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Scherbenhaufen Schalke 04: Jochen Schneider will „1. Bundesliga halten“

Der Schalke 04 steckt in einer tiefen Krise. Foto: Fabian Strauch/dpa
Der Schalke 04 steckt in einer tiefen Krise. Foto: Fabian Strauch/dpa

Das Chaos auf Schalke mitten in der sportlichen Krise wird immer größer. Harit und Bentaleb sind vorerst suspendiert, Ibisevic muss den Club wieder verlassen. Dazu kommt die Trennung von Reschke, dessen Aufgaben auf mehreren Schultern verteilt werden.

Am Tag nach dem personellen Beben beim FC Schalke 04 bemühte sich Jochen Schneider um Schadensbegrenzung und richtete einen flammenden Appell an das Gemeinschaftsgefühl.

„Es geht hier nicht um Einzelschicksale, sondern nur darum, wie wir aus der sportlichen Situation wieder herauskommen. Dazu haben wir jetzt die notwendigen Entscheidungen getroffen“, sagte der Sportvorstand des Fußball-Bundesligisten in einer Medienrunde.

„Wenn es uns gelingt, den Teamgedanken wieder zu entwickeln, werden wir auch wieder erfolgreich sein. Es geht darum, die Mannschaft in der 1. Bundesliga zu halten. Alles andere interessiert jetzt nicht“, so Jochen Schneider zur Lage bei Schalke 04.

Zuvor hatte Schneider bereits die Mannschaft auf eine gemeinsame Linie eingeschworen. Mitten in der sportlichen Dauerkrise – das Team ist seit 24 Bundesliga-Spielen ohne Sieg und Tabellenletzter – tritt das ganze Ausmaß der internen Streitigkeiten zu Tage, das bereits tags zuvor in personellen Konsequenzen mündete.

Schneider gewährte einen Einblick in tiefe Gräben. „Wir haben 17 Konkurrenten im Land, da brauchen wir die nicht noch im eigenen Verein. Alle müssen vertrauensvoll miteinander arbeiten“, sagte der 50-Jährige.

Zugleich räumte er auch eigene Fehler ein. „Klar habe auch ich Fehler gemacht. Das Bild, das wir abgeben, ist verheerend“, gestand er: „Aber wenn wir den Zusammenhalt wieder hinkriegen, kommen wir auch wieder aus der Krise heraus.“ Der ganze Fokus müssen nun den fünf Spielen bis Weihnachten gelten.

Es sei „total okay“, wenn man angesichts ausbleibender Erfolge „auf die Fresse kriege“, meinte Schneider. „Die Prügel sind berechtigt. Aber an der ein oder anderen Stelle wünsche ich mir mehr Miteinander.“ Er selbst spüre weiter den Rückhalt des Aufsichtsrates. „Aber ganz ehrlich, den brauche ich auch nicht. Ich bin nicht so gestrickt, dass ich ein Bekenntnis brauche.“

Denkpausen

Tags zuvor hatte sich Schalke vom Technischen Direktor und Kaderplaner Michael Reschke getrennt, zudem wurden die Problem-Profis Amine Harit und Nabil Bentaleb zum wiederholten Mal suspendiert und müssen bis auf weiteres individuell trainieren. Beide bekamen eine „Denkpause“, der Weg zurück ins Team sei aber nicht versperrt.

„Bei Amine waren es einige Dinge am Wochenende, die uns nicht gefallen haben. Bei Nabil war es ein längerer Prozess“, erläuterte Jochen Schneider die Lage rund um das Team von Schalke 04, ohne ins Detail zu gehen. „Beide haben die Chance, sich auf das Wesentliche zu besinnen und zurückzukehren.“

Der nach einer Leihe im Sommer zurückgekehrte 26 Jahre alte Algerier Bentaleb wurde wegen zahlreicher Verfehlungen von diversen Trainern bereits mehrfach freigestellt, scheint im Team von Schalke 04 isoliert.

Auch alle Bemühungen von Trainer Manuel Baum, das große fußballerische Potenzial aus Bentaleb nutzbringend für das Team herauszukitzeln, schlugen fehl. Spätestens im nächsten Sommer trennen sich die Wege. „Wir müssen feststellen, dass Schalke und Nabil Bentaleb offensichtlich nicht zusammenpassen“, sagte Schneider.

Harit hatte sich in der Halbzeit beim 0:2 gegen Wolfsburg am vergangenen Samstag lauthals über seine Auswechslung beschwert. Beim 23 Jahre alten Marokkaner haben die Verantwortlichen die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

„Wir werden Amine nicht fallen lassen, sondern gemeinsam alles daran setzen, ihn wieder dahin zu bringen, dass er seine Qualitäten für unseren Verein einbringen kann“, so Jochen Schneider mit Blick auf eine Zukunft bei des 23-jährigen bei Schalke 04.

Aufgaben von Reschke aufgeteilt

Die Trennung von Reschke hatte sich angedeutet. Schneider und er funkten schon länger nicht mehr auf einer Wellenlänge. Der falsch zusammengestellte Kader ist zum Teil auch Reschkes Werk, auch wenn ihm finanziell arg die Hände gebunden waren.

Zum endgültigen Bruch kam es, als Schneider nach Reschkes Meinung zu lange an Ex-Trainer David Wagner festgehalten hatte, ehe er nach zwei Pleiten zum Saisonauftakt doch handelte. „Es tut mir weh, aber ich toleriere die Entscheidung“, sagte Reschke den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Einen direkten Nachfolger für Reschke soll es zunächst nicht geben. Die Aufgaben werden auf mehrere Schultern verteilt, sollen gemeinsam von Sascha Riether, bisherige Koordinator der Lizenzspielerabteilung, Ex-Profi Mike Büskens, René Grotus und Schneider gemeistert werden. Meldungen, wonach Riether zum alleinigen Reschke-Nachfolger aufsteige, wies Schneider zurück: „Ich weiß nicht, woher das kommt.“

Missverständnis Ibisevic

Als großes Missverständnis entpuppte sich die Verpflichtung von Vedad Ibisevic. Der Vertrag des Ex-Herthaners, der sein kleines Grundgehalt spendete und dafür gefeiert worden war, wurde zum Ende des Jahres gelöst.

„Leider hat es nicht so gepasst, wie wir uns das gemeinsam versprochen haben“, erläuterte Schneider. Ibisevic reiste bereits zurück zu seiner Familie nach Berlin und wird nicht mehr für Schalke auflaufen.

Jochen Schneider betonte, dass der „emotionale Ausbruch“ des Stürmers am vergangenen Sonntag, als Ibisevic mit Trainer-Assistent Naldo aneinander geraten war, nichts mit der Trennung von Schalke 04 zu tun habe.

Weitere Verletzungssorgen

Zudem muss Schalke voraussichtlich länger auf Salif Sané verzichten. Der 30 Jahre alte Innenverteidiger war bereits nach den Länderspielen mit dem Senegal mit einer Knieverletzung zurückgekehrt, muss aber zumindest nicht operiert werden.

„Er hat die Zweitmeinung eines französischen Arztes eingeholt. Es wird jetzt versucht, es konservativ zu behandeln“, sagte Jochen Schneider mit Blick auf die Verletzung, die die Defensivprobleme bei Schalke 04 verschärft. Die Rehamaßnahmen soll Sané in Gelsenkirchen absolvieren.

Zumindest sehr fraglich für das Auswärtsspiel in Mönchengladbach am Samstag (18.30 Uhr) sind Stürmer Goncalo Paciencia (26) und Ersatztorwart Ralf Fährmann (32). Beide konnten am Mittwoch wegen Knieverletzungen nicht trainieren. Paciencia ist nach Portugal gereist, um sich dort bei seinem Vertrauensarzt nochmals untersuchen zu lassen. Wie bei Fährmann steht eine Diagnose und die Dauer des Ausfalls noch aus.

© dpa-infocom, dpa:201125-99-458452/6



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