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„Restlose Aufklärung“ über Maskenaffäre in der Union gefordert

Der CDU-Abgeordnete Löbel gibt seinen Sitz im Auswärtigen Ausschuss auf. Foto: Jörg Carstensen/dpa
Der CDU-Abgeordnete Löbel gibt seinen Sitz im Auswärtigen Ausschuss auf. Foto: Jörg Carstensen/dpa

Die Affäre um die Verwicklung von Abgeordneten in Geschäfte mit Corona-Masken zieht Kreise. In der Unionsfraktion ist die Empörung groß. Auch der Koalitionspartner verlangt Klarheit. Die SPD sieht den Gesundheitsminister und die Kanzlerin in der Verantwortung.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hat die Union aufgefordert, fragwürdige Geschäfte ihrer Abgeordneten bei der Beschaffung von Corona-Masken offenzulegen.

„Jeder Anschein von Vetternwirtschaft ist Gift für das so notwendige Vertrauen der großen Mehrheit in die politische Führung. Deshalb müssen die Ungereimtheiten bei der Maskenbeschaffung restlos aufgeklärt werden“, so Norbert Walter-Borjans.

„Da stehen der Bundesgesundheitsminister, aber auch die Bundeskanzlerin in der Verantwortung“, erklärte Walter-Borjans in einem Gespräch mit ntv.de.

Unverständnis bei Union

Die Führung der Unionsfraktion hatte Geschäfte von Abgeordneten bei der Beschaffung von Corona-Masken bereits am Freitag scharf verurteilt.

„Ein Tätigwerden im Rahmen des Mandats darf nicht mit persönlichen finanziellen Interessen verbunden werden“, schrieben Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an alle Abgeordneten der Union.

„Wir sagen daher sehr deutlich, das Beziehen von Geldleistungen für die Vermittlung von medizinischer Schutzausrüstung im Rahmen der Pandemiebekämpfung von Abgeordneten stößt auf unser vollkommenes Unverständnis und wird von uns entschieden verurteilt“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Brinkhaus und Dobrindt erwarteten, dass solche Sachverhalte vollkommen transparent dargestellt und aufgeklärt würden: „So ein Verhalten entspricht nicht unseren Standards, schadet dem Ansehen der Politik insgesamt und ist nicht zu akzeptieren.“

Bartsch: „Zerstört weiteres Vertrauen“

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, nahm den Unionsfraktionschef in die Pflicht.

„Ralph Brinkhaus muss umgehend reinen Tisch machen und erklären, wie viele Mitglieder seiner Fraktion sich in der Krise eine goldene Nase verdient haben oder dies versucht haben“, sagte Bartsch.

Außerdem solle, so Bartsch gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe, das Gesundheitsministerium „jegliche Kommunikation offenlegen, die in der Pandemie zwischen Abgeordneten, Wirtschaft und Ministerium stattgefunden hat“.

Bartsch betonte: „Dass Abgeordnete der Union so gierig und ehrlos sind, sich persönlich an dieser Krise zu bereichern, ist unanständig. Das schadet dem Land und der Politik insgesamt und zerstört weiteres Vertrauen in die Pandemiebekämpfung der Bundesregierung.“

Den Verzicht des CSU-Bundestagsangeordneten Georg Nüßlein auf eine neuerliche Kandidatur für den Bundestag wertete er als „klares Schuldeingeständnis“, so Dietmar Bartsch.

Rückzug von Nüßlein

Der Anwalt von Georg Nüßlein hatte am Freitag angekündigt, dass sich der 51-Jährige wegen der gegen ihn laufenden Korruptionsermittlungen aus der Bundespolitik zurückzieht. Nüßlein legte auch das Amt als Vizevorsitzender der Unionsfraktion nieder, das er zunächst ruhen gelassen hatte.

Gegen den Parlamentarier wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Ankauf von Coronamasken ermittelt. Die Ermittler hatten deswegen in der vergangenen Woche 13 Objekte in Deutschland und in Liechtenstein durchsuchen lassen, darunter auch Nüßleins Büro im Bundestag sowie sein Wahlkreisbüro im schwäbischen Günzburg.

Der Rechtsanwalt von Georg Nüßlein wies die gegen seinen Mandanten erhobenen Vorwürfe dabei allerdings erneut zurück. Nüßlein selbst sagte, die Untersuchungen der Generalstaatsanwaltschaft München stellten für seine Familie und die Christsozialen “eine ganz erhebliche Belastung” dar.

Seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur begründete er so: “Aufgrund des komplexen Sachverhalts mit Auslandsbezug rechne ich nicht damit, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in den nächsten Wochen abgeschlossen sind.”

Vorwürfe gegen Löbel

Inzwischen wurde bekannt, dass noch mehr Abgeordnete in Maskengeschäfte verwickelt sind. So hat auch der Mannheimer CDU-Abgeordnete Nikolas Löbel Fehler eingeräumt.

Löbels Firma hatte nach seiner eigenen Darstellung Provisionen in Höhe von rund 250.000 Euro kassiert, weil sie Kaufverträge über Masken zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen in Heidelberg und Mannheim vermittelt hatte.

Es habe sich hierbei um eine „nach dem Marktüblichen bemessene Vergütung“ für die Projektmanagement-GmbH gehandelt. Er habe für die GmbH gehandelt und nicht in Ausübung seines Mandates.

Aber: „Als Bundestagsabgeordneter hätte ich gerade in der besonderen Pandemie-Situation auch in meiner unternehmerischen Tätigkeit sensibler handeln müssen“, teilte Löbel am Freitag auf Anfrage mit. „Diesen Fehler mache ich mir selbst zum Vorwurf.“ Als Konsequenz zog sich Löbel aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags zurück.

© dpa-infocom, dpa:210306-99-712632/3

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