Im Streit um Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer überziehen sich die Nato-Partner Griechenland und Türkei weiter mit gegenseitigen Vorwürfen – jetzt gibt es sogar eine Kriegsdrohung.
Der griechische Energieminister Kostis Chatzidakis hielt der Türkei am Sonntag im Nachrichtensender Skai vor, mit Kriegsdrohungen eine Politik wie im 19. Jahrhundert zu betreiben. „Der Größenwahn und die Wichtigtuerei auf der anderen Seite der Ägäis sind ein schlechter Berater“, sagte Chatzidakis.
Die Türkei hatte Griechenland zuvor für den Fall einer Ausdehnung seiner Territorialgewässer in der Ägäis offen mit dem Militär gedroht. „Wenn das kein Kriegsgrund ist, was denn sonst?“, sagte Vizepräsident Fuat Oktay der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge am Samstag. Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hatte angekündigt, die griechische Hoheitszone im – Italien zugewandten – Ionischen Meer von 6 auf 12 Seemeilen auszudehnen.
Im östlichen Mittelmeer werden große Erdgasvorkommen vermutet. Die Türkei erkundet den Untergrund in Seegebieten, die von Zypern oder Griechenland beansprucht werden. Die griechischen und türkischen Streitkräfte halten Manöver in der Region ab.
Der Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei, in dem Ankara nun eine Kriegsdrohung aussprach, hat eine lange Vorgeschichte. Das türkische Parlament hatte auch schon 1995 eine Ausdehnung der griechischen Hoheitsgewässer in der Ägäis zum „Kriegsgrund“ erklärt.
EU und Deutschland besorgt
Der Streit um das Erdgas in der Ägäis war auch ein Thema bei der Sommerpressekonferenz von Kanzlerin Angela Merkel, sie setzt auf Dialog: Die EU-Staaten müssten die Argumente der Athener Regierung ernst nehmen und Griechenland dort unterstützen, wo die Regierung recht habe.
Sie haben sich „immer wieder dafür eingesetzt, dass es zu keinen weiteren Eskalationen kommt”, so die Kanzlerin. Es seien Gespräche über die Aufteilung der Wirtschaftszonen in dem Seegebiet nötig. Merkel erinnerte daran, dass es bei der Türkei und Griechenland um einen Konflikt zwischen Nato-Partnern gehe. “Das kann uns ja nicht kalt lassen.”
In den Streit involviert ist auch Zypern, das gemeinsam mit Griechenland die Unterstützung der EU einfordert. Wenn es in den nächsten Wochen keine Fortschritte beim Dialog gebe, könne beim EU-Sondergipfel am 24. September eine Liste weiterer Strafmaßnahmen diskutiert werden, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag nach Beratungen der EU-Außenminister in Berlin. Diese würden auch Wirtschaftssanktionen umfassen.
“Wir wollen der Diplomatie eine Chance geben, und dafür muss die Türkei die Voraussetzungen schaffen und von den Provokationen, mit denen wir es leider immer wieder zu tun haben, absehen”, so Heiko Maas in einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes nach einem Treffen der EU-Außenminister. Man sei sich einig, dass die völkerrechtlichen Fragen dem Internationalen Gerichtshof zur Klärung vorgelegt werden sollen.
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