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SPD: Bärbel Bas soll Bundestagspräsidentin werden

Bärbel Bas soll neue Präsidentin des Bundestags werden. Foto: Michael Kappeler/dpa
Bärbel Bas soll neue Präsidentin des Bundestags werden. Foto: Michael Kappeler/dpa

Das war eine schwere Geburt: Nach langem Ringen hat die SPD eine Bundestagspräsidentin gefunden. Eine gute Nachricht auch für den Bundespräsidenten.

Und es wird doch eine Frau: Die SPD-Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas soll künftig an der Spitze des Bundestags stehen. Die SPD-Fraktionsspitze schlägt die 53-Jährige für das Amt der Bundestagspräsidentin vor, eines der ranghöchsten im deutschen Staat.

Um die Personalie war in den vergangenen Tagen hart gerungen worden – weil sie ein „Frauenproblem“ der SPD offenbarte und sich sogar bis hin zum Bundespräsidenten hätte auswirken können.

Fraktionschef Rolf Mützenich brachte am Mittwoch schließlich Bas für das Amt ins Spiel. Der geschäftsführende Fraktionsvorstand stimmte einstimmig zu, wie ein Fraktionssprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Erwartet wird, dass auch die nötige Bestätigung der Fraktion ohne größere Probleme über die Bühne geht. Dann könnte Bas am kommenden Dienstag bei der konstituierenden Sitzung des Bundestags als Nachfolgerin von Wolfgang Schäuble (CDU) gewählt werden.

Bislang ist Bas stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten und als solche zuständig für die Themen Gesundheit, Bildung und Forschung. 2019 hatte sie den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach in dem Amt abgelöst, als dieser für den Parteivorsitz kandidierte.

Nach außen hin trat die gelernte Personalmanagerin seitdem eher ruhig auf, profilierte sich aber in der Corona-Krise und warb immer wieder für konsequente Maßnahmen. Bei der Bundestagswahl verteidigte die SPD-Linke ihr Direktmandat im Wahlkreis Duisburg I. Mit 40,35 Prozent holte Bas fast doppelt so viele Stimmen wie ihr Konkurrent von der CDU.

Bundestagspräsident ist nach dem Bundespräsidenten und noch vor dem Kanzler eines der höchsten Ämter im deutschen Staat. Gewählt wird die Präsidentin oder der Präsident vom Bundestag, die wichtigste Aufgabe ist die Leitung der Plenarsitzungen. Das Amt wird für gewöhnlich von der größten Fraktion besetzt, fällt nach der Bundestagswahl also der SPD zu.

Für die Sozialdemokraten war die Besetzung allerdings schwierig: Man wollte unbedingt verhindern, dass alle Verfassungsorgane mit dem Bundespräsidenten, Kanzler, Bundestags- und Bundesratspräsidenten sowie Präsidenten des Verfassungsgerichts von Männern geführt werden. Das hätte sich eine Partei, die in ihrem Wahlprogramm für Parität und ein Jahrzehnt der Gleichstellung wirbt, genauso wenig leisten können wie Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der sich selbst als Feminist beschreibt.

Unter den Frauen in der Fraktion drängte sich aber zunächst keine Kandidatin mit genügend Parlamentserfahrung für das prestigeträchtige Amt auf. Zwar hat die SPD-Fraktion mit 42 Prozent eine vergleichsweise hohe Frauenquote – viele von ihnen sind aber noch jung oder gar gerade erst in den Bundestag eingezogen. Auch die Fraktionsvizes Bas und Katja Mast galten in der Fraktion zunächst als wenig geeignet.

Eher traute man das Amt Fraktionschef Mützenich zu, der mit seiner besonnenen und vermittelnden Art auch bei den anderen Fraktionen geschätzt wird. Der Kölner hatte vor der Wahl großen Anteil daran, die SPD-Abgeordneten unterschiedlichster Flügel zu einen und hinter dem nicht bei allen beliebten Kanzlerkandidaten Scholz zu versammeln. Er hätte nur zugreifen müssen beim Amt des Bundestagspräsidenten, hieß es zwischendurch.

Doch offenkundig hatte Mützenichs Umfeld den Gegenwind unterschätzt – Frauen in der SPD und darüber hinaus übten Druck aus, das Amt unbedingt mit einer Frau zu besetzen. Bisher gab es seit 1949 lediglich zwei Bundestagspräsidentinnen: die Sozialdemokratin Annemarie Renger (1972-1976) und die Unionspolitikerin Rita Süssmuth (1988-1998).

Sollte die SPD keine Bundestagspräsidentin stellen, sei die angestrebte zweite Amtszeit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Gefahr, hieß es überdies. Dann nämlich hätte man eines der anderen hohen Staatsämter mit einer Frau besetzen müssen – und Scholz nicht zum Kanzler zu machen, fiel aus.

Die Wahl des Bundespräsidenten steht im Februar 2022 an. Eigentlich hat der von der SPD vorgeschlagene und bisher von CDU/CSU wie FDP unterstützte Steinmeier bereits gesagt, dass er noch einmal antreten will. Als weibliche Alternative wurde immer wieder Katrin Göring-Eckardt genannt, Fraktionschefin der Grünen und früher Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – sie wäre nicht nur die erste Frau, sondern auch die erste Grüne im höchsten Staatsamt.

So ganz vom Tisch ist die Option weiterhin nicht, denn drei ranghohe Staatsämter in SPD-Hand könnten für eine 25-Prozent-Partei recht viel sein. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass das Amt in den Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP noch zur Verhandlungsmasse wird.

Im Bundestagspräsidium dagegen wird man sich um die Frauenquote absehbar keine Sorgen mehr machen müssen. Mit Bas soll nicht nur eine Frau an der Spitze stehen, auch unter den Vizepräsidenten, die jede Fraktion stellt, werden mehrere Frauen sein.

Die SPD will die frühere Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, nominieren. Bei den Grünen bewirbt sich erneut Claudia Roth. Die exzentrische und fraktionsübergreifend beliebte Abgeordnete ist bereits seit 2013 Stellvertreterin und bringt immer wieder besonderen Charme und Witz in die Sitzungen des Bundestags.

© dpa-infocom, dpa:211020-99-663217/6


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