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G20-Gipfel wird von zwei Topthemen dominiert

Angela Merkel begrüßt Spaniens Regierungschef Sanchez. Foto: Erin Schaff/The New York Times/AP/dpa
Angela Merkel begrüßt Spaniens Regierungschef Sanchez. Foto: Erin Schaff/The New York Times/AP/dpa

Wer hat hier jetzt eigentlich das Sagen? Das wird sich vielleicht der eine oder andere Gesprächspartner von Noch-Kanzlerin Merkel und wohl Bald-Kanzler Scholz beim G20-Gipfel fragen. Inhaltlich gibt es zwei Topthemen.

Die wichtigsten Wirtschaftsmächte wollen den Kampf gegen die Corona-Pandemie in ärmeren Ländern stärker unterstützen.

Zum Auftakt des letzten G20-Gipfels mit Kanzlerin Angela Merkel stellte sich der italienische Ministerpräsident Mario Draghi als Vorsitzender der Staatengruppe am Samstag hinter das Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, bis Mitte 2022 70 Prozent der Bevölkerung aller Länder der Welt gegen das gefährliche Virus impfen zu lassen.

Man nähere sich jetzt schon dem Ziel, bis Ende Dezember 40 Prozent der Menschen zumindest eine Impfdosis zu geben. „Nun müssen wir alles tun, um bis Mitte 2022 70 Prozent zu erreichen.“

Draghi kritisierte die großen Unterschiede bei den Impffortschritten. Während in reichen Staaten rund 70 Prozent der Einwohner mindestens einmal geimpft seien, falle die Quote bei den ärmsten Ländern auf drei Prozent. Diese Unterschiede seien „moralisch nicht akzeptabel“ und würden den weltweiten Kampf gegen die Pandemie untergraben.

Die Gesundheits- und Finanzminister der G20 hatten sich bereits bei ihrem Treffen am Freitag hinter das 70-Prozent-Ziel gestellt. Unklar ist aber, was die wirtschaftsstarken Industrie- und Schwellenländer genau tun wollen, um dieses Ziel zu erreichen. Nach WHO-Angaben sind aktuell 48,7 Prozent der Weltbevölkerung mindestens einmal geimpft. Das von der Universität Oxford unterstützte Statistik-Portal „Our World in Data“ gibt die Zahl der vollständigen Impfungen mit 38 Prozent der Weltbevölkerung an.

Deutschland im Duett: Scholz sitzt hinter Merkel

Die nur noch geschäftsführende Kanzlerin nahm zusammen mit ihrem Finanzminister und wahrscheinlichen Nachfolger Olaf Scholz (SPD) an der Konferenz der wichtigsten Wirtschaftsmächte teil.

Die beiden haben sich vorgenommen, Kontinuität in der deutschen Außenpolitik nach dem bevorstehenden Regierungswechsel zu demonstrieren.

Protokollarisch war aber alles wie immer bei den G20-Gipfeln: Merkel saß zusammen mit den Staats- und Regierungschefs am ovalen Verhandlungstisch, die Finanzminister und damit auch Scholz nahmen dahinter an Einzeltischen Platz. Am Samstagnachmittag wollten sich die beiden zusammen mit US-Präsident Joe Biden treffen, der zum ersten Mal an einem Präsenzgipfel der G20 teilnimmt.

Xi und Putin fehlen in Rom

Zwei wichtige Staatschefs fehlen in Rom: Der chinesische Präsident Xi Jinping und der russische Präsident Wladimir Putin reisten wegen der Corona-Pandemie nicht an.

Vor allem für das zweite Hauptthema Klimaschutz ist das nicht ganz unproblematisch: China ist der größte Produzent von klimaschädlichen Treibhausgasen. Xi und Putin wollen sich aber immerhin per Video zuschalten.

Insgesamt ist die G20 für mehr als drei Viertel der Emissionen verantwortlich. Über neue Zusagen im Kampf gegen die Erderwärmung gibt es weiter Uneinigkeit. Beim Gipfel ist der Klimaschutz erst am Sonntag Topthema.

Parallel beginnt im schottischen Glasgow die Weltklimakonferenz, bei der es darum geht, wie das 2015 im Pariser Klimaabkommen formulierte Ziel erreicht werden kann, die gefährliche Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Biden berät mit Europäern über Atomabkommen mit Iran

US-Präsident Biden ist bereits seit Donnerstag in Rom und traf sich mit Papst Franziskus und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Am Samstagnachmittag standen Beratungen mit Merkel, Macron und dem britischen Premierminister Boris Johnson über das Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe auf dem Programm.

Bidens Vorgänger Trump war aus dem Abkommen ausgestiegen, während die drei europäischen Länder es zu retten versuchten. Die Amerikaner sind unter Biden von der ganz harten Trump-Linie abgerückt.

Nach Abgang Merkels wohl keine Frau mehr an Spitze eines G20-Staats

Die G20 vereint knapp zwei Drittel der Weltbevölkerung und vier Fünftel der weltweiten Wirtschaftskraft.

Nach dem Ausscheiden Merkels wird es voraussichtlich zunächst keine Frau mehr an der Spitze eines Staates der „Gruppe der 20“ geben. Ihr gehören 19 Länder an, die abgesehen von Deutschland derzeit alle von Männern geführt werden. Weil auch die Europäische Union G20-Mitglied ist, nimmt mit Ursula von der Leyen neben Merkel trotzdem eine weitere Frau am Gipfel in Rom teil.

Merkel wird bei ihrem letzten Gipfel auch von ihrem Ehemann Joachim Sauer begleitet. Er nahm am Partnerprogramm teil, das unter anderem einen Besuch im Kolosseum vorsah.

Mehr als 10 000 Kräfte sichern den Gipfel

Vor Beginn des G20-Gipfels räumte die Polizei in der italienischen Hauptstadt eine Blockade einiger Dutzend Klima-Aktivisten.

Die Demonstranten hatten sich am Samstagmorgen auf die Fahrbahn einer mehrspurigen Straße nahe des Umweltministeriums gesetzt, wie die Polizei auf Nachfrage bestätigte. Die Straße führt zum Veranstaltungsort des Gipfeltreffens der 20 wichtigsten Wirtschaftsmächte.

Der Gipfel wird von 8000 bis 9000 Polizisten gesichert. Rund 2000 Soldaten bewachen außerdem wichtige Gebäude, Sehenswürdigkeiten, Botschaften und Ministerien. Am Freitag kam es bereits zu kleineren Protesten für eine gerechtere Verteilung von Impfstoffen und eine Schulreform in Italien.

Am Samstagnachmittag will die Kommunistische Partei unweit des Kolosseums gegen Ministerpräsident Mario Draghi demonstrieren. Zudem ist eine Demonstration von Klimaaktivisten, darunter Fridays for Future, geplant. Erwartet werden nach Medienberichten etwa 5000 Teilnehmer.

© dpa-infocom, dpa:211028-99-778077/7



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