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Klauseln, Leihen, Ablösen: Die neue Trainer-Welt im Fußball

Konnte dank entsprechender Vertragsklausel Gladbach Richtung BVB verlassen: Trainer Marco Rose. Foto: Matthias Balk/dpa
Konnte dank entsprechender Vertragsklausel Gladbach Richtung BVB verlassen: Trainer Marco Rose. Foto: Matthias Balk/dpa

Trainer sind längst nicht mehr anders als Spieler. Auch sie gestalten ihre Verträge so, dass sie gehen können, wenn sie wollen. So wie Marco Rose in Gladbach. Ein Trend, der zum Standard werden dürfte.

5843 – so viele Tage am Stück war Volker Finke Trainer beim SC Freiburg. Die Verträge verlängerte Finke mit Präsident Achim Stocker immer per Handschlag. „Ich habe seit Jahren keinen schriftlichen Vertrag mehr“, sagte Finke einmal dem Spiegel.

Eine Ausstiegsklausel im Vertrag? Zu damaliger Zeit undenkbar. Heute gehören solche Klauseln dagegen zum Alltag. Marco Rose hatte eine und zieht dank ihr nach nur zwei Jahren in Gladbach weiter nach Dortmund.

Was den Traditionsclub am Niederrhein fast in seinen Grundfesten erschütterte, da konnte Sportdirektor Max Eberl noch so oft betonen, das Ganze sei ein ganz normaler Vorgang im Fußball-Geschäft.

Womit Eberl jedoch recht hat, denn die Zeiten, in denen Trennungen meist von Vereinsseite ausgingen, sind lange vorbei. Inzwischen stehen auch in den Verträgen der Trainer nicht mehr nur Laufzeit und Gehalt. Ausstiegsklauseln und fest geschriebene Ablösesummen sind inzwischen auch bei den Coaches fester Bestandteil – ob man das nun mag oder nicht.

Ein Trend

„Das ist ein Trend, der nicht aufzuhalten sein wird“, sagte Lutz Hangartner, Präsident des Bundes Deutscher Fußball-Lehrer, der Deutschen Presse-Agentur. „Ob man das gut oder schlecht findet, ist eine andere Frage.“

Wie die Spieler verfolgen auch die Übungsleiter inzwischen immer öfter konkrete Karriereplanungen. „Den nächsten Schritt gehen“ – das liest man immer wieder, wenn ein Profi seinen Verein zu einem vermeintlichen bessern Club verlässt. „Den nächsten Schritt gehen“ – das ist inzwischen auch bei Trainern üblich.

Marco Rose ging von Salzburg nach Gladbach, um nach erfolgreichen Jahren in Österreich auch in der deutschen Bundesliga zu zeigen, was zu leisten er im Stande ist. Dem ersten Schritt auf der Karriereleiter folgt jetzt der zweite. Von Gladbach geht es zur zumindest finanziell nach wie vor besser ausgestatteten Borussia nach Dortmund. „Ohne die Klausel hätten wir Marco Rose damals nicht bekommen“, sagte Max Eberl.

Rose, der für seine Entscheidung in Gladbach viel Kritik einstecken musste, ist mit einer solchen Vertragsgestaltung längst kein Einzelfall mehr. Auch Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner soll eine Ausstiegsklausel im Vertrag haben, der Niederländer Ronald Koeman hatte sogar eine FC-Barcelona-Klausel, dank der er sein Amt als Bondscoach gegen das beim spanischen Weltclub eintauschen konnte.

Hitzfeld kritisiert Entwicklung

„Trainer haben inzwischen wie Spieler überwiegend auch Berater, die für sie die Verhandlungen führen und sicherlich auch ein Interesse daran haben, dass ihre Klienten den Verein wechseln“, sagte Hangartner.

Die Situation von Spielern und Trainern unterscheidet sich laut dem 77-Jährigen kaum noch. Eine verletzte Vorbildrolle der Trainer sieht er dadurch aber nicht. „Das ist einfach die Zeit, der Fußball ist auch nur ein Spiegelbild der Gesellschaft.“

Das sieht Ottmar Hitzfeld anders. Dem Meistertrainer von Borussia Dortmund und Bayern München gefällt die Entwicklung überhaupt nicht. „Ich finde diese Klauseln nicht gut. Ich selbst hatte nie welche“, sagte Hitzfeld der Abendzeitung. „Meine Philosophie war immer: Wenn man einen Vertrag unterschreibt, dann sollte man dazu stehen. Ein Trainer ist ja auch ein Vorbild.“

Doch damit steht der einstiege Gentlemen der Trainergilde inzwischen recht alleine da. „Ich hatte auch ein paar Mal in meiner Karriere eine Ausstiegsklausel im Kontrakt. Das ist Teil des Geschäfts“, sagte Dieter Hecking der Rheinischen Post. Auch der gerade in Leverkusen entlassene Peter Bosz sieht nichts Anrüchiges in solchen Klauseln. „Wenn man das miteinander verabredet, dann ist das halt so“, sagte der Niederländer.

DFB-Leihe in Leverkusen

Auf Peter Bosz folgt in Leverkusen Hannes Wolf, der noch einmal mit einer ganz anderen Variante geholt wurde. Wolf, beim Deutschen Fußball-Bund als Nachwuchstrainer angestellt, wurde vom Bundesligisten erst einmal nur bis zum Saisonende ausgeliehen.

Ist Wolf mit Bayer erfolgreich, stehen die Chancen gut, dass Bayer ihn gegen Zahlung einer Ablöse mit einem längerfristigen Vertrag ausstattet. Bekommt der 39-Jährige mit den Rheinländern nicht die Kurve, kehrt er zum Verband zurück und Bayer holt einen anderen Trainer.

„Es war eine Frage der Zeit, bis dieses Modell auch bei den Trainern auftaucht“, kommentiert Lutz Hangartner, Präsident des Bundes Deutscher Fußball-Lehrer, diese Entwicklung.

© dpa-infocom, dpa:210325-99-965056/2



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