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Frankreich zu Krise mit USA: Ende der Krise braucht Zeit

Jean-Yves Le Drian (l), Außenminister von Frankreich, und Anthony Blinken, Außenminister der USA. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Jean-Yves Le Drian (l), Außenminister von Frankreich, und Anthony Blinken, Außenminister der USA. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Der geplatzte U-Boot-Deal belastet die internationalen Beziehungen. Der betroffene Konzern macht klar: an unseren Fertigkeiten lag es nicht. Frankreich will von den USA nun konkrete Schritte sehen.

Nach dem heftigen U-Boot-Streit mit den USA, Australien und Großbritannien hat Frankreich weitere Erwartungen formuliert und seine Industrie sich verteidigt.

Der Chef des französischen Marine-Konzerns Naval Group, Pierre Éric Pommellet, führte das Scheitern des 56 Milliarden Euro schweren U-Boot-Geschäfts mit Australien auf politische und nicht sachliche Entscheidungen zurück.

Frankreich sei ebenso gut wie die USA und Großbritannien in der Lage, nuklear angetriebene U-Boote zu liefern, sagte er der Zeitung Le Figaro. Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian forderte bei einem Treffen mit seinem US-Kollegen Antony Blinken indes konkrete Schritte von den USA, um neues Vertrauen aufzubauen. Ein Ende der Krise zwischen den beiden Ländern werde Zeit brauchen.

Die USA hatten vergangene Woche ohne Absprache mit den Verbündeten einen Sicherheitspakt mit Australien und Großbritannien im Indopazifik ins Leben gerufen und damit eine tiefe diplomatische Krise mit Frankreich ausgelöst.

Der Pakt ließ den U-Boot-Vertrag Australiens mit Frankreichs platzen, was in Paris zu wütenden Reaktionen führte. Le Drian hatte sich mit ungewöhnlich scharfen Worten über das Vorgehen beschwert. Frankreichs Botschafter in den USA und Australien wurden zu Konsultationen zurückgerufen.

Im Rahmen der Allianz entschied Australien sich für die Beschaffung atombetriebener U-Boote mit Hilfe aus den USA und Großbritannien. Im Geschäft mit Frankreich war es um dieselbetriebene U-Boote gegangen. Der Naval-Chef sagte, man verfüge aber als einziges Unternehmen der Welt über das Know-how, um sowohl konventionelle als auch Atom-U-Boote herzustellen.

In den kommenden Wochen will das Unternehmen nun die verbleibenden Kosten zusammenstellen, die Australien an Naval zu zahlen hat. Wie es aus dem Verteidigungsministerium in Paris geheißen hatte, sind im Zuge des Auftrags bereits rund 900 Millionen Euro geflossen. Insgesamt hatte das über mehrere Jahrzehnte laufende Projekt ein Volumen von 56 Milliarden Euro, die aber nur teilweise an Naval gegangen wären.

Pommellet sagte der Zeitung Le Figaro, das Unternehmen habe keinerlei Vorwarnung erhalten, dass Australien sich zugunsten nuklear angetriebener U-Boote mit amerikanischer und britischer Unterstützung umentscheidet.

Im Gegenteil, am Tag der Bekanntgabe der neuen Sicherheitsallianz habe es zunächst aus Australien noch grünes Licht für einen Etappenbericht und die nächste Stufe des U-Boot-Projekts gegeben. Später am Tag habe das australische Verteidigungsministerium dann das Aus für das Projekt verkündet.

Der Verlust des Auftrags sei ein Schlag, bedeute aber nicht den Untergang von Naval, sagte Pommellet. Es gehe um zehn Prozent des laufenden Auftragsvolumens, das im Übrigen aus Bestellungen der französischen Marine sowie Aufträgen aus Indien, Brasilien, Ägypten, Belgien und den Niederlanden bestehe.

Am Mittwoch hatte es in dem Streit ein Telefonat auf Spitzenebene gegeben. Darin vereinbarten US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron ein persönliches Treffen im Oktober. Der zurückgeholte französische Botschafter soll außerdem wieder nach Washington. Das Telefonat der beiden Präsidenten wertete Le Drian als ersten Schritt zur Versöhnung.

© dpa-infocom, dpa:210923-99-333800/9


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