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Weg zu Anschlussreha und Reha ab 70 soll leichter werden

Durch eine neue Regelung sollen Versicherte ab 70 nach ärztlicher Verordnung schneller mit ihrer geriatrischen Reha starten können. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa-tmn
Durch eine neue Regelung sollen Versicherte ab 70 nach ärztlicher Verordnung schneller mit ihrer geriatrischen Reha starten können. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa-tmn

Anträge auf medizinische Reha werden von der Krankenkasse zunächst auf ihre medizinische Erforderlichkeit überprüft. Das kostet wertvolle Zeit. Bei zwei Reha-Arten soll die Prüfung bald entfallen

Berlin (dpa/tmn) – Die Verordnungen von geriatrischer Reha und Anschlussreha nach einem Krankenhausaufenthalt sollen einfacher werden. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken beschlossen.

Konkret geht es um eine Verschlankung der Verfahren: Bei der geriatrischen Rehabilitation für Versicherte ab 70 Jahren sollen die gesetzlichen Krankenkassen zukünftig nicht mehr prüfen, ob die Maßnahme medizinisch erforderlich ist.

Für eine Reha nach einen Krankenhausaufenthalt soll bei bestimmten Krankheitsbildern diese Vorab-Prüfung der Kassen ebenfalls entfallen, teilt der G-BA zu dem Beschluss vom vergangenen Freitag mit. Konkret gilt das, wenn es wegen der Erkrankung wahrscheinlich ist, dass der Krankenhausaufenthalt mit schweren Verläufen oder Komplikationen einhergeht. Voraussetzung ist aber weiterhin unter anderem eine positive Rehabilitationsprognose.

Das Entfallen der Prüfung im Vorfeld der Anschluss-Reha könne zum Beispiel bei Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs oder neurologischen Erkrankungen in Frage kommen. Eine weitere mögliche Konstellation: Wenn nach der Hüft-OP eine direkte Anschlussreha nötig ist, um Pflegebedürftigkeit zu verhindern.

Beleg mit Funktionstests nötig

Damit die Verordnung einer geriatrischen Rehabilitation ab 70 Jahren ohne Prüfung möglich ist, müssten die Ärztinnen und Ärzte in ihrer Verordnung eine „geriatrietypische Diagnose“ stellen und die mit bestimmten Funktionstests prüfen – auch das muss entsprechend dokumentiert sein.

Der G-BA schildert in seiner Mitteilung zum Beschluss einen möglichen praktischen Fall: Eine 78-Jährige hat in Folge einer Diabeteserkrankung Schäden an Netzhaut und Nerven – sie sieht deshalb schlechter, ist unsicher im Gang und neigt zu Stürzen. Zudem hat die Frau depressive Episoden.

Ihr Arzt würde nun mittels zwei Funktionstests die Mobilitätseinschränkung und die Ausprägung der Depression prüfen und damit seine Diagnose und die Schädigungen der Patientin belegen.

Hoffnung auf schnellere Versorgung

Die neuen Regelungen werden noch vom Bundesgesundheitsministerium geprüft und treten nach Angaben des G-BA frühestens ab 1. Juli 2022 in Kraft. Aber was werden sie praktisch bringen?

Beim Sozialverband VdK begrüßt man die Änderungen. Man fordere seit Jahren, dass Ärzte geriatrische Reha direkt verordnen dürfen, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Mehr Kranke bekommen dadurch nun schneller das, was medizinisch notwendig für sie ist.“

Sie verweist darauf, dass viele der Mitglieder des Verbandes erlebten, dass notwendige Reha-Maßnahmen nicht bewilligt werden. „Außerdem dauert es oft Wochen, bis ein Bescheid vorliegt.“ Dies liege sicherlich auch am bisherigen, bürokratischen Vorgehen, sagt Bentele. „Die Betroffenen aber brauchen eine direkte Maßnahme, damit sich ihr Gesundheitszustand schnell verbessert und nicht noch weiter verschlechtert.“

Auch bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen findet man es gut, dass rechtliche Hürden auf dem Weg zur Reha-Bewilligung abgebaut werden. „Dies gilt insbesondere für die vergleichsweise kostenintensive geriatrische Rehabilitation, die nach unseren Informationen von den Krankenkassen durchaus häufig abgelehnt wird“, schreibt deren Gesundheitsrechtsexperte Arne Weinberg.

Kritik: Zu wenig Krankheitsbilder eingeschlossen

Mit Blick auf die Anschlussreha sind die Reaktionen des Sozialverbandes und der Verbraucherschützer zurückhaltender. Ein Kritikpunkt ist, dass der G-BA-Beschluss nur für bestimmte Krankheitsbilder die Anwendung des schlankeren Verfahrens vorsieht. „Viele andere müssen weiterhin umständlich von der Krankenkasse geprüft werden“, kritisiert Bentele. „Die dadurch entstehenden Verzögerungen gehen auf Kosten der Gesundheit vieler Kranker.“

Auch Arne Weinberg bedauert, dass nicht alle Krankheitsbilder aufgenommen wurden, bei denen eine Anschlussreha indiziert werden könne. „In dieser Hinsicht hätten wir uns aus Verbrauchersicht einen größeren medizinischen Anwendungsbereich gewünscht.“

Die Anerkennungen von Reha-Maßnahmen im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt sind nach Einschätzung der Verbraucherzentrale indes weniger das Problem. Bestehe bei den aufgelisteten Erkrankungen noch eine Reha-Fähigkeit und eine günstige Prognose, werden sie demnach auch jetzt schon in der Regel anerkannt.

© dpa-infocom, dpa:211220-99-453415/2

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