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Putin und Erdogan: Gipfeltreffen in Teheran

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi (r) empfängt Wladimir Putin in Teheran. Foto: -/Iranian Presidency/dpa
Der iranische Präsident Ebrahim Raisi (r) empfängt Wladimir Putin in Teheran. Foto: -/Iranian Presidency/dpa

Im Fokus des Treffens mit Irans Präsident Ebrahim Raisi ist die Lage im Bürgerkriegsland Syrien, wo Moskau ein Machtvakuum hinterlassen hat. Auch der Ukraine-Krieg dürfte auf der Agenda stehen.

Der Iran und die Türkei wollen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit ausbauen. Ziel sei, das jährliche Handelsvolumen auf 30 Milliarden US-Dollar zu erhöhen, sagte Präsident Ebrahim Raisi in Teheran bei einer Rede im Beisein seines türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan.

Recep Tayyip Erdogan sagte bei dem Treffen, er hoffe besonders auf einen Ausbau der Kooperation in der Verteidigungsindustrie. Aktuell liege das Handelsvolumen bei 7,5 Milliarden Dollar.

Die beiden Nachbarstaaten unterzeichneten eine Reihe von Absichtserklärungen. Auch die Grenzsicherheit zwischen beiden Ländern wurde angesprochen. Durch den Iran führt eine der Hauptfluchtrouten für Menschen aus Afghanistan auf dem Weg in die Türkei und nach Europa.

Gespräche über Syrien mit Putin

Kremlchef Wladimir Putin ist mittlerweile in Irans Hauptstadt Teheran eingetroffen. Bilder des Staatsfernsehens zeigten den russischen Präsidenten am Hauptstadtflughafen Mehrabad.

Bei dem Gipfeltreffen der drei Staatschefs sind ebenfalls Gespräche über die Lage im Bürgerkriegsland Syrien geplant. Die drei Staaten haben bereits in der Vergangenheit über Syriens Zukunft verhandelt.

Russland und der Iran unterstützen die syrische Regierung, die Türkei wiederum ist mit der Opposition verbündet. Beobachter erwarten, dass auch der russische Krieg in der Ukraine thematisiert wird.Es ist Putins zweite offiziell bekannte Auslandsreise seit Russlands Einmarsch in die Ukraine Ende Februar.

Das Nato-Land Türkei unterhält sowohl zu Moskau als auch zu Kiew enge Beziehungen und trat zuletzt als Vermittler zwischen beiden Ländern im Streit um in der Ukraine blockierte Getreide-Exporte auf.

Iran dementiert mögliche Drohnen-Lieferungen

Irans Präsident Ebrahim Raisi begrüßt den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Foto: Vahid Salemi/AP/dpa
Irans Präsident Ebrahim Raisi begrüßt den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Foto: Vahid Salemi/AP/dpa

Für Wirbel hatte vergangene Woche eine Aussage eines hochrangigen US-Regierungsvertreters gesorgt.

Es gebe Hinweise, dass Moskau iranische Kampfdrohnen für den Krieg gegen die Ukraine erwerben wolle. So habe offenbar eine russische Delegation bereits einen iranischen Flughafen für eine Vorführung angriffsfähiger Drohnen besucht.

Der Iran dementierte das umgehend und versicherte der Ukraine mit Nachdruck, die amerikanischen Behauptungen seien „grundlos“. Auch aus dem Kreml hieß es zuletzt, Putin und Raisi würden nicht über mögliche Drohnen-Lieferungen sprechen.

Offiziell gibt sich der Iran mit Blick auf Russlands Ende Februar begonnenen Krieg gegen die Ukraine neutral. Doch die Sympathien der iranischen Führung für Russland sind bekannt.

Irans Beziehungen zum flächenmäßig größten Land der Erde sind in den vergangenen Jahren immer enger geworden – insbesondere seit 2018, als die USA unter ihrem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Wiener Atomabkommen ausstiegen. Aufgrund von US-Sanktionen konnte der Iran zudem militärische Ausrüstung fast nur noch aus Russland beziehen.

Union fordert „zivilisierte Standards“

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, erwartet vom Spitzentreffen der Staatschefs des Irans, Russlands und der Türkei in Teheran substanzielle Fortschritte in Syrien.

„Das menschliche Leid der syrischen Bevölkerung, Hunger und fehlender Zugang zu medizinischer Versorgung sind beschämend und können mit ein wenig politischem Willen beseitigt werden“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Gleiches gelte für die Frage der Getreideexporte nach Afrika und in den Nahen Osten.

Zur Blockade von Weizenexporten aus der Ukraine durch Russland sagte Hardt, es zeige den Zynismus des russischen Despoten Putin, dass er mutwillig Hungersnöte in Afrika in Kauf nehme. Die Blockade des Getreides sei kein logistisches Problem, sondern ausschließlich politisch veranlasst.

„Wenn diese offenen Fragen bei dem Treffen der drei Präsidenten nicht gelöst werden, entfernen sich die dafür Verantwortlichen weiter von zivilisierten Standards der Weltgemeinschaft“, so Hard.

FDP-Fraktion: „unsägliches Spiel“

Der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrich Lechte, hat das Verhalten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf kritisiert.

Die öffentlichkeitswirksamen Gespräche mit „Despoten“ wie dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi und Kremlchef Wladimir Putin zeigten augenscheinlich das türkische Verständnis von Realpolitik, für das er kein Verständnis habe, teilte Lechte am Dienstag in Berlin mit.

„Offiziell geht es bei den heutigen Gesprächen zwischen Erdogan, Raisi und Putin um die Verbesserung der Lage im Bürgerkriegsland Syrien. Die Gespräche in Teheran zeigen aber auch ganz deutlich, dass Erdogan die türkischen Interessen über die des westlichen Bündnisses stellt“, sagte Lechte.

„Passend dazu stellt Erdogan die bereits zugesagten Beitritte Finnlands und Schwedens zur Nato erneut zur Debatte – ein, wie ich finde, unsägliches Spiel“, so Lechte, der anfügt: „Erdogan muss sich entscheiden: Er kann nicht gleichzeitig als Vermittler im Ukraine-Krieg agieren, verlässlicher Partner des Nato-Bündnisses sein und Machtansprüche in Syrien verfolgen.“

© dpa-infocom, dpa:220719-99-71938/10


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