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Militär-Putsch: In Myanmar mindestens 138 Demonstranten getötet

Demonstranten umringen einen Verletzten bei einem Protest gegen den Militärputsch in Yangon. Foto: Uncredited/AP/dpa
Demonstranten umringen einen Verletzten bei einem Protest gegen den Militärputsch in Yangon. Foto: Uncredited/AP/dpa

Am Wochenende hat die Brutalität der Junta in Myanmar einen neuen Höhepunkt erreicht. Es gibt Dutzende Tote und Verletzte. Die Lage wird immer unübersichtlicher.

In Myanmar sind bei Massenprotesten seit dem Putsch der Militär-Junta Anfang Februar nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 138 Demonstranten getötet worden.

Darunter seien auch Frauen und Kinder, sagte ein UN-Sprecher am Montag in New York unter Berufung auf Zahlen des Kommissariats für Menschenrechte der Organisation.

Die Lage in dem asiatischen Land habe sich zuletzt über das Wochenende weiter zugespitzt – die UN sprachen von 18 getöteten Demonstranten am Samstag und 38 am Sonntag.

UN-Generalsekretär António Guterres verurteile die anhaltende Gewalt gegen friedliche Demonstranten und die Verletzung von Menschenrechten scharf. Zudem rufe er die internationale Gemeinschaft erneut zur Unterstützung der Menschen in Myanmar und ihrem Streben nach Demokratie auf.

Das Nachrichtenportal Myanmar Now berichtete für Sonntag unter Berufung auf drei Krankenhäuser von 59 Toten und 129 Verletzten allein in der ehemaligen Hauptstadt Yangon (früher Rangun).

Proteste halten dennoch an

Demonstranten stehen vor rauchenden Trümmern einer provisorischen Barrikade bei einem Anti-Putsch-Protest in Yangon. Myanmarische Sicherheitskräfte haben heute erneut Waffengewalt gegen eine Demonstration gegen die Militärjunta eingesetzt. Foto: Uncredited/AP/dpa
Demonstranten stehen vor rauchenden Trümmern einer provisorischen Barrikade bei einem Anti-Putsch-Protest in Yangon. Myanmarische Sicherheitskräfte haben heute erneut Waffengewalt gegen eine Demonstration gegen die Militärjunta eingesetzt. Foto: Uncredited/AP/dpa

Trotz des brutalen Durchgreifens der Einsatzkräfte gingen auch am Montag wieder landesweit Tausende Menschen auf die Straßen.

Die Zeitung The Irrawaddy berichtete, dass dabei in Myingyan und in Mandalay im Norden mindestens vier Demonstranten erschossen wurden, in Yangon im Süden mindestens zwei.

In Teilen der Millionenstadt verhängte das Militär das Kriegsrecht, so das staatliche Fernsehen. Damit werden diese Viertel nun komplett von der Armee verwaltet, die dort Menschen etwa vor ein Kriegsgericht stellen kann.

Vorausgegangen waren Brandanschläge auf mehrere chinesische Textilfabriken in Yangon. Zahlreiche chinesische Arbeiter seien dabei am Sonntag verletzt worden, teilte die chinesische Botschaft auf Facebook mit. Sie forderte die Behörden auf, chinesische Geschäfte und chinesische Staatsbürger zu beschützen.

Wer die Feuer gelegt hatte, ist unklar. „Das Militär hat Angst vor der chinesischen Regierung, deshalb will es Eigentum Chinas beschützen, nicht aber die Leben von uns Zivilisten“, sagte Nay Min Khant, ein Bürger aus Yangon, der Deutschen Presse-Agentur.

Im früheren Birma hatte sich das Militär am 1. Februar an die Macht geputscht. Seitdem gibt es immer wieder neue Massenproteste. Die Demonstranten fordern die Rückkehr zu demokratischen Reformen und die Wiedereinsetzung der Regierung Suu Kyis. Die 75-Jährige hatte die Parlamentswahl im November klar gewonnen. Sie sitzt im Hausarrest und muss sich wegen verschiedener Vorwürfe vor Gericht verantworten.

Internationale Bestürzung

Die UN-Sondergesandte für Myanmar, Christine Schraner Burgener, zeigte sich bestürzt über die Tötung von immer mehr Demonstranten und forderte internationale Solidarität mit ihnen.

Sie habe persönlich von Kontakten in Myanmar „herzzerreißende Berichte über Morde, Misshandlungen von Demonstranten und Folterungen von Gefangenen“ gehört, hieß es in einer Mitteilung. Zahlreiche Fotos in sozialen Netzwerken zeigten trauernde und verzweifelte Bürger, die sich über die Leichen ihrer Angehörigen beugen.

Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, schrieb auf Twitter: „Junta-Führer gehören nicht an die Macht, sie gehören hinter Gitter.“ Die Generäle müssten von Finanzmitteln und dem Zugriff auf Waffen abgeschnitten werden. „Ich appelliere an die UN-Mitgliedstaaten, meinem Aufruf zum Handeln zu folgen“, so Andrews.

Anhörung von Suu Kyi verschoben

Eine für Montag geplante neue Anhörung Suu Kyis musste derweil wegen fehlenden Internetzugangs auf den 24. März verschoben werden, wie das Portal Eleven Myanmar unter Berufung auf ihren Anwalt Khin Maung Zaw schrieb. Suu Kyi wird bei ihren Anhörungen jeweils per Video dem Gericht zugeschaltet.

Das Militär hatte das Internet zu Wochenbeginn in weiten Landesteilen sperren lassen, das Netz funktionierte etwa in Yangon nur sporadisch. Es war das erste Mal, dass das Internet auch tagsüber blockiert wurde, nachdem es bereits seit Wochen jede Nacht gesperrt wird.

Suu Kyi werden mehrere Vergehen zur Last gelegt, darunter vor allem Anstiftung zum Aufruhr sowie Verstöße gegen die Außenhandelsgesetze und das Katastrophenschutzgesetz des Landes. Bei den ersten beiden Justizterminen durfte sie sich nicht von einem Anwalt vertreten lassen. Suu Kyi hatte in der Vergangenheit bereits insgesamt 15 Jahre im Hausarrest gesessen.

© dpa-infocom, dpa:210313-99-804388/17

Beachten Sie auch, Bericht aus Myanmar vom 10. März 2021:

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