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„Alles läuft gut“ – Primoz Roglic weiter im gelben Trikot der Tour

Auch der französische Präsident Emmanuel Macron (l) war in Méribel vor Ort. Foto: Thibault Camus/AP/dpa
Auch der französische Präsident Emmanuel Macron (l) war in Méribel vor Ort. Foto: Thibault Camus/AP/dpa

Primoz Roglic fährt weiter im gelben Trikot und unaufhaltsam seinem ersten Gesamtsieg bei der Tour de France entgegen. Auf der Königsetappe baut der Ex-Skispringer seinen Vorsprung auf Landsmann Tadej Pogacar aus. Den Tagessieg holt sich Lopez. Bei Lennard Kämna war die Luft raus.

Es war die Königsetappe der Tour de France und der Mann im gelben Trikot trumpfte einmal mehr auf: Primoz Roglic nickte bei der Ehrung als Führender des Gesamtklassement dem begeisterten Staatschef Emmanuel Macron ein wenig unsicher zu – auf dem Rad aber zeigte der Slowene einmal mehr keine Unsicherheit.

Emmanuel Macron besuchte die Königsetappe der Tour de France und sah einen weiteren Triumphzug von Primoz Roglic, der im gelben Trikot zwar nicht die Etappe gewann aber seine Führung im Gesamtklassement ausbaut.

Händeschütteln oder Smalltalk waren aber nicht drin, das ließ das strenge Corona-Protokoll nicht zu. Roglic konnte es verschmerzen, hatte er doch zuvor in 2304 Metern Höhe die größte Hürde auf dem Weg zum ersten slowenischen Tour-Triumph gemeistert.

„Ich bin richtig zufrieden. Ich habe zwar nicht gewonnen, aber Sekunden herausgeholt. Alles läuft gut“, sagte Roglic, der bei dem Kletterspektakel auf dem Dach der Tour nur dem kolumbianischen Tagessieger Miguel Angel Lopez nicht folgen konnte.

Pogacar übernimmt das Bergtrikot

Primoz Roglic machte einen großen Schritt in Richtung Gesamtsieg bei der Tour de France. Foto: Pool/BELGA/dpa
Primoz Roglic machte einen großen Schritt in Richtung Gesamtsieg bei der Tour de France. Foto: Pool/BELGA/dpa

Ein Schönheitsfehler, mehr nicht. Roglic ging auf den brutalen Rampen sogar wie ein Sprinter aus dem Sattel, um keine Zeit zu verlieren. Es funktionierte. Der Ex-Skispringer knöpfte nach 170 Kilometern bei der Bergankunft auf dem Col de la Loze seinem drittplatzierten Rivalen Tadej Pogacar wichtige 15 Sekunden ab.

Damit leuchtete das Gelbe Trikot von Roglic inmitten der Alpenriesen noch etwas gelber, 57 Sekunden liegt der Vuelta-Champion nun vor seinem neun Jahre jüngeren Landsmann Pogacar. „Wenn man eine Minute Vorsprung hat, will man fünf. Man ist nie zufrieden. Aber das ist eine gute Ausgangsposition“, sagte Roglic.

Tour-Debütant Pogacar musste sich mit dem Bergtrikot als Trostpreis begnügen, will aber noch nicht aufgeben. „Ich bin immer noch unter einer Minute. Mal schauen, ob ich noch etwas bewegen kann“, sagte er. Doch die Vorentscheidung um den Gesamtsieg scheint fast gefallen, die letzten Prüfungen auf dem Weg nach Paris sind überschaubar. Neuer Gesamtdritter ist Lopez 1:26 Minuten zurück.

Akku bei Kämna leer, Bernal ausgestiegen

Beim deutschen Youngster Lennard Kämna war einen Tag nach seinem beeindruckenden Etappensieg in Villard-de-Lans die Luft raus. Der Tag begann, wie der vorige endete – mit Kämna an der Spitze. Als Mitglied in einer Ausreißergruppe, der auch wieder Carapaz und Frankreichs Star Julian Alaphilippe angehörten, wollte das Riesentalent nun das Gepunktete Trikot in Angriff nehmen. Gut geschlafen habe er, auch wenn er ein wenig aufgedreht gewesen sei.

Kein Wunder, hatte er bei seinem Etappensieg am Dienstag doch ein Gefühlschaos erlebt. Am Ende standen Champagner und Smoothies auf dem Speiseplan bei der kleinen Teamfeier in Grenoble. „Die Erleichterung war beim Team größer als bei mir. Ich habe mich nicht riesig unter Druck gefühlt“, sagte Kämna am Mittwoch.

„Die Tour geht auch an Lennard nicht spurlos vorbei. Es schaut so aus, dass die Kraft dem Ende zugeht“, sagte Teamchef Ralph Denk der ARD. Am Ende waren es fast 22 Minuten Rückstand. „Er ist ein Ausnahmetalent. Er steigert sich zum Ende einer Rundfahrt. Das macht Mut für die Zukunft, dass er auf das Podium fahren kann, wenn alles passt“, sagte Didi Thurau der Deutschen Presse-Agentur. Der Frankfurter war 1977 sogar 15 Tage lang im Gelben Trikot gefahren und gewann insgesamt sechs Tour-Etappen.

Gar nicht mehr am Start war der von Rückenschmerzen geplagte Titelverteidiger Egan Bernal. Der Kolumbianer stieg noch vor der Etappe aus und machte damit das Debakel seines Super-Rennstalls Ineos Grenadiers perfekt. „Natürlich wollte ich nicht, dass meine Tour de France so endet, aber ich stimme zu, dass es unter den gegebenen Umständen die richtige Entscheidung für mich ist“, sagte Bernal, der am Vortag fast eine halbe Stunde auf Kämna verloren hatte.

Ausscheidungsfahren auf Königsetappe

Der Kolumbianer Miguel Ángel López gewann die 17. Etappe. Foto: Benoit Tessier/Reuters/AP/dpa
Der Kolumbianer Miguel Ángel López gewann die 17. Etappe. Foto: Benoit Tessier/Reuters/AP/dpa

Bereits am ersten Anstieg begann das Team Bahrain-McLaren das Rennen schwer zu machen – der Abstand der Spitzengruppe blieb so überschaubar und Kämna wurde noch vor der ersten Bergprüfung der höchsten Kategorie HC von der Gruppe um das gelbe Trikot geschluckt. Nach einer kurzen Abfahrt ging es direkt in den nächsten HC-Anstieg, Bahrain-McLaren hielt das Tempo hoch – allerdings konnte Mikel Landa die Bemühungen am Ende nicht krönen.

Die Kletterpartie auf dem 21,5 Kilometer langen Anstieg mit durchschnittlich 7,8 Prozent Steigung entwickelte sich regelrecht zu einem Ausscheidungsfahren – dem fiel auch Landa als Kapitän von Bahrain-McLaren zum Opfer. Es ging es richtig zur Sache. Die slowenischen Stars schüttelten die Mitkonkurrenten ab: Neben Landa auch Rigoberto Uran und Richie Porte – nichts ging mehr bei Steigungen von bis zu 24 Prozent.

2,9 Kilometer vor dem Ziel war in Giro-Sieger Richard Carapaz auch der letzte Ausreißer gestellt, doch es folgte der nächste Angriff, diesmal von Miguel Angel Lopez. Die beiden Slowenen blickten sich kurz an, stiegen aber nicht direkt hinterher.

Primoz Roglic hängte in der Verfolgung dann zwar mit Tadej Pogacar den ärgsten Konkurrenten im Kampf um das gelbe Trikot bei der Tour de France ab, Lopez aber bekam er nicht mehr. Der Kolumbianer verbesserte sich dadurch auf den dritten Platz des Gesamtklassements – und brachte sich zumindest noch in Lauerstellung für die letzten Tage.

Die letzte Alpen-Etappe über 175 Kilometer von Méribel nach La Roche-sur-Foron ist am Donnerstag nicht mehr gar so schwer, hat aber trotzdem ihre Tücken. Am Ende des letzten Anstiegs zum Plateau des Glières wartet noch eine fast zwei Kilometer lange Schotterpiste. Ein Defekt kann hier gravierende Folgen haben und wäre auf den letzten 31 Kilometern mit der rasenden Abfahrt zum Ziel kaum mehr aufzuholen.

Und am Samstag wartet als letzte Hoffnung für die Verfolger von Primoz Roglic noch ein Bergzeitfahren, bevor am Sonntag die Tour de France auf der Champs-Élysées endet, auf der das Gelbe Trikot traditionell nicht mehr angegriffen wird.

© dpa-infocom, dpa:200916-99-590064/7

Gesamtwertung Tour de France

1.)Primoz RoglicTeam Jumbo Visma74:56:04h
2.)Tadej PogacarUAE Team Emirates+00:57min
3.)Miguel Angel LopezAstana Pro Team+01:26min
4.)Richie PorteTrek-Segafredo+03:05min
5.)Adam YatesMitchelton Scott+03:14min
6.)Rigoberto UranEF Pro Cycling+03:24min
7.)Mikel LandaBahrain McLaren+03:27min
8.)Enric MasMovistar Team+04:18min
9.)Tom DumoulinTeam Jumbo Visma+07:23min
10.)Alejando ValverdeMovistar Team+09:31min

weiterführende Informationen:
➡️ Tour-Rankings – Etappen und Gesamtklassement
➡️ Etappe für Donnerstag, 17. September 2020
➡️ weitere News aus Themenwelt “Rennrad”

News vom 15. September 2020:

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