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Böse Überraschung: Pokal-Aus für Hertha BSC Berlin in Braunschweig

Berlins Dodi Lukébakio (l) und Matheus Cunha sind gegen den Zweitligisten Eintracht Braunschweig rausgeflogen. Foto: Swen Pförtner/dpa
Berlins Dodi Lukébakio (l) und Matheus Cunha sind gegen den Zweitligisten Eintracht Braunschweig rausgeflogen. Foto: Swen Pförtner/dpa

Für Hertha BSC wird es wieder nichts mit dem Finale im DFB-Pokal im eigenen Stadion in Berlin, diesmal kam das Aus im ersten Spiel gegen Braunschweig. In einem echten Spektakel mit neun Toren hatte die Eintracht die passenden Antworten. Die Probleme bei der Hertha hatten sich in den letzten Wochen angedeutet.

Saison-Fehlstart für Hertha BSC Berlin: Nach einer Vorbereitung voller Personalprobleme und Testspiel-Pleiten gab es für den ambitionierten Bundesligisten aus der Hauptstadt am Freitagabend auf spektakuläre Weise mit 4:5 (2:3) das Aus im DFB-Pokal beim Zweitliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig.

500 Zuschauer waren gemäß der niedersächsischen Corona-Verordnung im Eintracht-Stadion zugelassen – sie machten angesichts der Dramaturgie dieser Partie aber zeitweise einen Lärm wie mehrere tausend und feierten am Ende mit dem Außenseiter den überraschenden aber durchaus verdienten Erfolg.

Für Hertha BSC setzt sich damit ein Fluch fort: Seit das Pokalendspiel 1985 fest nach Berlin vergeben wurde, will der Verein es unbedingt einmal mit seiner Profimannschaft erreichen. Doch während es den Amateuren bereits gelang, geht bei der ersten Mannschaft auf dem Weg dorthin fast immer etwas dramatisch schief: Sei es auf peinliche Art und Weise wie 2012 beim Regionalligisten Wormatia Worms. Oder auf bittere wie 2017 im Elfmeterschießen gegen den späteren Pokalsieger Borussia Dortmund.

Das Neue an diesem Jahr und dem Neun-Tore-Spektakel in Braunschweig war nur: Die Fallhöhe ist größer geworden, seit die Hertha dank ihres Investors Lars Windhorst kein Mittelklasse-Club mehr ist, sondern ein „Big City Club“ mit internationalen Ansprüchen werden will.

Wenn dieses Fußball-Jahr am 23. Dezember mit der zweiten Pokalrunde zu Ende geht, wird der Unternehmer seit 2019 insgesamt 374 Millionen Euro in den deutschen Meister von 1930 und 1931 investiert haben. Das weckt Erwartungen, die am Freitag mal wieder weit unterlaufen wurden.

Schwolow: „Albtraum-Spiel“

„Ein Albtraum-Spiel“, sagte Herthas neuer Torwart Alexander Schwolow in einem Sky-Interview. „Es lief alles schief, was schief laufen kann. Das war furchtbar, eine Katastrophe für uns. Braunschweig hat heute eiskalt zugeschlagen und sehr viel Glück gehabt.“

Es war für Schwolow ein Interview, das kein Fußballer der Welt nach dem ersten wichtigen Spiel für seinen neuen Verein geben möchte. Der 28 Jahre alte Schwolow ist erst vor wenigen Wochen vom SC Freiburg zu Hertha BSC nach Berlin gewechselt und weiß auch erst seit diesem Freitagabend mit letzter Gewissheit, dass er dort in dieser Saison die neue Nummer eins im Tor ist.

Doch dann erlebte er so einen Einstand – mit fünf Gegentoren bei einem Zweitliga-Aufsteiger. Vier der fünf Braunschweiger Tore schossenzudem ehemalige Spieler des Berliner Hertha-Rivalen 1. FC Union. Dazu kam noch ein Eigentor von Maximilian Mittelstädt, an dem dieser nach einem wuchtigen Kopfball der Braunschweiger aber keine wirkliche Schuld trug.

Drei Kobylanski-Treffer

Die Spieler von Eintracht Braunschweig feiern das Tor zum 5:3 gegen Hertha BSC. Foto: Swen Pförtner/dpa
Die Spieler von Eintracht Braunschweig feiern das Tor zum 5:3 gegen Hertha BSC. Foto: Swen Pförtner/dpa

Allein drei Mal traf der offensive Mittelfeldspieler Martin Kobylanski, der die Eintracht erst vor zwei Monaten mit 18 Drittliga-Treffern zur Zweitliga-Rückkehr geschossen hatte. Diesmal verwandelte er bereits nach 63 Sekunden einen Freistoß aus 25 Metern. Seine Tore zwei und drei fielen dann aus Sicht der Hertha jeweils zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt.

Beim 3:2 kurz vor der Pause (44.) traf Kobylanski per Nachschuss nach einem von ihm selbst verschossenen Foulelfmeter. Die Hertha hatte zu diesem Zeitpunkt gerade einen frühen 0:2-Rückstand aufgeholt, weil Dodi Lukebakio (23.) und Matheus Cunha (29.) in nur zwölf Minuten auf das Missgeschick von Mittelstädt (17.) antworteten.

In der zweiten Halbzeit schlug Kobylanski dann noch schneller zurück: Erst gelang Peter Pekarik (65.) der erneute Ausgleich. Doch nur zwei Minuten später hieß es wieder 4:3 (67.) durch den Mann, der sich in der Saison 2014/15 bei den Unionern nicht nachhaltig durchsetzen konnte.

„Wir haben Moral bewiesen, immer nach dem Ausgleich oder wenn Hertha ein Tor gemacht hat, haben wir nachgelegt“, sagte Kobylanski. Mit Leihgabe Suleiman Abdullahi traf ein weiterer Ex-Eiserner sogar zum 5:3 (73.), doch entschieden war dieses Spektakel auch damit noch nicht. Erneut Lukebakio brachte Hertha BSC Berlin noch einmal heran (83.), doch am Ende war das Aus im DFB-Pokal besiegelt – über das 5:4 jubelte die Eintracht aus Braunschweig.

Probleme der Hertha setzen sich fort

„Für uns ist das eine große Enttäuschung“, räumte Trainer Bruno Labbadia ein. Seine Mannschaft holte dabei ein 0:2 und ein 2:3 auf. Sie war zeitweise so drückend überlegen, dass ihr Trainer an der Seitenlinie „das Gefühl hatte: Wir sind im Fluss, jeder ist griffig, jeder ist da.“ Doch am Ende standen fünf Braunschweiger Tore auf der Anzeigetafel, aber nur vier Berliner Treffer. „Die vielen individuellen Fehler, die wir heute gemacht haben, konnten wir nicht kompensieren“, sagte Labbadia.

Auf das Dilemma hatte der Hertha-Coach schon nach mehreren Niederlagen in der Vorbereitungszeit hingewiesen: Viele sähen nur die Windhorst-Millionen, aber nicht das, was auf dem Platz passiert. Und tatsächlich wären viele Clubs gerade in der Corona-Krise gern finanziell so gut ausgestattet wie die Hertha.

Aber genau eine Woche vor dem Start der Bundesliga-Saison hat auch kaum jemand noch so viele Baustellen zu bearbeiten wie dieser ambitionierte Verein. Labbadia wartet noch immer auf Verstärkungen für den Angriff, eine offensive Außenposition und das zentrale Mittelfeld. Er hat nach den Abgängen von Vedad Ibisevic, Per Skjelbred oder Marko Grujic auch noch immer keine stabile neue Achsen bilden können.

Die Hertha benötigt dafür etwas, das sie sich selbst von dem Geld ihres Investors nicht kaufen kann, nämlich Zeit. „Wir haben zwar jetzt mehr Geld zur Verfügung. Aber das geben die Vereine, die vor uns stehen, seit zehn Jahren aus. Das heißt, sie haben auch zehn Jahre Vorsprung, und den werden wir nicht in einem Jahr aufholen. Auch nicht in zwei. Das ist unmöglich“, sagte Labbadia in einem Tagesspiegel-Interview.

Die Niederlage in Braunschweig macht die Sache nicht leichter. Sie wird den Druck vor dem ersten Bundesliga-Spiel am nächsten Samstag bei Werder Bremen noch weiter erhöhen. „Wir sind in der Entwicklung“, sagte Labbadia. „Deshalb ist das heute besonders schade.“ Das Aus im DFB-Pokal in Braunschweig lässt nicht nur weiter auf das Finale im eigenen Stadion warten, es hat auch den ersten Wettbewerb der neuen Saison für Hertha BSC Berlin bereits beendet.

© dpa-infocom, dpa:200911-99-527838/5

weiterführende Informationen:
➡️ 1. Runde DFB-Pokal: Spiele und Ergebnisse
➡️ Daten zum Spiel Braunschweig – Hertha
➡️ Homepage Eintracht Braunschweig
➡️ Homepage Hertha BSC Berlin
➡️ weitere News zur Themenwelt „DFB-Pokal“

News vom 11. September 2020:

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