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Sohn: Rushdies Humor trotz schwerer Verletzungen intakt

Salman Rushdie bei einer Veranstaltung in London. Der Schriftsteller soll sich nach der Messerattacke auf dem Weg der Besserung befinden. Foto: Grant Pollard/Invision/AP/dpa
Salman Rushdie bei einer Veranstaltung in London. Der Schriftsteller soll sich nach der Messerattacke auf dem Weg der Besserung befinden. Foto: Grant Pollard/Invision/AP/dpa

Salman Rushdie ist nach einer Messerattacke auf dem Wege der Besserung. Das Motiv seines mutmaßlichen Angreifers ist weiter unklar. Kritik richtet sich auch gegen die Führung eines Landes.

Chautauqua (dpa) – Autor Salman Rushdie geht es laut Angaben aus seinem Umfeld besser. „Trotz seiner schwerwiegenden und lebensverändernden Verletzungen bleibt sein üblicher kämpferischer und aufsässiger Sinn für Humor intakt“, schrieb sein Sohn Zafar Rushdie in einer Erklärung auf Twitter.

Der 75-Jährige sei nicht mehr an ein Beatmungsgerät und eine zusätzliche Sauerstoffversorgung angeschlossen. Zudem habe er einige Worte sprechen können. Neben dem mutmaßlichen Täter steht zunehmend auch die iranische Führung in der internationalen Kritik.

Auf Bühne attackiert

Rushdie war am Freitag bei einer Veranstaltung in Chautauqua im Westen des US-Bundesstaats New York von einem Mann angegriffen worden und wird seitdem in einem Krankenhaus im angrenzenden Pennsylvania behandelt. Der britisch-indische Schriftsteller wird seit Jahrzehnten von religiösen Fanatikern verfolgt, zu dem Angriff hat die Polizei aber noch kein Tatmotiv bestätigt.

Das Internet-Portal Vice News berichtete unter Berufung auf Geheimdienstquellen aus Europa und dem Nahen Osten, der Tatverdächtige Hadi Matar habe in sozialen Medien Kontakt zu den iranischen Revolutionsgarden gehabt. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass der Iran an der Organisation oder Durchführung des Angriffs beteiligt gewesen sei.

Iran in der Kritik

US-Außenminister Antony Blinken kritisierte unterdessen den Iran. „Speziell staatliche iranische Einrichtungen haben über Generationen zu Gewalt gegen Rushdie aufgerufen, und staatliche Medien haben sich jüngst an dem Angriff auf sein Leben ergötzt“, hieß es in einer Mitteilung. Dies sei „verachtenswürdig“. Die USA und ihre Partner stellten sich solchen Bedrohungen entgegen.

Zuvor hatte der britische Premier-Kandidat Rishi Sunak Sanktionen gegen den Iran gefordert. Sunak sagte dem „Telegraph“, der Angriff müsse ein „Weckruf für den Westen“ sein und spreche dafür, die iranische Revolutionsgarde als Terrororganisation einzustufen. Man müsse sich außerdem fragen, ob eine potenzielle Einigung mit dem Iran im Atomstreit „in einer Sackgasse angekommen“ sei.

Wegen Rushdies Werk „Die satanischen Verse“ aus dem Jahr 1988 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini dazu aufgefordert, den Autor zu töten. Er warf ihm vor, den Islam, den Propheten und den Koran beleidigt zu haben. In dem Buch kommt unter anderem eine Figur vor, die dem Propheten Mohammed ähnelt. Die Kritik lautet, dass Rushdie den göttlichen Ursprung des Koran infrage stellte. Auf das Todesurteil folgten damals eine dramatische Flucht Rushdies und jahrelanges Verstecken. Seit mehr als 20 Jahren lebt er in New York.

Iran weist Verstrickung in die Tat zurück

Nach dem Messerangriff auf Salman Rushdie hat der Iran jegliche Verstrickung in die Tat zurückgewiesen. „Es gibt keine Verbindung zwischen dem Iran und dem Täter“, sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani, wie die iranische Nachrichtenagentur Isna berichtete. Rushdie habe mit seinem Werk nicht nur den Iran, sondern Muslime weltweit beleidigt, sagte Kanaani „Rushdie selbst ist für den Anschlag verantwortlich.“

Täter schweigt, plädiert auf „nicht schuldig“

Vor Gericht schwieg der mutmaßliche Täter Matar am Samstag und ließ sich von seinem Pflichtverteidiger für „nicht schuldig“ erklären, wie die „New York Times“ und andere US-Medien berichteten. Ihm wurden laut Mitteilung der Polizei versuchter Mord zweiten Grades sowie Angriff mit einer tödlichen Waffe und der Absicht, eine Körperverletzung zu verursachen, vorgeworfen. Mord zweiten Grades ist ein eigenständiger Tatbestand im US-Rechtssystem zum Tod eines Menschen. Dafür können Angeklagte im Bundesstaat New York mit jahrelangen Haftstrafen belegt werden.

Der Publizist Günter Wallraff verurteilte das Attentat auf Rushdie erneut. Es sei „widerlich“, dass die iranischen Staatsmedien den mutmaßlichen Attentäter frenetisch feierten, sagte Wallraff dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Wallraff (79) hatte Rushdie 1993 in seinem Haus in Köln-Ehrenfeld versteckt.

Am Wochenende hatten bereits Prominente und Politiker aus aller Welt den Angriff mit deutlichen Worten kritisiert und Rushdie eine schnelle Genesung gewünscht. US-Präsident Joe Biden hatte gelobt, Rushdie habe sich nicht einschüchtern lassen und stehe für „wesentliche, universelle Werte“ wie Wahrheit, Mut und Widerstandsfähigkeit.

Tweet Scholz Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte mitgeteilt: „Wer diesen Mordanschlag nun auch noch rechtfertigt, verbreitet nichts anderes als Hass und Extremismus. Wer an ein friedliches Zusammenleben glaubt, muss sich dem klar und konsequent entgegenstellen.“ Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bei Twitter geschrieben: „Was für eine abscheuliche Tat!“.

© dpa-infocom, dpa:220815-99-388490/3


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