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Ist ein Antikörpertest vor der Booster-Impfung sinnvoll?

November 2021: Für einen Antikörpertest wird Blut abgenommen und analysiert. Foto: Marijan Murat/dpa/dpa-tmn
November 2021: Für einen Antikörpertest wird Blut abgenommen und analysiert. Foto: Marijan Murat/dpa/dpa-tmn

Nach sechs Monaten kann der Corona-Impfschutz aufgefrischt werden. Teils schon früher. Älteren etwa wird das geraten – doch viele zögern. Sind Antikörpertests dann eine nützliche Entscheidungshilfe?

Durch eine „Booster“-Impfung wird der Immunschutz gegen das Corona-Virus noch einmal stark verbessert – das ist klar. Dennoch fragen sich viele Menschen gerade: Brauche ich den dritten Pieks wirklich, oder reicht die Abwehrkraft der bisherigen Impfungen noch aus?

Wer sich diese Frage stellt, denkt vielleicht über einen Antikörpertest nach, um eine Entscheidung für oder gegen den Booster zu treffen. Doch Fachleute halten das nur bedingt für sinnvoll. Warum? Wir beantworten wichtige Fragen zu diesem Thema.

Was bringt eine Auffrischungsimpfung?

Sie stärkt das Immunsystem nochmals gegen das Sars-CoV-2-Virus. Daher kommt die Bezeichnung Booster, also Verstärker.

Eigentlich sei schon der Begriff Auffrischung nicht ganz korrekt, schreibt der Immunologe Carsten Watzl auf Twitter. Dadurch scheine es, dass mit der Impfung etwas wieder hergestellt wird, das verloren gegangen sei. Doch mit dem Booster stelle man nicht nur den Zustand nach der zweiten Impfung wieder her: Die Immunität sei nach dem Booster besser als nach der zweiten Impfung.

Das mache auch Sinn, so der Experte. Denn jedes Mal, wenn das Immunsystem mit dem Erreger oder dem Impfstoff in Kontakt komme, werde die Immunität stärker, besser und dauerhafter.

Sollte man vor dem Booster einen Antikörpertest machen?

Der Hintergedanke erscheint sinnvoll: Wissen, wie hoch der durch die bisherigen Corona-Schutzimpfungen aufgebaute Immunschutz ist. Und so abschätzen können, ob die Auffrischungsimpfung notwendig oder (noch) verzichtbar ist.

Hier könnten Antikörpertests Klarheit schaffen, sagt Andreas Bobrowski, Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte. Er stellt aber auch klar: Es mache keinen Sinn, diese Tests pauschal zu empfehlen. Wer allerdings etwa anfällig für Infekte oder allgemein immungeschwächt ist, dem gibt so ein Test womöglich eine wichtige Info dazu, wie gut die Impfungen angeschlagen haben.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat indes eine klare Botschaft: Es sei nicht empfohlen, vor der Auffrischungsimpfung einen Antikörpertest zu machen, um zu prüfen, ob weiterhin Schutz vor Covid-19 bestehe. Ein Grund dafür sei, dass man noch gar nicht genau wisse, ab welchem Antikörperwert man von einem ausreichenden Schutz ausgehen kann.

Was sagt einem das Ergebnis eines Antikörpertests?

«Booster»-Impfungen stärken den vorhandenen Immunschutz gegen Covid-19. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa-tmn
«Booster»-Impfungen stärken den vorhandenen Immunschutz gegen Covid-19. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa-tmn

Bei einem Antikörpertest werden Andreas Bobrowski zufolge in der Regel die sogenannten Anti-Spike-Antikörper (IgG) geprüft, die sich in Folge der Impfung bilden.

Wichtig ist, dass so ein Test aussagekräftige und vergleichbare Ergebnisse ergibt. Das geschieht mit einem Standard der Weltgesundheitsorganisation WHO, der in BAU/ml angegeben wird (BAU = Binding Antibody Units).

Sichere Grenzwerte, ab welchem BAU/ml-Wert man noch als geschützt gilt, gibt es aber eben keine. Man kenne sie (noch) nicht, schreibt Watzl auf Twitter. Die Frage, ob man vor der Booster-Impfung die Antikörper bestimmen müsse, beantwortet er wie das RKI: „Nein.“

Gibt es denn Schätzungen zu den Grenzwerten?

Ja, das schon. Mit Blick auf Daten seines Labors und unter anderem aus Israel sagt etwa Bobrowski: Unter einem Wert von 21,8 BAU/ml sei kein messbarer Schutz durch Anti-Spike-Antikörper gegeben. Darüber folge jedoch ein großer Graubereich, wo man noch nicht so richtig wisse, wann der Schutz ausreichend gut ist.

„Nach meiner Einschätzung ist ein Wert von 500 so hoch, dass man nicht sofort eine Drittimpfung benötigt“, so der Laborarzt. Bei allem über 1000 BAU/ml könne man von einem guten Schutz sprechen.

Das deckt sich mit dem, was Carsten Watzl auf Twitter nach einem Blick auf die Studienlage zum Thema schreibt: „Antikörperwerte über 1000 BAU/ml scheinen mit recht gutem Schutz vor symptomatischer Infektion zu korrelieren.“ Korrelieren meint: In Beziehung stehen.

Ist es schlimm, wenn man trotz hohem Antikörperspiegel auffrischt?

Nein, stellt das RKI klar. Doch „fälschlicherweise“ nähmen viele Menschen an, dass bei einem hohen Antikörperspiegel im Körper durch die Grundimmunisierung keine Auffrischung verabreicht werden sollte.

Auch bei noch bestehender Immunität gebe es aber keine Sicherheitsbedenken mit Blick auf die Auffrischung. Der Schutz wird nur noch besser.

Und wenn die Werte des Tests sehr niedrig sind?

Bei der Diskussion um diese Grenzwerte gehe es um einen Schutz vor der symptomatischen Infektion, schreibt Immunologe Watzl. „Der Schutz vor schwerer Erkrankung kann immer noch hoch sein.“ Deshalb sein Rat: Keine Panik bei geringen Antikörperwerten, aber besser einen Booster-Termin vereinbaren.

Was kostet der Antikörpertest eigentlich?

Wie viel kosten Antikörpertests? 25 Euro sind noch ein angemessener Preis, doch viel teurer sollten sie nicht sein. Foto: Marijan Murat/dpa/dpa-tmn
Wie viel kosten Antikörpertests? 25 Euro sind noch ein angemessener Preis, doch viel teurer sollten sie nicht sein. Foto: Marijan Murat/dpa/dpa-tmn

Diese Tests sind in der Regel keine Kassenleistung. Die Kosten muss man also selbst tragen. Angemessen für Antikörpertests, bei denen die Wirkung schon erfolgter Impfungen gecheckt wird, sind gut 20 Euro.

Macht eine Mischung der Impfstoffe beim Boostern Sinn?

Ja, aber nicht immer in gleichem Maße. Aufgefrischt wird in Deutschland nur mit sogenannten mRNA-Impfstoffen. Konkret sind das die Vakzine von Biontech (Comirnaty) und Moderna (Spikevax).

Wer seine Grundimmunisierung mit einem der Vektorimpfstoffe von Astrazeneca oder Johnson & Johnson bekommen hat, erhält als Booster also ohnehin einen anderen Impfstofftyp, der dem Immunschutz dann laut bisher vorliegenden Daten einen enormen Schub bringt.

Sind die ersten beiden Impfungen mit einem mRNA-Impfstoff erfolgt, stellen sich nun aber vielen Menschen die Frage: Sollte ich hier beim dritten Pieks auf den anderen Hersteller wechseln – also zuerst Biontech und jetzt Moderna oder umgekehrt?

Hier zeigen Daten aus den USA, die als Preprint veröffentlicht wurden und auf die der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach auf Twitter hingewiesen hat: Eine Mischung – etwa Grundimmunisierung mit Biontech und Auffrischung mit Moderna – bringt tatsächlich kleine Unterschiede bei der Booster-Wirkung.

Aber sie sind eben klein: So lagen die Effekte auf den Antikörperspiegel bei der Kombination Biontech/Moderna im Mittel beim Faktor 17,3. Bei Biontech/Biontech waren es 14,9. Umgekehrt lagen sie bei Moderna/Biontech bei 9,7, bei Moderna/Moderna bei 7,9.

Es sei daher unerheblich, welchen mRNA-Impfstoff man für die Auffrischung nehme, ordnet Carsten Watzl mit Blick auf diese Daten auf Nachfrage ein. Zumal in dieser Studie Booster-Impfungen mit der vollen Dosis Moderna (100 Mikrogramm) gemacht worden seien. Für die Auffrischung in Deutschland solle aber die halbe Dosis (50 Mikrogramm) verwendet werden.

Damit würden die Unterschiede noch mal etwas kleiner oder sogar verschwinden, erklärt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt ohnehin, dass für die Auffrischungsimpfung der mRNA-Impfstoff benutzt werden sollte, der schon bei der Grundimmunisierung gespritzt wurde.

Dazu kommt, dass Moderna laut jüngster Empfehlung der Stiko für Menschen unter 30 Jahre nicht mehr zum Einsatz kommen soll. Wie die Daten zeigen, muss aber niemand Nachteile beim Booster-Effekt befürchten, wenn er oder sie ein drittes Mal Biontech bekommt.

Zum Vergleich: Gibt man mRNA-Geimpften zur Auffrischung den Impfstoff von Johnson & Johnson, liegt der Antikörper-Verstärkungseffekt laut dieser Studie im Mittel nur beim Faktor 6,2 (bei Kombination mit Biontech) oder 4,7 (Kombination mit Moderna).

Wer hingegen als erste Impfung das Vakzin von Johnson & Johnson bekommen hat, profitiert sehr von dem mRNA-Booster: Bei Biontech lag der Faktor bei 32,8, bei Moderna sogar bei 56,1.

Somit liefern auch diese Daten einen Beleg, warum es sinnvoll ist, eine Vektorimpfstoff-Grundimmunisierung mit einem mRNA-Impfstoff zu boostern. Der Abstand des Boosters zur Grundimmunisierung betrug in der Studie mindestens zwölf Wochen.

Muss man sechs Monate warten?

In Deutschland empfiehlt die Stiko in der Regel einen Abstand von sechs Monaten zwischen Grundimmunisierung und Auffrischung. Muss man so lange warten?

Theoretisch kann man auch schon eher impfen. Für immungesunde Menschen ist laut Watzl alles zwischen vier und acht Monaten „wohl okay“.

Menschen mit stark geschwächten Immunsystem können sich laut Empfehlung der Stiko schon nach 28 Tagen die dritte Dosis abholen. Dies gilt auch für alle, die als erste Impfung den Johnson & Johnson-Impfstoff bekommen haben.

© dpa-infocom, dpa:211111-99-960395/2

weiterführende Informationen:
➡️ Dashboard des Robert-Koch-Instituts
➡️ aktuelle Lageberichte des RKI
➡️ aktuelle Impfzahlen laut Robert Koch-Institut
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