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Parteiinterner Streit: Investitionspakete von Joe Biden wackeln in USA

Joe Biden mit der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, im Kapitol. Im Ringen mit den Demokraten um seine geplanten großen Investitionspakete hat der US-Präsident die Öffentlichkeit auf eine möglicherweise längere Hängepartie eingestimmt. Foto: Susan Walsh/AP/dpa
Joe Biden mit der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, im Kapitol. Im Ringen mit den Demokraten um seine geplanten großen Investitionspakete hat der US-Präsident die Öffentlichkeit auf eine möglicherweise längere Hängepartie eingestimmt. Foto: Susan Walsh/AP/dpa

US-Präsident Joe Biden läuft Gefahr, seine ehrgeizigen Ziele zu verfehlen. Eigentlich haben die Demokraten eine Mehrheit für zwei riesige Investitionspakete – doch interner Streit bremst sie aus.

Im parteiinternen Ringen der Demokraten um zwei geplante große Investitionspakete von US-Präsident Joe Biden zieht sich Hängepartie weiter hin. Es werde mehr Zeit benötigt, kündigte Nancy Pelosi, die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, am Freitagabend an.

Eigene Partei im Weg

Joe Biden kämpft darum, zwei zentrale Vorhaben seiner Amtszeit im Kongress durchzusetzen: ein großes Paket für Investitionen in die Infrastruktur des Landes und ein zweites gewaltiges Paket mit Investitionen für Soziales.

Dabei steht ihm ausgerechnet seine eigene Partei im Weg. Der Flügelkampf der Demokraten gefährdet seine innenpolitische Agenda. Eine mögliche Abstimmung über das Infrastrukturpaket blieb nun erneut aus.

Beide Vorhaben wackeln angesichts der internen Streitigkeiten. Eigentlich sollte es bereits am Montag zu einer Abstimmung über das kleinere Infrastrukturpaket kommen – diese wurde dann wegen Auseinandersetzungen verschiedener Flügel von Bidens Partei immer wieder verschoben.

Es komme nicht darauf an, wann es zu einer Einigung komme, sagte Joe Biden am Freitag nach einem Besuch in der demokratischen Fraktion im US-Repräsentantenhaus und gab sich zugleich siegesgewiss. „Es ist egal, ob es in sechs Minuten, sechs Tagen oder sechs Wochen ist. Wir werden es schaffen“, so Biden mit Blick auf die Abstimmung. „Wir werden für das amerikanische Volk liefern“, versprach er später via Twitter.

3,5 Billionen für Infrastruktur

Das kleinere Paket mit klassischen Infrastrukturinvestitionen, mit dem Straßen, Brücken sowie andere Verkehrs- und Energienetze in den USA modernisiert werden sollen, hatte im August bereits den Senat passiert – mit Unterstützung von Republikanern.

Vorgesehen sind über die nächsten Jahre verteilt rund 550 Milliarden US-Dollar an neuen Investitionen in die Infrastruktur. Insgesamt, inklusive schon vorher veranschlagter Mittel, hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion Dollar. Es fehlt aber noch das abschließende Votum im Repräsentantenhaus. Eigentlich hätten die Demokraten genug Stimmen, um das Paket zu verabschieden – allerdings nur ganz knapp.

Dass die Zustimmung für das Infrastrukturpaket wackelt, liegt an schweren Auseinandersetzung innerhalb der Demokratischen Partei über ein zweites, noch größeres Investitionspaket, das einen Ausbau der Sozialleistungen im Land vorsieht.

Joe Biden will zum Beispiel mehr in Bildung und Kinderbetreuung investieren, Familien mehr unterstützen und sie steuerlich entlasten und zugleich Geld für den Kampf gegen die Klimakrise in die Hand nehmen. Dieses Paket hat seinen Plänen zufolge einen Umfang von 3,5 Billionen Dollar, ebenfalls verteilt über mehrere Jahre.

Jede Stimme zählt

Gegen dieses zweite Paket haben sich die Republikaner rigoros gesperrt. Daher wollen die Demokraten es mit Hilfe eines parlamentarischen Sonderverfahrens aus eigener Kraft durch den Kongress bringen.

Sie haben in beiden Kammern aber nur sehr knappe Mehrheiten. Das heißt: Jede Stimme zählt. Einige moderate Demokraten sehen die hohen Ausgaben allerdings kritisch, während sich einige progressive Demokraten noch mehr gewünscht hätten.

Die Progressiven drohen damit, das kleinere Infrastrukturpaket zu blockieren, sofern nicht zugleich das größere zweite Paket gesichert ist. Würde es also zu einer Abstimmung über das kleinere Paket kommen, bevor es zu einer Einigung über das große Vorhaben gekommen ist, könnten die progressiven Demokraten das Infrastrukturpaket durchfallen lassen.

Dieses Risiko will Nancy Pelosi nicht eingehen – und konnte daher bisher ihre eigenen Zusagen für den Termin des Votums nicht einhalten. Eine mögliche Abstimmung darüber blieb nun auch am Freitagabend aus – das Repräsentantenhaus wollte nun erst am Dienstag wieder zusammenkommen.

Pelosi: „Klarheit und Konsens“

Pelosi erklärte schließlich, dass über das Infrastrukturpaket erst abgestimmt werde, wenn es eine Lösung über das große Sozialpaket gebe. Man bemühe sich um „Klarheit und Konsens“.

Es seien zwar „große Fortschritte“ erzielt worden, doch diese reichten für eine Einigung noch nicht aus. Das Repräsentantenhaus verlängerte am Freitagabend lediglich vorübergehend bereits ausgelaufene Verkehrsprogramme, die eigentlich mit dem Infrastrukturpaket zusammenhängen. So soll Zwangsurlaub von Tausenden Mitarbeitern im Transportbereich verhindert werden. Eine Zustimmung des Senats stand noch aus.

Joe Biden hat sich selbst intensiv in die Verhandlungen eingeschaltet, um die Pläne durchzusetzen. Dass er sich am Freitag eigens zum Kongresssitz begab, um dort mit demokratischen Abgeordneten zu sprechen, zeigt seine intensive Bemühungen, die beiden Kernanliegen seiner Amtszeit zu retten.

Besuche des Präsidenten im US-Kapitol sind eher rar. Besonders prominente Gegner des großen 3,5-Billionen-Pakets sind die Abgeordneten Joe Manchin und Kyrsten Sinema. Manchin hatte am Donnerstag ins Spiel gebracht, das Vorhaben auf 1,5 Billionen Dollar zu reduzieren. Progressive finden das aber unzureichend.

Progressiver Flügel verhandlungsbereit

Medien berichteten nach Bidens Besuch im Kongress, dass die Summe für das Vorhaben aber reduziert werden müsse, um eine Lösung zu finden. Unterschiedliche Summen stünden dabei im Raum – etwa rund zwei Billionen Dollar.

„Wir müssen unsere Zahl verringern (…). Wir werden uns also an die Arbeit machen und sehen, was wir erreichen können“, zitierte der Sender CNN die Abgeordnete Pramila Jayapal. Ähnlich äußerte sich demnach der Abgeordnete Tom Malinowski. Den Progressiven sei es zwar gelungen, eine Abstimmung zu verhindern. Es sei aber anerkannt worden, dass die Summe für das Vorhaben einfach zu hoch sei.

Angesichts der nahenden Kongresswahlen im kommenden Jahr, zur Halbzeit seiner Amtszeit, drängt die Zeit für Biden, seine Kernanliegen durchzusetzen, solange seine Demokraten noch eine, wenn auch noch so dünne Mehrheit, in beiden Kongresskammern haben.

Zumindest im Senat droht der Verlust der Mehrheit bei der Wahl 2022. Für Biden aber auch Pelosi steht viel auf dem Spiel. Sollten ihre ambitionierten Pläne an der eigenen Partei scheitern, wäre das mehr als einfach nur ein herber Rückschlag, sonderN politisch verheerend für beide.

© dpa-infocom, dpa:211001-99-448851/4


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