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„All-in-Mentalität“: Flick startet mit viel Elan

Startet als Bundestrainer: Löw-Nachfolger Hansi Flick wird vorgestellt. Foto: Thomas Boecker/DFB/dpa
Startet als Bundestrainer: Löw-Nachfolger Hansi Flick wird vorgestellt. Foto: Thomas Boecker/DFB/dpa

Hansi Flick ist gleich in seinem Element. Bei der Präsentation als Bundestrainer verkündet der Münchner Titelsammler seinen Plan für wieder erfolgreichere Zeiten der Nationalmannschaft.

Frankfurt/Main (dpa) – Braun gebrannt und gut erholt von den stressigen Bayern-Tagen hat Bundestrainer Hansi Flick die Rückkehr der Fußball-Nationalmannschaft in die Weltspitze als sein großes Ziel ausgerufen.

Neue Titel bei der WM im kommenden Jahr in Katar oder der Heim-EM 2024 versprach der Münchner Trophäen-Sammler bei seiner Präsentation als DFB-Chefcoach am Dienstag auf der Großbaustelle der neuen Verbandsakademie in Frankfurt ausdrücklich nicht. Die weißen Hemdsärmel hochgekrempelt ließ Flick aber keinen Zweifel aufkommen, dass die lähmenden letzten Jahre der langen Ära Löw mit WM-Debakel 2018 und EM-Enttäuschung 2021 mit seinem Amtsantritt Geschichte sind.

„All-in-Mentalität bekommen“

„Es ist wichtig, dass wir eine All-in-Mentalität bekommen. All-in-Mentalität bedeutet für mich, dass man alles gibt, um als Sieger vom Platz zu gehen. Das werden wir vorleben, wir alle“, beschrieb der 56-Jährige seine Agenda als elfter Chefcoach in der DFB-Geschichte. „Erfolg hat, wer andere erfolgreich macht. Dafür will ich stehen. Da erwarte ich aber auch, dass andere auch dafür stehen“, sagte Flick und machte noch vor dem ersten Länderspiel im September deutlich, dass bei ihm „die besten Spieler für Deutschland“ zum Zuge kommen werden.

Die Tür ist also weiter auf für die von Joachim Löw zur EM zurückgeholten Thomas Müller und Mats Hummels. Das machte Flick klar, ohne die Namen der einst aussortierten Ex-Weltmeister zu nennen. „Die Besten werden eingeladen. Wenn sie Top-Leistungen abrufen, dann sind sie auch ein Teil dieser Mannschaft“, sagte Flick.

Während WM-Siegtorschütze Mario Götze nur freundliche Worte für seinen Aufschwung in den Niederlanden bei der PSV Eindhoven bekam, kann sich der Dortmunder Marco Reus konkrete Hoffnungen auf ein Comeback im DFB-Trikot nach fast zwei Jahren machen.

Viel Lob für Reus

„Marco Reus ist für mich einer der besten Spieler im letzten Drittel, der enorme Technik hat und im letzten Drittel immer wieder den Pass spielen kann. Für mich ist er einer der Besten auf dieser Position“, sagte Flick über den BVB-Kapitän. Da er „die Besten“ holen will, scheint eine Nominierung des 32-Jährigen im ersten Flick-Kader am 26. August für den Dreierpack in der WM-Qualifikation gegen Liechtenstein, Armenien und Island nach dieser Aussage logisch.

Gleich am Samstag wird Flick zum Liga-Start Reus im Dortmunder Spiel gegen Eintracht Frankfurt im Stadion noch einmal live begutachten. Am Abend zuvor ist er beim Auftaktspiel des FC Bayern in Mönchengladbach. Mangelnde Präsenz in den Bundesliga-Stadien wie bei seinem Vorgänger Löw wird man Flick nicht vorhalten können.

„Das ist das Schöne, man kann nominieren und schauen, wie jeder gut drauf ist“, beschrieb Flick die Vorzüge des Bundestrainer-Jobs im Vergleich zum Leben als Vereinscoach, als ihm in München Spieler quasi vorgesetzt wurden – eine Verbalspitze an Bayern-Sportvorstand und Gegenspieler Hasan Salihamidzic. Allerdings hat Flick beim DFB keinen Zugriff auf Weltklasse à la Robert Lewandowski. Das sind dann wiederum die Grenzen des Nationaltrainer-Daseins.

Zukunft wieder erfolgreich gestalten

Neben der Werbetafel, vor der Flick und sein Trainerteam, zu dem künftig auch Bayern-Veteran Hermann Gerland als Scout gehören soll, Platz genommen hatten, baumelte ein grünes Elektrokabel unverputzt aus der Wand. Flicks metaphorische Aussage zum Gesamtzustand von Mannschaft und dem Deutschen Fußball-Bund als Krisen-Verband passte ideal. „Ich habe das Gefühl, dass hier etwas Gutes entstehen kann“, sagte der einstige Löw-Assistent. Der Ist-Zustand entspricht eben noch nicht Flicks Vorstellungen.

Ausgerechnet in den Rohbau-Räumen des DFB-Campus musste Flick bei seiner ersten öffentlichen Fragestunde als Bundestrainer also konstatieren, dass die schwarz-rot-goldene Fußball-Wirklichkeit unbefriedigend ist. „Die Fußballnation Deutschland ist Erfolg gewöhnt. Den Anspruch haben wir auch. Mein ganzes Team und auch ich wollen, dass wir in Zukunft wieder erfolgreich sind“, sagte Flick genau sechs Wochen nach dem 0:2 gegen England im EM-Achtelfinale.

Erfolge braucht Flick schnell. Sieben Spiele stehen auf dem Weg nach Katar in diesem Herbst noch aus. Als derzeitiger Tabellendritter darf man sich in der Gruppe J keinen Ausrutscher mehr leisten. Nur als Sieger löst man das Direkt-Ticket zur WM. Sonst droht ein riskantes Playoff-Turnier im März 2022. In einer WM-Qualifikation scheiterte Deutschland noch nie. Einen solchen Malus muss Flick verhindern. „Ich bin überzeugt, dass wir im September gut starten werden“, sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff strahlend: „Heute ist ein schöner Tag.“

Wenig Zeit bis zur Katar-WM

Nur noch sechs Länderspielfenster bis zur WM hat Flick zur Verfügung. Er mahnte zur Effizienz in den ersten Monaten. Wenig Zeit bleibt, um den auch von DFB-Interimspräsident Peter Peters geforderten „Neuanfang“ umzusetzen. Auch zwischen den Länderspielen werde er den Kontakt zu Manuel Neuer und dessen Kollegen suchen, sagte Flick.

Und dann soll da irgendwann bald auch noch Zeit für ein Abendessen mit Joachim Löw sein, seinem einstigen Chef und zuletzt glücklosen Vorgänger, von dem sich Flick dringend distanzieren und emanzipieren muss, um seine eigene Erfolgsgeschichte schreiben zu können. „Wir haben natürlich lange telefoniert. Da wird es mit Sicherheit eine Gelegenheit geben, dass wir uns noch mal austauschen. Bei einem Essen oder bei einem Espresso, den er so mag“, sagte Flick.

© dpa-infocom, dpa:210809-99-783325/10

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