Die Frage ist beinahe so alt wie diese Bundesliga- Saison: „Wie macht der Fußball das?“, sagte etwa der Basketball-Profi Malte Ziegenhagen von den Niners Chemnitz der Zeitung ‚Freien Presse‘.
„Bei Fußball-Bundesligisten wird der positiv Getestete isoliert und der Betrieb läuft weiter. Meine Teamkollegen wurden nach einem neuen Fall wieder komplett zurück in die Quarantäne geschickt.“ Ähnlich ging es auch der MT Melsungen, die nach drei positiven Corona-Tests komplett in die Quarantäne musste.
Im Fußball wird hingegen gespielt – wie an diesem Wochenende das letzte Bundesliga-Spiel dieses Jahres zwischen dem VfL Wolfsburg und dem VfB Stuttgart, das die Niedersachsen mit 1:0 für sich entschieden.
Die beiden Wolfsburger Spieler Maximilian Arnold und Jerome Roussillon wurden am Tag vorher positiv auf das Corona-Vvirus getestet. Es waren bereits die Coronafälle zwei und drei innerhalb nur einer Woche bei den Niedersachsen, nachdem schon am Dienstag der Brasilianer William in Quarantäne geschickt werden musste.
Das Spiel gegen Stuttgart fand aber trotzdem statt. Und in der häuslichen Isolation befinden sich neben den drei positiv Getesteten nur noch drei weitere Spieler des VfL, die vom Gesundheitsamt als unmittelbarer Kontakt von Arnold und Roussillon eingestuft wurden.
Der VfL Wolfsburg siegte am Ende mit 1:0. „Das waren schwierige 24 Stunden für alle im Club. Wie die Jungs damit umgegangen sind, davor muss ich den Hut ziehen“, sagte VfL-Coach Oliver Glasner und fügte stolz an: „Das sagt sehr viel über die Geschlossenheit der Mannschaft aus.“
Gesundheitsamt gab grünes Licht
Die Wolfsburger sagen klar: Das Spiel zu erlauben und nicht etwa die komplette Mannschaft in Quarantäne zu schicken, war eine Entscheidung des Gesundheitsamtes.
“Ich denke, dass jedes Gesundheitsamt auf der Basis der Verordnungen entscheidet, sich sehr viele Gedanken macht und dann bestmöglich entscheidet”, sagte Glasner mit Blick auf die aktuellen Corona-Fälle dazu. “Wir als Club und ich als Trainer akzeptieren das zu 100 Prozent, es gibt da einen engen Austausch.”
Die Stadt Wolfsburg bestätigte am Montag auf dpa-Nachfrage: „In den Tagen möglicher Infektiosität hatten die beiden Spieler privaten und längeren Kontakt zu drei weiteren Spielern, die trotz negativer Testergebnisse als Kontaktpersonen der ersten Kategorie eingestuft und unter Quarantäne gestellt wurden.“
Für alle anderen Spieler des Kaders galt das laut Stadt Wolfsburg hingegen nicht, „da sie nur den üblichen Trainingskontakt hatten und zudem negativ getestet wurden“. Und somit konnte das Bundesliga-Spiel gespielt werden und die bevorstehende Begegnung im DFB-Pokal.
Stuttgart lobt Entscheidung
Der Gegner aus Stuttgart hatte kein Problem mit dieser Entscheidung, im Gegenteil: „Es kam nicht in einer Sekunde die Bitte oder der Gedanke auf, das Spiel nicht zu spielen. Man kann die Wolfsburger nur extrem dafür wertschätzen, dass sie das als Rahmenbedingung angenommen haben“, sagte Sportdirektor Sven Mislintat der Deutschen Presse-Agentur.
„Es gibt Regeln für den Sport, für uns, für die Gesellschaft. Die akzeptieren und respektieren wir. Das Entscheidende ist für mich, dass wir kein größeres Infektionsrisiko für die Gesamtbevölkerung dadurch waren, dass wir dieses Spiel gespielt haben. Das sollte immer der Ansatz sein und dem werden wir gerecht“, so Mislintat.
Trotzdem fällt auf: In der Fußball-Bundesliga gab es an den ersten 13 Spieltagen dieser Saison keinen einzigen coronabedingten Spielausfall, während die Handball-Bundesliga in den kommenden Wochen noch acht Partien nachholen muss.
Auch in der zweiten und dritten Fußball-Liga wurden ganze Mannschaften in Quarantäne geschickt und Spiele kurzfristig abgesetzt. So die Partie zwischen den Würzburger Kickers und dem FC St. Pauli am vergangenen Mittwoch. Auslöser war der positive Corona-Test bei einem Physiotherapeuten der Kickers.
Kontaktermittlung als Unterschied
Der Unterschied zum Wolfsburg-Spiel liegt darin: In Würzburg ließ sich zumindest kurzfristig nicht mehr ermitteln, mit welchem Spieler der Mann Kontakt hatte und mit welchem nicht. Weitere Corona-Fälle konnten deshalb zunächst nicht ausgeschlossen werden.
Beim VfL dagegen nahm diese Kontaktermittlung zwar am Samstag mehrere Stunden in Anspruch – konnte aber rechtzeitig bis zum Spieltag abgeschlossen werden.
Den Wolfsburgern half dabei, dass bestimmte Vorsichtsmaßnahmen aus der Phase des ersten Lockdowns im Frühjahr bei ihnen noch immer gelten und bei kleineren Handball- oder Fußballclubs infrastrukturell gar nicht umgesetzt werden können. So ziehen sich die Spieler auf dem modernen Vereinsgelände immer verteilt auf mehrere Umkleidekabinen um. Auch vor und nach dem Training.
„Klar ist, dass Sportarten, die draußen stattfinden, durch die Luftbewegung und den größeren Raum ein wahrscheinlich niedrigeres Infektionsrisiko haben“, sagte der Experte Florian Kainzinger der ARD-Sportschau bereits im November.
Der Gesundheitsökonom arbeitete das Hygienekonzept der Basketball-Bundesliga aus und berät auch die DFL in dieser Corona-Zeit. Er glaubt, dass das größte Infektionsrisiko für Fußballer, Handballer oder Basketballer nicht auf dem Spielfeld oder Trainingsplatz besteht, sondern „eher im Zusammensein der Mannschaft: Also sprich Umkleidekabine, sprich Mittagsessen, Abendessen, gemeinsame Reisen im Bus.“
Gesundheitsamt prüfte Fall in Wolfsburg
Genau diese Bereiche überprüften Verein und Gesundheitsamt am Wochenende auch in Wolfsburg. Der Trainingsbereich wird aufgrund des Hygienekonzepts der DFL dagegen als sicher eingestuft.
Dort achte der VfL „streng auf die erforderlichen Abstände und weiteren Regelungen, die das Infektionsrisiko so weit wie möglich reduzieren“, heißt es in der Stellungnahme der Stadt. „Daher ist unserer Einschätzung nach für alle Spieler, die nicht als Kontaktperson der 1. Kategorie einzustufen sind, eine Quarantäne nicht erforderlich.“
Ob die drei Kontaktpersonen Maximilian Philipp, Xaver Schlager und Tim Siersleben am Mittwoch (18.30 Uhr/Sky) im DFB-Pokal gegen den SV Sandhausen wieder spielen können, ist noch nicht entschieden.
„Wir unternehmen alles, um hier gesund durchzukommen“, sagte Trainer Oliver Glasner dem NDR. Aber „es scheint relativ schwierig zu sein, diesem teuflischen Virus zu entkommen“.
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