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Corona-Impfstoff: Bund steigt bei mRNA-Entwickler Curevac ein

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei der Pressekonferenz zum Einstieg bei Curevac. Foto: Markus Schreiber/AP/POOL/dpa
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei der Pressekonferenz zum Einstieg bei Curevac. Foto: Markus Schreiber/AP/POOL/dpa

In der Corona-Krise ruhen enorme Hoffnungen darauf, dass ein Impfstoff gefunden werden kann – der Bund beteiligt sich am deutschen mRNA-Entwickler Curevac.

Im globalen Rennen um einen Corona-Impfstoff steigt der Bund beim deutschen Entwickler Curevac ein, der auf die mRNA-Technologie setzt. Der Biotech-Anbieter so auch gegen eine mögliche Übernahme aus dem Ausland absichern.

Wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, übernimmt die staatliche Förderbank KfW für 300 Millionen Euro rund 23 Prozent der Anteile. Ziel des Schrittes sei, dem Unternehmen von Mehrheitseigner Dietmar Hopp finanzielle Sicherheit zu geben. Auf Geschäftsentscheidungen wolle der Staat keinen Einfluss nehmen. Die Firma mit Sitz in Tübingen forscht seit Januar an einem Impfstoff.

Altmaier sagte, die Beteiligung sei zugleich industriepolitisch von hoher Bedeutung. Wichtige Forschungsergebnisse und Technologien würden in Deutschland und Europa gebraucht. Hintergrund sei auch das Ziel der Bundesregierung, bei der Herstellung von Wirkstoffen und in der Impfstoffproduktion mehr Unabhängigkeit zu erreichen. „Mit dieser Investition tun wir einen ersten Schritt in diese Richtung.“

Bei dem Einstieg war nach Regierungsangaben Eile geboten. „Der beabsichtigte Erwerb einer Bundesbeteiligung an Curevac soll sicherstellen, dass das Unternehmen nicht durch einen ausländischen Investor übernommen wird und ins Ausland abwandert“, heißt es in einer Mitteilung des Finanzministeriums an den Bundestag, über die zuerst die Welt berichtete.

Dietmar Hopp hält 80 Prozent an Curevac

Es sei „von besonderem Bundesinteresse, eine Grundversorgung der Bevölkerung in Deutschland mit dem Impfstoff sicherzustellen“, heißt es im Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Curevac, das an einem Corona-Impfstoff auf Grundlage der mRNA-Technologie arbeitet, beabsichtige Mitte Juli einen Börsengang in New York. Die Entscheidung zum Bundeseinstieg sei wegen kapitalmarktrechtlicher Vorgaben „höchst eilbedürftig“ gewesen.

Dietmar Hopp erklärte, durch die Corona-Krise sei die hohe Bedeutung der Biotechnologiebranche für die Patienten, die Gesellschaft und die Welt sichtbar geworden. Er freue sich, dass dies auch von staatlicher Seite erkannt und diese Schlüsselindustrie über die frühe Forschung hinaus unterstützt werde.

Hopp, der Mitgründer des Softwarekonzerns SAP ist und die Mehrheit an Fußball-Bundesligist TSG Hoffenheim hält, hält bisher über eine Beteiligungsgesellschaft rund 80 Prozent der Anteile an Curevac. Für den Staatseinstieg verkauft er keine Anteile, dieser soll über eine Kapitalerhöhung laufen.

Weltweiter Wettlauf um Impfstoff

Weltweit ist ein Wettlauf entstanden, wer den ersten Impfstoff gegen das Corona-Virus entwickelt. Wann es so weit ist, ist ungewiss. Auf Curevac ruhten bereits die Hoffnungen, bevor sich das Corona-Virus in Deutschland ausbreitete, auch aufgrund der mRNA-Technologie auf deren Grundlage der Corona-Impfstoff entwickelt werden soll. Ende Januar erteilte die internationale Impfstoffkooperation CEPI dem Unternehmen eine Förderzusage von 8,3 Millionen US-Dollar (rund 7,5 Millionen Euro).

Die Arbeit von Curevac sprach sich herum. Anfang März lud US-Präsident Donald Trump den damaligen Curevac-Chef, Dan Menichella, und weitere Pharmavertreter ins Weiße Haus, um sich über die Impfstoffsuche zu informieren. Kurz darauf gab es Wirbel um die Tübinger Firma. Medienberichten zufolge versuchte Trump, den Impfstoff exklusiv für sein Land zu sichern und bot der Firma dafür einen hohen Betrag. Die Empörung war groß.

Hauptanteilseigner Hopp hatte einen Verkauf des Unternehmens und Exklusivproduktion vehement abgelehnt. „Ich habe gesagt, das kommt für mich überhaupt nicht in Frage. Und ich nehme an, damit habe ich bei Curevac offene Türen eingerannt“, betonte er am Montag noch einmal.

Das Unternehmen hatte ein Angebot Trumps dementiert und Spekulationen über den Verkauf zurückgewiesen. Altmaier will das Investment nun auch als Signal für den Standort Deutschland verstanden wissen. „Wir sind überzeugt, dass Curevac auch in Zukunft ein deutsches Unternehmen bleiben wird, das auch international erfolgreich agiert.“

Zustimmung aus der Opposition

Auch aus der Opposition kam Zustimmung zum Bundes-Einstieg bei Curevac und dem Engagement bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff auf mRNA-Basis. „Es ist richtig, wenn der Staat hier bereit ist, Risiken zu tragen, die private Investoren möglicherweise scheuen“, sagte Grünen-Politiker Danyal Bayaz.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer begrüßte, dass die KfW die Unabhängigkeit des Herstellers sichere und so garantiere, dass der Impfstoff auch in Deutschland zur Verfügung stehen werde. Es müsse aber zugleich sichergestellt werden, dass es durch die Staatsbeteiligung keine Interessenskonflikte bei der Zulassung gebe.

Nach Angaben des Verbandes forschender Pharma-Unternehmen von Mai gab es weltweit mehr als 120 Impfstoff-Projekte, von kleinen Firmen wie Curevac und Biontech (Mainz) bis zu Konzernen wie Sanofi und GlaxoSmithKline.

Laut der Beratungsgesellschaft EY hat die Branche in kürzester Zeit bis Anfang Juni 161 Impfstoff-Kandidaten sowie 242 therapeutische Test-Wirkstoffe hervorgebracht. Curevac hat angekündigt, in diesem Monat eine erste klinische Studie zu beginnen. Das Unternehmen wurde im Jahr 2000 aus der Universität Tübingen heraus gegründet und beschäftigt 460 Mitarbeiter.

Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums vom Wochenende haben Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande einen ersten Vertrag über mindestens 300 Millionen Impfdosen gegen das Coronavirus geschlossen. Vertragspartner ist das Pharmaunternehmen AstraZeneca. Profitieren sollen demnach alle EU-Staaten, die dabei sein wollen.

Um bestimmte Präparate «Made in Germany» besser vor Übernahmen ausländischer Investoren zu schützen, hatte die Bundesregierung Ende Mai auch eine schärfere Außenwirtschaftsverordnung beschlossen. Demnach greift künftig eine Meldepflicht, wenn Firmen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union Anteile von mehr als 10 Prozent an deutschen Firmen erwerben wollen, die Impfstoffe, Arzneimittel oder persönliche Corona-Schutzausrüstung entwickeln oder herstellen.

Info Curevac

Curevac wurde 2000 gegründet und entwickelt Impfstoffe zum Beispiel gegen Krebs und Infektionskrankheiten. Wie mehrere weitere Forschungseinrichtungen setzt Curevac bei der Suche nach einem Impfstoff wie jetzt am Beispiel des Corona-Virus dabei auf das Biomolekül mRNA („m“ steht für „messenger“, also „Bote“, und „RNA“ für „ribonucleic acid“).

mRNA ist ein Molekül im Inneren von Zellen, das die Umsetzung der im Erbgut steckenden Informationen in ein Protein vermittelt, quasi eine Bauanleitung. Die Curevac-Wissenschaftler verpacken die Bauanleitung für das Hüllprotein von Sars-CoV-2 in Lipidnanopartikel.

Diese dienen als Transporter und liefern die mRNA in die Zellen. Die Körperzellen bilden dann das Hüllprotein und präsentieren es auf ihrer Oberfläche, woraufhin das Immunsystem mobilisiert wird. Mit der mRNA-Technologie könne der menschliche Körper also seine eigene Medizin herstellen, sagen Experten.

Das Unternehmen hat angekündigt, im Juni klinische Studien mit dem am besten geeigneten Impfstoff-Kandidaten auf mRNA-Basis gegen das Corona-Virus beginnen zu wollen.

➡️ Homepage Curevac

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