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EM-Nominierung: Joachim Löw und die Überraschungen

Marco Reus (r) verzichtet nach Rücksprache mit Joachim Löw auf die EM. Foto: Federico Gambarini/dpa
Marco Reus (r) verzichtet nach Rücksprache mit Joachim Löw auf die EM. Foto: Federico Gambarini/dpa

Bei Joachim Löw gehören Kader-Überraschungen einfach dazu. Los geht’s 2006 an der Seite von Klinsmann: Da glaubt Kuranyi an einen üblen Scherz. Beim letzten Mal trifft es im Trainingscamp einen Promi.

Womit wird Joachim Löw bei der Nominierung seines letzten Turnierkaders Fans und Experten verblüffen? Um 12.30 Uhr lüftet der Bundestrainer das Geheimnis um den Kader für die Fußball-EM.

Der 61-jährige Löw hat bei seinen Nominierungen seit seiner Beförderung zum Chefcoach der deutschen Nationalmannschaft 2006 regelmäßig für Staunen gesorgt.

Das war schon bei der Heim-WM vor zwölf Jahren so, als Löw noch Assistent von Jürgen Klinsmann war. Das Duo überraschte mit dem rasenden Flügelstürmer David Odonkor Experten, Fans und sogar den vorher nicht unterrichten Kapitän Michael Ballack. „Er kann eine Geheimwaffe sein, weil er enorm schnell ist“, bemerkte Ballack.

Die Tradition der Überraschungen hat Löw bei seinen Turnieren als Chef von der EM 2008 über den WM-Triumph 2014 bis hin zur WM 2018 fortgesetzt.

WM 2006 (Deutschland):

Vor der WM 2006 holten Bundestrainer Jürgen Klinsmann (r) und Joachim Löw David Odonkor in den DFB-Kader. Foto: Oliver Berg/dpa
Vor der WM 2006 holten Bundestrainer Jürgen Klinsmann (r) und Joachim Löw David Odonkor in den DFB-Kader. Foto: Oliver Berg/dpa

Bundestrainer Klinsmann und Assistent Löw verblüffen mit der Nominierung des Dortmunders David Odonkor, dem Flügelflitzer ohne Länderspiel. Andere erwarten, sie seien dabei: Kevin Kuranyi, neben Fabian Ernst und Patrick Owomoyela der Promi unter den Gestrichenen, kann es kaum glauben, als Klinsmann ihn anruft und ausbootet: „Ich habe gelacht und gesagt: Das ist jetzt nur ein Spaß, oder?“ Nee, Klinsmann scherzte nicht, es war sein Ernst.

EM 2008 (Österreich/Schweiz):

In Torwart René Adler (r) und Marko Marin zaubert Löw 2008 zwei Länderspiel-Neulinge aus dem Hut. Foto: Ronald Wittek/dpa
In Torwart René Adler (r) und Marko Marin zaubert Löw 2008 zwei Länderspiel-Neulinge aus dem Hut. Foto: Ronald Wittek/dpa

Auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, sorgt Bundestrainer Löw gleich für mehrere Aufreger. Er streicht Torwart Timo Hildebrand, bis dahin die Nummer 2 hinter Jens Lehmann. Hildebrand reagiert „geschockt und irritiert“. In Torwart René Adler und dem Gladbacher Zweitliga-Aufsteiger Marko Marin zaubert Löw dafür zwei Länderspiel-Neulinge aus dem Hut.

WM 2010 (Südafrika):

Löw überrascht 2010 unter anderem mit dem Neuling Holger Badstuber (l). Foto: Bernd Weissbrod/dpa
Löw überrascht 2010 unter anderem mit dem Neuling Holger Badstuber (l). Foto: Bernd Weissbrod/dpa

Löw überrascht bei seiner vorläufigen 27-Mann-Liste mit den Neulingen Holger Badstuber und Dennis Aogo. Beide schaffen es auch in den 23-Mann-Kader für Südafrika. Torwart-Veteran Jörg Butt vom FC Bayern ersetzt den verletzten René Adler. Drei Spieler muss Löw „maßlos“ enttäuschen: Für Thomas Hitzlsperger, Marcel Schäfer und Christian Gentner ist kein Platz.

EM 2012 (Polen/Ukraine):

Immer was Neues bei Löw: Diesmal nominiert er nicht drei, sondern vier Torhüter. Der Gladbacher Marc-André ter Stegen darf die etablierten Kollegen herausfordern. Schalke-Talent Julian Draxler ist der andere Kaderneuling. Beide schaffen es nicht in das endgültige Turnieraufgebot. Zur gestrichenen Prominenz zählt unter anderen der erfahrene Mittelfeldspieler Simon Rolfes.

WM 2014 (Brasilien):

Torjäger Mario Gomez fehlte 2014 im WM-Aufgebot. Foto: picture alliance / dpa
Torjäger Mario Gomez fehlte 2014 im WM-Aufgebot. Foto: picture alliance / dpa

Torjäger Mario Gomez und Torwart René Adler fehlen im zunächst 30-köpfigen Aufgebot. „Das ärgert mich unendlich“, klagt Gomez. „Mario hat seit September nur 280 Minuten gespielt“, begründet Löw. Die einstige Stammkraft Marcel Schmelzer fliegt im Trainingscamp raus, auch Kevin Volland und Shkodran Mustafi erwischt es. Abwehrspieler Mustafi wird dann doch Weltmeister, weil sich Marco Reus im letzten Testspiel vor dem Abflug nach Brasilien verletzt und Löw dafür auf den letzten Drücker doch noch Mustafi mitnimmt.

EM 2016 (Frankreich):

Löw beruft vier Youngster in das vorläufige 27-Mann-Aufgebot: Julian Brandt, Joshua Kimmich, Julian Weigl und Leroy Sané. Für vier Weltmeister – Torhüter Ron-Robert Zieler sowie Matthias Ginter, Christoph Kramer und Erik Durm – ist kein Platz. Der Hammer aber folgt erst im Trainingslager in der Schweiz: Neben Karim Bellarabi, Julian Brandt und Sebastian Rudy streicht Löw auch Marco Reus aus dem endgültigen EM-Kader. „Er hat massive gesundheitliche Probleme. Er kann nur geradeaus laufen“, lautet Löws Begründung.

CONFED CUP 2017 (Russland):

Für den WM-Probelauf mit acht Nationen nominiert Löw den radikalsten Turnierkader seiner DFB-Amtszeit. Er verzichtet auf alle gestandenen Weltmeister und gibt jungen Akteuren wie Timo Werner eine Chance. Dazu feiern die Senioren Lars Stindl und Sandro Wagner ein spätes DFB-Debüt. Kann das gut gehen? Ja – und wie! Das von Draxler angeführte Perspektivteam holt in Russland den Titel: Stindl schießt beim 1:0 im Finale gegen Chile das Siegtor.

WM 2018 (Russland):

Löw schickte 2018 unter anderem Jungstar Leroy Sané nach Hause. Foto: Christian Charisius/dpa
Löw schickte 2018 unter anderem Jungstar Leroy Sané nach Hause. Foto: Christian Charisius/dpa

Löw holt den Länderspiel-Neuling Nils Petersen aus der Kiste. Im reifen Alter von 29 Jahren darf er sich im Trainingscamp um einen WM-Platz bewerben. Der Freiburger hat sich mit 15 Toren in der Bundesliga empfohlen. In Südtirol gibt es dann ein großes Raunen, als Löw neben Torwart Bernd Leno, Jonathan Tah und Petersen auch Jungstar Leroy Sané nach Hause schickt. „Leroy hat ein riesiges Talent, absolut“, sagt Löw damals. Drei Jahre später ist der inzwischen für den FC Bayern stürmende Sané gesetzt für den EM-Kader.

© dpa-infocom, dpa:210518-99-650599/3


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