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Wirecard-Skandal kostet Bafin-Chef Felix Hufeld den Job

Bafin-Chef Felix Hufeld räumt seinen Posten. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Bafin-Chef Felix Hufeld räumt seinen Posten. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Der Druck wurde zu groß: Nach dem Wirecard-Skandal kommt es nun zu einem Neuanfang an der Spitze der Finanzaufsicht. Ein Nachfolger wurde noch nicht genannt. Aber nicht nur der Bafin-Chef muss den Hut nehmen.

Der Bilanzskandal um den früheren Dax-Konzern Wirecard kostet den Chef der Finanzaufsicht Bafin, Felix Hufeld, nach wachsendem Druck den Job. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) teilte am Freitag mit: „Die geplante organisatorische Reform der Bafin verbinden wir mit einem personellen Neuanfang.“

Der Skandal um die Wirecard AG habe offenbart, dass die deutsche Finanzaufsicht eine Re-Organisation brauche, um ihre Aufsichtsfunktion effektiver erfüllen zu können. Scholz kündigte an, dass in der nächsten Woche die Ergebnisse einer Untersuchung der Bafin dazu präsentiert werden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) untersteht dem Finanzministerium.

Neben Hufelds Weggang gibt es weitere personelle Konsequenzen: Auch Bafin-Vizepräsidentin Elisabeth Roegele verlässt einer Meldung der Bundesanstalt zu Folge ihren Posten – auch sie „im Einvernehmen“.

Sie habe mit Blick auf die Neuaufstellung der Bafin entschieden, ihr „Amt zur Verfügung zu stellen, um einen personellen Neuanfang zu ermöglichen“, hieß es in einer Mitteilung am Abend. Und dem Leiter der Wirtschaftsprüferaufsicht Apas, Ralf Bose, wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bereits am 13. Januar außerordentlich gekündigt.

Felix Hufeld acht Jahre Bafin-Chef

Das Ministerium und Hufeld hatten der Mitteilung vom Nachmittag zufolge am Freitag in einem gemeinsamen Gespräch die Lage erörtert. Man sei „einvernehmlich“ zu dem Entschluss gekommen, dass es dafür neben organisatorischen Veränderungen auch einen personellen Neustart an der Bafin-Spitze geben sollte.

Scholz bedankte sich „ausdrücklich bei Felix Hufeld für sein großes Engagement an der Spitze der Bafin in den vergangenen acht Jahren. Er hat die Finanzdienstleistungsaufsicht in Deutschland und Europa in dieser Zeit maßgeblich geprägt und entscheidend vorangebracht.“

Hufeld erklärte: „Ich habe acht Jahre, davon sechs Jahre als Präsident, an der Spitze der Bafin wirken dürfen.“ Die Bafin habe sich dabei signifikant weiterentwickelt und in vielfacher Hinsicht an Relevanz gewonnen. „Nun gilt es, weitere Aufgaben anzupacken, für deren Bewältigung ich meinem Nachfolger oder Nachfolgerin nur das Beste wünsche.“

Wirecard aus der Nähe von München galt jahrelang als aufstrebendes Fintech-Unternehmen und war zwischenzeitlich sogar in den Dax aufgerückt. Allerdings wies Wirecard nach Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft seit 2015 Scheingewinne in Milliardenhöhe aus, ohne dass Aufsichtsbehörden und Wirtschaftsprüfer etwas bemerkten. In dem Zusammenhang gab es auch Geldwäsche-Vorwürfe. Wirecard hat inzwischen Insolvenz angemeldet.

Konsequenzen auch bei Apas

Auch der Leiter der Wirtschaftsprüferaufsicht Apas, Ralf Bose, musste nach dpa-Informationen der Deutschen Presse-Agentur seinen Hut nehmen – er war Mitte Dezember bereits freigestellt worden.

Bose war wegen Aktiendeals im Zusammenhang mit dem Bilanzskandal in die Kritik geraten. Die Kündigung durch das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erfolgte bereits am 13. Januar.

Das Bundesamt gehört zum Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums unter Minister Peter Altmaier (CDU). Das Ministerium verschärft nun nach dpa-Informationen den Compliance-Kodex der Apas, die Abschlussprüfer in Deutschland beaufsichtigt. Der Leiter der Unterabteilung Qualitätskontrolle hatte bereits bis auf Weiteres die Leitung der Apas übernommen.

Apas-Chef Bose hatte im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags ausgesagt, privat mit Aktien des Skandalunternehmens gehandelt zu haben, während die Behörde den Fall bereits untersuchte.

Hufeld: „Nicht effektiv genug gewesen“

Der Jurist Hufeld (59), der die Bafin seit März 2015 führte, hatte die Vorgänge rund um Wirecard als „Schande“ bezeichnet und von der „entsetzlichsten Situation“ gesprochen, in der er jemals einen Konzern in der ersten deutschen Börsenliga gesehen habe.

Der Bafin-Chef hatte sich zugleich selbstkritisch zur Rolle der Aufsicht geäußert: „Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so etwas passiert.“

Zum Wirecard-Skandal wurde auch ein Untersuchungsausschuss des Bundestags eingesetzt. FDP-Obmann Florian Toncar sagte am Freitag: „Der Rückzug von Felix Hufeld war unvermeidbar.“

Nicht das Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters, sondern gravierende Fehlbeurteilungen der Bafin im Fall Wirecard seien der Grund. Die Bafin habe nun die Chance, sich mit tiefgreifenden Reformen Autorität und Vertrauen zurück zu erarbeiten.

SPD-Obmann Jens Zimmermann sagte, er begrüße die Entscheidung von Scholz. Ein personeller Neuanfang an der Spitze der Bafin sei auch nach den Erkenntnissen der Arbeit im Untersuchungsausschuss der beste Weg, um die Reform bei der Finanzaufsicht umzusetzen.

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Kay Gottschalk von der AfD, kritisierte Hufelds Abgang als überfällig. „Allein der Weggang von Herrn Hufeld als Bauernopfer für das Versagen der Bafin hilft uns jedoch nicht weiter, wieder Vertrauen in den Finanzstandort Deutschland aufzubauen.“

Auch die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus kritisierte, dass Hufeld schon früher hätte gehen müssen. „Wenn Olaf Scholz es wirklich ernst meint, dann setzt er nicht gleich das nächste Eigengewächs der Behörde auf den Posten“, teilte sie mit.

Auch der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhard Schick, betonte: „Die Glaubwürdigkeit der Finanzaufsicht hat durch das lange Festhalten an Herrn Hufeld weiteren Schaden erlitten.“

Bafin nur für Wirecard Bank zuständig

Formal war die Bafin nur für einen Teil des Wirecard-Konzerns zuständig: die Wirecard Bank AG. Darüber hinaus habe die Finanzaufsicht begrenzte Handlungsmöglichkeiten, hatte Hufeld bei einer Konferenz erklärt.

Technologiedienstleister und Technologieunternehmen, die keine Finanzinstitute seien und nicht von Finanzaufsichtsbehörden beaufsichtigt würden, verschmölzen immer mehr mit Bankdienstleistungen und Bankinstituten.

Die Finanzaufsicht prüft seit Monaten private Börsengeschäfte ihrer Mitarbeiter, bei denen der Wirecard-Aktienkurs eine Rolle spielte. Die Bafin hatte einer Pressemeldung zu Folge einen ihrer Mitarbeiter wegen des Verdachts des Insiderhandels angezeigt. Im Raum steht der Vorwurf, er könnte Insiderwissen genutzt haben, um mit Wirecard-Papieren Geschäfte zu machen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – kurz Bafin – mit 2722 Beschäftigten (Stand Ende 2019) vereinigt die Aufsicht über Banken und Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel unter einem Dach. Die Behörde hat ihren Hauptsitz in Bonn und unterhält eine Dependance am Finanzplatz Frankfurt.

© dpa-infocom, dpa:210129-99-226009/6


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