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Fakten statt Fabeln: Was Statistiken über die Pandemie sagen

Särge mit Aufschrift „Corona“ und „SARS-CoV-2 positiv - Corona“ mit Verstorbenen in einem Krematorium in Giesen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Särge mit Aufschrift „Corona“ und „SARS-CoV-2 positiv - Corona“ mit Verstorbenen in einem Krematorium in Giesen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Es sind Fragen, die alle bewegen seit Beginn der Pandemie: Wie viele Menschen sterben „an“ und wie viele „mit“ Corona? Wer überlebt Covid-19 und wer nicht? Das Statistische Bundesamt hat die Zahlen.

Wiesbaden (dpa) – Corona hat in Deutschland zu einer Übersterblichkeit geführt, aber nicht zu mehr Suiziden. 70 Prozent der Covid-19-Toten 2020 war älter als 80 Jahre und vorerkrankt.

Jeder sechste Krankenhaus-Patient überlebte die Krankheit nicht. Und fast alle starben „an“ und nur wenige „mit“ Corona.

Das Statistische Bundesamt (Destatis) legte am Donnerstag eine ganze Reihe von Statistiken zur Corona-Pandemie vor. Für eine Bilanz der Pandemie sei es dennoch noch zu früh, sagte Destatis-Vizepräsident Christoph Unger in Wiesbaden. Zwar lieferten die Daten „einen faktenbasierten Überblick“, man müsse aber abwarten, wie sich die aktuelle vierte Welle entwickle.

Sterbefälle

„Von März 2020 bis Mitte November 2021 sind in Deutschland mehr Menschen verstorben, als unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung zu erwarten gewesen wäre“, sagte Unger. „Der Anstieg der Sterbefallzahlen ist nicht allein durch die Alterung der Bevölkerung erklärbar, sondern maßgeblich durch die Pandemie beeinflusst.“

2020 starben fünf Prozent mehr Menschen als 2019. Aufgrund der Alterung wäre nur ein Anstieg um zwei Prozent zu erwarten gewesen. Betrachtete man März 2020 bis Februar 2021 lag das Plus bei 7,5 Prozent, wie Felix zur Nieden, Referent für Demografische Analysen erklärte. Den größten Ausschlag gab es zum Jahreswechsel 2020/2021.

Todesursachen

Mit der Todesursachenstatistik 2020 sind erstmals Aussagen möglich, wer an und wer mit Corona gestorben ist. Karin Böhm, Leiterin der Gruppe Gesundheit und Soziales, nannte die Zahlen: 39 758 Menschen starben im vergangenen Jahr an Covid-19 als Grundleiden – 8102 mit Covid-19 als Begleiterkrankung. Die Differenz zu den etwas niedrigeren Todesfallzahlen des Robert-Koch-Instituts liegt Böhm zufolge „an den unterschiedlichen Meldesystemen“.

Da auf den Totenscheinen auch Vorerkrankungen erfasst werden, lässt die Todesursachenstatistik erstmals auch genaue Rückschlüsse auf die Vorerkrankungen der Corona-Toten zu. Am häufigsten waren das Bluthochdruck (21 Prozent), Demenz (20 Prozent), Niereninsuffizienz (16 Prozent) und Diabetes mellitus (16 Prozent).

Alter und Geschlecht der Toten

70 Prozent der Covid-19-Toten waren 80 Jahre oder älter, das Durchschnittsalter der Todesopfer der Pandemie lag bei 82,2 Jahren, wie Karin Böhm erläuterte. 19 Prozent der Todesopfer waren zwischen 70 und 79 Jahre alt, 7 Prozent zwischen 60 und 69 Jahre. Nur 3 Prozent der Toten waren jünger als 60 Jahre.

Männer waren etwas häufiger betroffen als Frauen, wobei diese Relation je nach Altersgruppe schwankt: Besonders unter den jüngeren Todesopfern waren besonders viele Männer. Im Durchschnitt über alle Altersgruppen waren 52,7 Prozent der Todesopfer männlich.

Krankenhausaufenthalte

176.000 Menschen wurden 2020 mit oder wegen Corona im Krankenhaus behandelt. Ein Fünftel (36.900) davon lag auf der Intensivstation. Von denen wiederum mussten über 58 Prozent (21.400) künstlich beatmet werden. „Ihre durchschnittliche Beatmungsdauer lag bei 254 Stunden, also bei fast elf Tagen“, erklärte Torsten Schelhase, Leiter des Referats Gesundheitsstatistiken.

78 Prozent der Covid-19-Patienten wurden als Notfall in die Klinik eingewiesen. Die Covid-Patienten lagen Schelhase zufolge durchschnittlich 11 Tage im Krankenhaus und 14 Tage auf Intensivstationen. Das Durchschnittsalter der Covid-Patienten im Krankenhaus lag bei 67 Jahren. Mehr als jeder sechste von ihnen starb: 31 600 Menschen. Ihr Durchschnittsalter lag bei 80,3 Jahren.

Auswirkungen im Krankenhaus

Die Krankenhausstatistik gibt auch Aufschluss über die Folgen der Pandemie für andere Patienten. So gab es 2020 in Deutschland 13 Prozent weniger Krankenhausbehandlungen als im Vorjahr. „So niedrig waren die Fallzahlen zuletzt im Jahr 2006“, sagte Schelhase. Die Zahl der Operationen ging um knapp zehn Prozent zurück, „so wenige wie zuletzt im Jahr 2005“.

In der ersten Welle, als planbare OPs verschoben wurden, um Betten frei zu halten, waren es 35 Prozent weniger Krankenhausaufenthalte und 37 Prozent weniger Operationen. Infektions- und Atemwegskrankheiten gingen aufgrund der Schutzmaßnahmen zurück, Lungenentzündungen jedoch nahmen um fünf Prozent zu. Schelhase zufolge ist das „fast ausschließlich auf die Pandemie zurückzuführen“.

Auswirkungen auf die Psyche

Stationäre Behandlungen wegen psychischer und psychiatrischer Erkrankungen gingen Schelhase zufolge 2020 um 19,6 beziehungsweise 10,2 Prozent zurück. „Im Vergleich zu den Vorjahren gab es 2020 keinen auffälligen Anstieg der Zahl der Suizide“ sagte Karin Böhm, die Leiterin der Gruppe Gesundheit und Soziales. 9206 Menschen beendeten ihr Leben. „Das ist der zweitniedrigsten Wert seit 1980.“

© dpa-infocom, dpa:211209-99-316550/3

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