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Rassistische Nachricht an Dennis Aogo: Jens Lehmann im Abseits

Sorgte mit einer WhatsApp-Nachricht für Aufsehen: Ex-Nationalkeeper Jens Lehmann. Foto: Martin Meissner/AP-Pool/dpa
Sorgte mit einer WhatsApp-Nachricht für Aufsehen: Ex-Nationalkeeper Jens Lehmann. Foto: Martin Meissner/AP-Pool/dpa

Jens Lehmann ist raus – nicht nur bei Hertha BSC. Der Grund: Eine Nachricht an Dennis Aogo, in der er diesen als „quotenschwarzer“ bezeichnet. Die Verantwortlichen handeln schnell. Auch Trainer Pal Dardai kommt das im Kampf gegen den Abstieg sehr gelegen.

Jens Lehmann hat mit einer rassistischen Nachricht an den ehemaligen Fußball-Profi Dennis Aogo für große Empörung gesorgt und sich selbst ins Abseits manövriert.

Der ehemalige Nationaltorwart verlor seinen Posten als Aufsichtsrat beim Berliner Bundesligisten Hertha BSC, Investor Lars Windhorst kappte umgehend die Verbindungen. Dennis Aogo bezeichnete die Formulierung von Jens Lehmann als „respektlos“, akzeptierte aber dessen Entschuldigung.

Zuvor gaben allerdings sowohl Sky als auch Sport1 bekannt, dass Lehmann bei diesen beiden Sendern – wie früher öfter – nicht mehr eingeladen werde. Am Abend reagierte auch die Laureus World Sports Academy und suspendierte den Ex-Keeper „auf unbestimmte Zeit von seiner Rolle als Laureus-Botschafter“. Laureus „widersetzt sich allen Formen von Rassismus“, hieß es weiter.

Jens Lehmann hatte in einer Nachricht per WhatsApp an den ebenfalls ehemaligen Nationalspieler Aogo geschrieben: „Ist Dennis eigentlich euer quotenschwarzer?“ Versehen war der Satz mit einem Lach-Smiley vor dem Fragezeichen.

Dennis Aogo, der für den Sender Sky am Dienstagabend als Experte beim Halbfinal-Rückspiel der Champions League von Manchester City gegen Paris Saint-Germain im Einsatz gewesen war, hatte einen Screenshot der Nachricht bei Instagram Story veröffentlicht. Dazu veröffentlichte der 34-Jährige den Kommentar: „WOW dein Ernst? @jenslehmannofficial Die Nachricht war wohl nicht an mich gedacht!!!“

Er habe am Mittwoch zwei Mal mit Jens Lehmann telefoniert, sagte Dennis Aogo am Abend in einer Mitteilung in den sozialen Netzwerken: „Ich nehme seine Entschuldigung an. Ich fand nicht gut, was er geschrieben hat. Ich fand auch die Formulierung nicht gut, ich finde das auch ein Stück weit respektlos, weil man so etwas nicht schreibt, egal, an wen die Nachricht adressiert war.“

Zugleich betonte Dennis Aogo aber auch, dass jeder Mensch Fehler mache und eine zweite Chance verdient habe. Für ihn sei das Thema erledigt – für Jens Lehmann allerdings nicht, zahlreiche bisherige Partner kappten umgehend die Verbindung.

Nicht lange, nachdem Jens Lehmann per Twitter veröffentlichte, sich bei Aogo entschuldigt zu haben, beendeten die Verantwortlichen bei Hertha BSC bereits die Zusammenarbeit mit dem 51-Jährigen, um weiteren Schaden für den Bundesligisten mitten im entscheidenden Kampf gegen den Abstieg abzuwenden.

„Die neue Führung von Hertha ist sehr konsequent, und das ist sehr positiv“, lobte Trainer Pal Dardai bei einer Pressekonferenz zum Nachholspiel am Donnerstag (18.30 Uhr/DAZN) im Berliner Olympiastadion gegen den SC Freiburg. Er habe aber auch nicht gespürt, dass Jens Lehmann eng bei der Mannschaft gewesen sei, betonte der Ungar.

Jens Lehmann war im Mai vergangenen Jahres als Vertreter von Lars Windhorst in den Aufsichtsrat als Nachfolger des ehemaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann eingezogen. Mit Aussagen zur Zielsetzung des Clubs vor dieser Saison und auch zum Corona-Virus hatte Lehmann bereits für Irritationen gesorgt.

„Mir ist es unverständlich, dass ein überragender Torwart wie Jens Lehmann von „Quotenschwarzen‘ spricht“, schrieb DFB-Botschafter und Ex-Profi Jimmy Hartwig bei Facebook: „Nicht nur die Sprache ist das Erschreckende, sondern auch das Denken, das dahinter steckt. Der DFB und die Vereine leisten viel gegen Rassismus. Aber es ist leider immer noch ein weiter Weg in die Köpfe einiger Menschen.“

In einer privaten Nachricht „von meinem Handy“ an Dennis Aogo sei ein Eindruck entstanden, „für den ich mich im Gespräch mit Dennis entschuldigt habe“, schrieb Jens Lehmann am Mittwochvormittag bei Twitter. Als ehemaliger Nationalspieler sei Aogo „sehr fachkundig und hat eine tolle Präsenz und bringt bei Sky Quote“.

Für diesen Beitrag erntete Jens Lehmann bei Twitter weitere scharfe Kritik. „Du warst schon damals ein Vollidiot“, twitterte sogar sein ehemaliger BVB-Mitspieler Karsten Baumann.

Erst Anfang April hatten sich die Bosse des Berliner Bundesligisten nach umstrittenen Aussagen zum Handeln gezwungen gesehen. Damals trennte sich die Hertha von ihrem ungarischen Torwarttrainer Zsolt Petry.

Zu Lehmanns Entgleisung bezogen die Verantwortlichen auch klar Stellung. „Solche Einlassungen entsprechen in keiner Weise den Werten, für die Hertha BSC steht und sich aktiv einsetzt. Hertha BSC distanziert sich von jeglicher Form von Rassismus“, sagte Präsident Werner Gegenbauer.

„Jens Lehmann ist nicht mehr Berater“, bestätigte Windhorst-Sprecher Andreas Fritzenkötter. Damit einher ging auch die letztlich überschaubare Lehmann-Ära im Aufsichtsrat der Profiabteilung Hertha BSC GmbH & Co. KGaA zu Ende.

Sportchef Charly Classen von Sky zeigte sich ebenfalls „sehr enttäuscht“ über Lehmanns Verhalten. Der Sender plane, ihn nicht mehr als Gast einzuladen. „Wir bei Sky verurteilen jegliche Form von Rassismus und geben Rassismus keinen Raum und keine Plattform,“ betonte Classen bei Twitter. Auch Sport1 hatte sich zuvor entschieden, Lehmann nicht mehr in den „Doppelpass“ einzuladen.

Dennis Aogo war für eine Reaktion auf das Ende des Lehmann-Engagements bei der Hertha zunächst nicht zu erreichen. Der Bild hatte Lehmann zuvor gesagt: „Ich habe bereits mit Dennis telefoniert und ihn um Verzeihung gebeten, wenn meine Äußerung despektierlich rübergekommen ist. Sie war überhaupt nicht so gemeint, sondern positiv. Da er als Sky-Experte fachkundig ist und in seinem Auftreten sehr stark. Und deshalb auch die Quote erhöht. Das wollte ich damit sagen, aber war von mir unglücklich ausgedrückt.“ An wen die Nachricht, die offensichtlich nicht an Dennis Aogo gehen sollte, eigentlich gerichtet war, erklärte Jens Lehmann nicht.

© dpa-infocom, dpa:210505-99-474421/11



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