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IOC-Chef Thomas Bach beschwört in Hiroshima Olympischen Frieden

IOC-Präsident Thomas Bach legt während seines Besuchs einen Kranz in Hiroshima nieder. Foto: Eugene Hoshiko/Pool AP/dpa
IOC-Präsident Thomas Bach legt während seines Besuchs einen Kranz in Hiroshima nieder. Foto: Eugene Hoshiko/Pool AP/dpa

Der Countdown für die Olympischen Spiele in Tokio läuft. Doch eine Woche vor der Eröffnung der umstrittenen Pandemie-Spiele halten sich in Japans Bevölkerung Skepsis und Ablehnung.

IOC-Präsident Thomas Bach ruft in Hiroshima zu Solidarität in der Welt auf, doch ungetrübt ist der Olympische Frieden eine Woche vor Beginn der Corona-Spiele in Japan nicht.

„Ohne Solidarität gibt es keinen Frieden“, sagte der 67-jährige Deutsche im Friedenspark von Hiroshima, wo er am Freitag einen Kranz niederlegte und für Opfer des Atombombenabwurfs 1945 eine Schweigeminute hielt.

Die Olympischen Spiele würden ein „Leuchtturm der Hoffnung auf eine bessere und friedlichere Zukunft“ werden, sagte Bach. Doch konnten seine Worte nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Japaner frustriert sind, wie das IOC trotz der Corona-Pandemie und breiter Ablehnung im Volk die Spiele durchzieht.

Weiter Proteste und Kritik an Bach

Eine Online-Petition gegen den Hiroshima-Besuch von Thomas Bach unterzeichneten mehr als 70.000 Menschen. Dass die Spiele trotz der Pandemie abgehalten würden, sei eine „Missachtung der Gesundheit und des Lebens der Menschen und zeigt, dass die Spiele kein „Fest des Friedens“ sind“, heißt es darin.

Eine Bürgergruppe hatte Thomas Bach vorgeworfen, Hiroshimas Rolle als Botschafter des Weltfriedens zu missbrauchen und die Regierung zur Absage des Besuchs aufgefordert.

Thomas Bach, der von Japans Organisationschefin Seiko Hashimoto begleitet wurde, verteidigte indes seinen Besuch, für den vor Ort ähnlich abgesperrt wurde wie beim Besuch des Papstes 2019. In der Ferne waren vereinzelt Stimmen zu hören, Bach sei „nicht willkommen“.

„Wir haben nichts mit Politik zu tun, wir werden diesen Besuch nicht politisieren“, versicherte Thomas Bach vor seiner Abreise. Er wolle mit seinem Besuch den ersten Tag des Olympischen Friedens würdigen und knüpfe an eine 3000 Jahre alte Tradition an, sagte der deutsche IOC-Chef.

Zeitgleich reiste der Chef der Koordinierungskommission des IOC, John Coates, nach Nagasaki im Süden Japans und stattete dem dortigen Atombombenmuseum und der Friedens-Gedächtnishalle einen Besuch ab.

Mehrheit der Japaner skeptisch

Die Spiele werden am 23. Juli eröffnet. Eine Mehrheit der Japaner hält die Corona-Maßnahmen für die zehntausenden Teilnehmer jedoch für unzureichend.

In einer Umfrage der Nachrichtenagentur Jiji Press erklärten 66,7 Prozent der Befragten, die Schutzmaßnahmen seien „nicht ausreichend“. Nur 12,7 Prozent finden sie ausreichend.

Die Zeitung Asahi Shimbun, einer der Sponsoren der Spiele, berichtete von „Chaos“ auf Flughäfen unter den Mitarbeitern, die versuchten, olympische Delegationen zu führen. Auch in Hotels gebe es Probleme bei der Durchsetzung der Verhaltensregeln für Olympia-Teilnehmer.

Es sei bereits eine Woche vor Beginn der Spiele „offensichtlich“ geworden, dass die Pläne der Organisatoren zur Trennung von Olympia-Teilnehmern und der allgemeinen Bevölkerung „kläglich gescheitert“ seien, so das Blatt.

Die „Blase“, in der sich die Athleten und ihre Bezugspersonen eigentlich befinden sollen, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern, sei „bereits geplatzt“, hieß es.

Athlet aus Uganda vermisst

Ein eingereister Athlet aus Uganda wurde am Freitag als vermisst gemeldet. Dabei handelt es sich um den 20-jährigen Gewichtheber Julius Ssekitoleko.

Wie die Chefin der Delegation aus Uganda, Beatrice Ayikoru, am Freitag laut japanischen Medien erklärte, habe der Gewichtheber die Qualifikation für die Spiele verpasst und sollte am Dienstag nach Hause fliegen. Man werde bei Suche nach dem Mann mit den lokalen Behörden in Izumisano in der westlichen Präfektur Osaka kooperieren. Dort ist das Trainingslager.

Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga bekräftigte derweil, „sichere“ Spiele zu realisieren. „Um das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, werden gründliche Maßnahmen gegen eine Ausbreitung des Coronavirus ergriffen“, versicherte Suga auf einer Sitzung der mit Olympia beauftragten Mitglieder seiner Regierung.

In einem Interview der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo drückte Suga seine Hoffnung aus, dass sich die Coronalage soweit verbessert, dass doch noch Zuschauer bei den Spielen zugelassen werden könnten.

Eine Absage der Olympischen Spiele sei niemals als eine Option erwogen worden. Zuvor soll IOC-Chef Bach bei einem Treffen mit Suga laut Kyodo gesagt haben, Japan möge bei verbesserter Coronalage Zuschauer erlauben.

Tokio im Notstand

Tokio befindet sich auch für die gesamte Dauer der Spiele erneut in einem Notstand, da die Corona-Infektionen wieder deutlich steigen.

Am Freitag meldete die Hauptstadt des Landes 1271 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden und damit am dritten Tag in Folge mehr als 1000 Fälle. Am Vortag waren 1308 Neuinfektionen registriert worden, so viele wie seit einem halben Jahr nicht mehr. Viele Japaner fürchten, dass die Spiele zu einem Superspreader-Ereignis werden.

Japan will nach Medienberichten Athleten bei den Spielen auch dann die Starterlaubnis geben, wenn sie wegen engen Kontakts mit Corona-
Infizierten in Quarantäne sind, sofern sie kurz vorher negativ getestet werden. Regierung und Organisatoren planten PCR-Tests bei betroffenen Athleten rund sechs Stunden vor den Wettkampfstarts.

Zum Schutz der Spiele mobilisiert Gastgeber Japan eine Rekordzahl von fast 60.000 Polizisten, wie die nationale Polizeibehörde am Freitag bekanntgab. So viele Polizisten hat Japan bisher noch bei keiner Veranstaltung mobilisiert, und das, obwohl Zuschauer wegen der Corona-Krise von nahezu allen Wettkämpfen ausgeschlossen wurden. Japans Polizei stellt sich nicht nur auf Terrorismus ein, sondern nimmt auch die Gefahr durch Cyber-Angriffe ernst.

© dpa-infocom, dpa:210716-99-402607/6



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