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Nach Sieg gegen Island: DFB in Blase nach Rumänien

Nach dem Auftaktsieg gegen Rumänien ist das DFB-Team nun in Rumänien gefordert. Foto: Federico Gambarini/dpa
Nach dem Auftaktsieg gegen Rumänien ist das DFB-Team nun in Rumänien gefordert. Foto: Federico Gambarini/dpa

Den ersten Charaktertest bei der letzten Bundestrainer-Mission von Joachim Löw hat das DFB-Team bestanden. Jetzt folgt beim schärfsten WM-Gruppenrivalen Rumänien eine härtere Prüfung.

Duisburg (dpa) – Die drei klaren Botschaften wurden auch von den zuletzt heftig enttäuschten Fußballfans registriert.

Ein couragierter Drei-Tore-Auftritt gegen Island, ein plakativer Protest gegen die Menschenrechtsverletzungen im nächsten WM-Gastgeberland Katar und ein sensibler Umgang mit der Corona-Krise: Der Start der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ins EM-Jahr lieferte erste zarte Gründe zur Zuversicht. Das Entscheidende am 3:0-Abend war: Anders als bei der historischen 0:6-Schmach in Spanien im November demonstrierte das Team mit einem starken Bayern-Block insbesondere eines: Charakter.

„Wir wollten von Anfang an Zeichen setzen“, sagte Löw nach dem Start der neuen WM-Qualifikation, dem am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) im schon Richtung weisenden Spiel beim schärfsten Rivalen Rumänien der nächste Erfolg folgen soll. „Wir wissen, dass wir unter besonderer Beobachtung waren“, ergänzte der im Sommer scheidende Bundestrainer.

Die Rumänen gewannen in der Gruppe J gegen Nordmazedonien knapp mit 3:2. Nur der Erste bucht in der Sechser-Staffel direkt das Ticket zur Winter-WM 2022. Löw will seinem noch unbekannten Nachfolger unbedingt die Tabellenführung mit maximalen neun Punkten übergeben. Mit der Einwechslung des Deutsch-Engländers Jamal Musiala (18) gegen Island hat er dem DFB bereits einen Rohdiamanten für die Zukunft gesichert.

Die Spieler vom starken Antreiber Joshua Kimmich über den neuen Torjäger Ilkay Gündogan bis hin zum umtriebigen Angreifer Leroy Sané können auf dem Weg zum Saisonhöhepunkt EM zunächst mitnehmen, dass sie auch Widrigkeiten überwinden können. Mit der „Leidenschaft, für unser Land spielen zu dürfen“, wie es der ebenfalls starke Leon Goretzka ausdrückte, wurden vor bis zu 7,42 Millionen TV-Fans bei RTL erst einmal die Isländer klar bezwungen. Freilich war deren fußballerisches Vermögen nicht mit dem der Spanier zu vergleichen.

Nicht nur Goretzka sah „elf Jungs auf dem Platz, die richtig Bock haben“. Der Münchner schlug sich entsprechend nach seinem frühen Tor zum 1:0 beim Jubeln immer wieder vehement auf den Bundesadler auf der Trikotbrust. Die weiteren Tore von Kai Havertz und nach der Pause Gündogan drückten die Leidenschaft auch zahlenmäßig aus.

Löw lobte sein Mittelfeld besonders: „Das war ein Pfund und ein Gewicht für uns.“ Und für die EM hat er auch noch seinen derzeit verletzten Star Toni Kroos dabei. „Warum sollte der um seinen Platz fürchten müssen? Das ist ein Weltklassespieler, der unsere Mannschaft natürlich auch prägt“, antwortete Löw nach dem Spiel irritiert auf die Frage, ob für den 31-jährigen Kroos überhaupt noch Platz sei.

Nicht nur sportlich demonstrierten Löws EM-Kandidaten Entschlossenheit und Teamgeist. Mit der Aufschrift „Human Rights“ (Menschenrechte) auf den schwarzen Shirts machten sie auch deutlich, dass sie die teilweise verheerenden Begleiterscheinungen des Fußball-Geschäfts kritisch begleiten. „Wir haben natürlich die WM vor uns. Darüber wird immer wieder diskutiert. Das möchten wir der Gesellschaft klarmachen, dass wir das nicht ignorieren“, sagte Goretzka. Der WM-Gastgeber Katar steht international immer wieder wegen der Ausbeutung von Gastarbeitern heftig in der Kritik.

Löw stufte auch diese deutliche und auf großer Bühne platzierte Botschaft seiner Profis als „wichtiges Zeichen“ ein. „Die Spieler haben es am Spieltag noch größtenteils selber auf die Trikots gezeichnet“, berichtete der 61-Jährige. Das demonstriere klar, „dass wir für alle Menschenrechte, egal wo auf der Welt, einstehen, dass das unsere Werte sind“, unterstrich der Bundestrainer.

Positive Reaktionen gab es auch von der Bundesregierung und DFB-Chef Fritz Keller. Die Mannschaft habe damit noch einmal klar gemacht, für welche Werte sie stehe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. „Natürlich ist das etwas Gutes, weil die Nationalmannschaft ein – wenn ich mal so sagen darf – gutes Stück Deutschland ist. Damit ist es gut, wenn sie sich zu den Werten unserer freiheitlichen Demokratie auch bekennt.“ Dies sei gerade in Zeiten gut, in denen die Demokratie weltweit nicht gerade auf dem Vormarsch sei, sagte Seibert. Keller zeigte sich in einem Interview auf der DFB-Homepage „sehr stolz“.

Bei der Wüsten-WM wird Löw nicht mehr in der Coaching-Zone stehen. Das aber spielt für ihn keine Rolle, wenn er jetzt mit seinem Team am Samstag in den Charterflieger nach Bukarest steigt. Die Corona-Problematik dagegen wird den DFB-Tross nach dem ersten positiven Fall innerhalb des Nationalteams auch dorthin begleiten.

Die Kontakte sollen auf der Reise so gering wie möglich gehalten werden. Schon am Freitag hatte die medizinische Abteilung im Düsseldorfer Hotel zwei weitere Corona-Testreihen für alle Spieler und Betreuer angesetzt. Der Bundestrainer vertraut seinem Personal, „weil die Sinne absolut geschärft sind bei uns vom ersten Tag an“.

Auf Nachnominierungen will Löw auch deshalb zunächst verzichten, weil das durch das Anti-Corona-Konzept nicht so einfach ist. „Wir hoffen, dass es uns nicht mehr passiert, wenn wir jetzt länger in der Blase sind“, sagte er zu der Ansteckungs-Problematik. Auf den positiv getesteten Gladbacher Jonas Hofmann und den Leipziger Marcel Halstenberg, der als Kontaktperson der ersten Kategorie ebenfalls in häusliche Quarantäne geschickt wurde, muss Löw nun verzichten.

Der seine Topform aus der englischen Liga unterstreichende Gündogan schickte nach dem Abpfiff in Duisburg beste Genesungswünsche an Teamkollege Hofmann. „Ich hoffe, er ist schnell wieder auf dem Platz“, sagte der Profi von Manchester City, der im vergangenen Herbst selbst mit schweren Symptomen an Covid-19 erkrankt war.

Die Corona-Aufregung habe das Spiel gegen Island „nicht großartig beeinträchtigt“, bemerkte Gündogan. Doch der 30-Jährige schloss an: „Die Allgemeinsituation ist für alle schwierig. Wir sind privilegiert genug, dass wir noch arbeiten können, Fußball spielen können.“

© dpa-infocom, dpa:210326-99-983296/3

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