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Mark Hauptmann: Zweiter Unions-Abgeordneter legt Mandat nieder

Der Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann legt nach Lobbyismus-Vorwürfen sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder. Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa
Der Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann legt nach Lobbyismus-Vorwürfen sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder. Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa

Vor den Landtagswahlen am Sonntag versucht die Unionsspitze, den Ärger ihrer Anhänger über Korruptionsvorwürfe mit hartem Durchgreifen zu dämpfen. Ob das so rasch Wirkung zeigt?

Nach Lobbyismus-Vorwürfen hat mit dem Thüringer CDU-Politiker Mark Hauptmann ein zweiter Unionsabgeordneter innerhalb weniger Tage sein Bundestagsmandat niedergelegt.

Mark Hauptmann sagte der Welt, er wolle damit einen Schlussstrich ziehen. „Die Anfeindungen gegenüber meiner Person sind zu groß geworden. Ich möchte meine Familie schützen.“

Der 36-Jährige war nach mehreren Medienberichten über Lobbyismus-Vorwürfe in die Kritik geraten. In dem „Welt“-Interview sprach Hauptmann von „Falschdarstellungen, Verkürzungen und Verzerrung von Fakten“.

Laut einem „Spiegel“-Bericht geht es unter anderem um Werbeanzeigen für Tourismus-Aufenthalte in der autoritär regierten einstigen Sowjetrepublik Aserbaidschan im „Südthüringen Kurier“, den Mark Hauptmann herausgibt.

Im Interview mit der Welt bestreitet Mark Hauptmann, Geld von ausländischen Stellen angenommen zu haben. „Ich habe nie Geld bekommen, und es gab nie eine Einflussnahme auf mein politisches Handeln“, sagte er. Hauptmann bestreitet auf eine Frage auch, für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken eine Provision erhalten zu haben.

Zweiter Rücktritt in Unionsfraktion

Der ehemalige stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Georg Nüßlein ist mittlerweile aus der CSU ausgetreten. Foto: Soeren Stache/zb/dpa/Archiv
Der ehemalige stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Georg Nüßlein ist mittlerweile aus der CSU ausgetreten. Foto: Soeren Stache/zb/dpa/Archiv

Kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an diesem Sonntag kommen den Partei- und Fraktionsspitzen der Union die Vorwürfe gegen Abgeordnete denkbar ungelegen.

In der Maskenaffäre läuft diesen Freitag (18.00 Uhr) die Frist an die Abgeordneten zur Abgabe einer Art Ehrenerklärung ab. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatten die 245 Parlamentarier von CDU und CSU am Mittwoch aufgefordert, bis zu diesem Zeitpunkt zu erklären, dass sie keine finanziellen Vorteile im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie erzielt hätten – weder direkt noch über Gesellschaften.

In Unionskreisen hieß es, Brinkhaus habe auch im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen Mark Hauptmann mehrfach auf den Abgeordneten eingewirkt, damit dieser Konsequenzen ziehe. Brinkhaus und Dobrindt hatten in einer Mail an die Abgeordneten wegen der Maskenaffäre geschrieben, wegen der Vorgänge um die Abgeordneten Georg Nüßlein (bisher CSU) und Nikolas Löbel (bisher CDU) sei man in der Verantwortung, „solche Sachverhalte vollkommen transparent darzustellen und aufzuklären“.

Gegen Georg Nüßlein ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit. Nikolas Löbel hatte eingeräumt, dass seine Firma Provisionen von rund 250.000 Euro für das Vermitteln von Kaufverträgen für Corona-Schutzmasken erhalten hatte. Bei ihm prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein hinreichender Anfangsverdacht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegeben ist.

Beide Politiker haben inzwischen ihre jeweilige Partei verlassen. Nikolas Löbel hat sein Bundestagsmandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Georg Nüßlein will im Herbst nicht mehr für den Bundestag kandidieren.

Laschet: Kein Vergleich zu Spendenaffäre

Das gemeinsame Logo der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Foto: Michael Kappeler/dpa
Das gemeinsame Logo der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Foto: Michael Kappeler/dpa

CDU-Chef Armin Laschet wies Vergleiche der Maskenaffäre mit der Spendenaffäre von Ex-Kanzler Helmut Kohl zurück.

„Das ist doch absurd“, sagte er bei einer Online-Veranstaltung des „Handelsblatts“. Die aktuellen Fälle, bei denen Abgeordnete „in einer medizinischen Notlage Geschäfte gemacht“ hätten, hätten „Nullkommanull“ damit zu tun, dass „ein CDU-Parteivorsitzender, der auch Bundeskanzler war“ bestimmte Spenden nicht ordnungsgemäß verbucht habe.

Helmut Kohl hatte nach seiner Amtszeit eingeräumt, über Jahre Spenden an die CDU von mehr als zwei Millionen D-Mark nicht im Rechenschaftsbericht angegeben zu haben. Er lehnte es ab, die Namen der Spender öffentlich zu nennen, weil er ihnen sein Ehrenwort gegeben habe.

Armin Laschet kritisierte Georg Nüßlein und Nikolas Löbel scharf. Eine so niedrige moralische Hemmschwelle, so etwas zu tun, habe er sich nicht vorstellen können. Weitere Fälle könne er nicht ausschließen. „Ich kann aber ausschließen, dass die CDU Deutschlands, dass die Führung, dass 400.000 Mitglieder irgendetwas mit diesen krummen Wegen von einigen Kollegen zu tun haben“, sagte Laschet.

Bei den Korruptionsermittlungen gegen Georg Nüßlein gibt es einen dritten Beschuldigten. Nach Angaben der Münchner Generalstaatsanwaltschaft handelt es sich dabei um keinen Politiker. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll es sich bei dem weiteren Beschuldigten um einen Geschäftsmann handeln.

Transparency International: Nachholbedarf

FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte dem „Spiegel“, die Unionsabgeordneten hätten „nicht nur ihrer Partei geschadet, sondern der Politik insgesamt“.

Der SPD-Politiker Ralf Stegner forderte ein Verbot bezahlter Lobbyarbeit für Abgeordnete in Bund und Ländern. Das Mandat müsse für die Parlamentarier im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen, sagte der schleswig-holsteinische SPD-Landtagsfraktionschef und langjährige Bundesvize der dpa.

Nach einer Untersuchung von Transparency International Deutschland sind die Transparenzregeln für den politischen Betrieb in den Bundesländern noch schwächer als auf Bundesebene. Lediglich Thüringen schnitt im Vergleich der Vorgaben besser ab.

„Oft sind gar keine Regeln vorhanden oder von schlechter Qualität“, erklärte Wolfgang Jäckle von Transparency in Berlin. „Um die Nachvollziehbarkeit politischen Handelns und damit das Vertrauen in politische Entscheidungen zu stärken, besteht hier dringender Nachholbedarf!“

Für den Vergleich hat die Organisation vier Bereiche abgeklopft. So prüfte Transparency, ob es ein verpflichtendes Lobbyregister gibt, ob mittels eines „legislativen Fußabdrucks“ öffentlich gemacht wird, welche Interessenvertreter mit ihren Ideen Einfluss auf welche Gesetze genommen haben, welche Fristen für den Wechsel aus Regierungsämtern in die Wirtschaft gelten (Karenzzeit) und welche Verhaltensregeln für Abgeordnete es gibt.

© dpa-infocom, dpa:210311-99-776317/5

Beachten Sie auch, News zur Maskenaffäre vom 8. März 2021:


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