen, dass sich Amerikaner immer darauf verlassen können, eine funktionierende Regierung zu haben. Der US-Präsident wird nur indirekt vom Volk gewählt. Die Stimmen der Wähler entscheiden über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums, das den Präsidenten im Dezember wählt. Für einen ist die Mehrheit der 538 Wahlleute nötig – Biden brachte bislang 306 Wahlleute hinter sich.

© dpa-infocom, dpa:201124-99-439547/5

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