Angeführt von Rekordspieler Thomas Müller hat der FC Bayern München in einem irren Torfestival den ruhmreichen FC Barcelona überrollt und sich beim Finalturnier der Champions League mit einem 8:2 (4:1) endgültig in die Favoritenrolle katapultiert.
Beim sagenhaften 8:2-Erfolg im Viertelfinale gegen die Katalanen mit einem entzauberten Weltfußballer Lionel Messi spielten die Münchner besonders in der ersten halben Stunde so auf, dass Erinnerungen an den 7:1-Triumph der Nationalmannschaft gegen Brasilien bei der WM 2014 aufkamen.
Bayern-Coach Hansi Flick war damals Joachim Löws Assistent, jetzt plant der 55-Jährige in Portugal die Triple-Krönung. Thomas Müller (4. und 31. Minute), Ivan Perisic (22.) und Serge Gnabry (28.) überwanden Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen im Barça-Tor im ersten Spieldrittel fast nach Belieben.
Nach dem 4:1 in der ersten Hälfte, folgte ein 4:1 auch in der zweiten: Joshua Kimmich (63.), Robert Lewandowski (82.) mit seinem 14. Königsklassen-Tor dieser Saison und der vom FC Barcelona ausgeliehene Philippe Coutinho (85. und 89.) legten zum 8:2-Endstand für den FC Bayern München nach.
Flick: „Es hat optimal geklappt“
„Es war ein Genuss, den Jungs beim Spielen zuzuschauen“, schwärmte Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Leon Goretzka erklärte bei Sky: „Es ist schwierig so kurz nach dem Spiel, aber wir sind natürlich sehr euphorisch. So richtig klar wird einem das erst in den nächsten Tagen.“
„Wir haben sehr gut ins Spiel gefunden. (…) Das 1:1 war ein kleiner Dämpfer. Aber dann die Moral zu zeigen und sich nicht beirren zu lassen“, sei das Erfolgsrezept gewesen, so Goretzka: „Das Selbstvertrauen ist da, keine Frage. Das wird auch nicht weniger. Aber das war erst ein Schritt von dreien.“
„Ich muss der ganzen Mannschaft ein riesiges Kompliment machen. Wie die Jungs über die gesamten 90 Minuten die Intensität hochgehalten haben, war einfach top“, so Hansi Flick, der anfügte: „Das ist unsere Mentalität, für das stehen wir. Was mich auch besonders freut ist, dass die Spieler, die reinkommen, nahtlos an die Leistungen anknüpfen. Das ist ein absoluter Teamgedanke.“
Der Spielplan gegen den FC Barcelona sei vollends aufgegangen, berichtet Flick nach dem 8:2 auf der Homepage des FC Bayern München: „Wir wussten, dass wenn wir sie unter Druck setzen, Fehler passieren können. Das wollten wir ausnutzen. Es hat optimal geklappt. Wir freuen uns, dass wir für die Leistung belohnt wurden – auch mit dem hohen Ergebnis. Aber wir wissen auch, dass wir noch einiges vor der Brust haben.“
„Wir haben wirklich mit einem brutalen Fokus gespielt“, erklärte Joshua Kimmich. Es gab kein Bayern-Erbarmen mit Barcelona. „Wir haben immer weitergemacht“, sagte Nationaltorhüter Manuel Neuer zur Mentalität dieses Bayern-Teams. Die zwei Gegentore störten da nicht groß.
Für Barcelona, das eine Rekordniederlage im Europapokal kassierte, trafen Münchens Abwehrchef David Alaba, der in der 7. Minute ein Eigentor zum 1:1 fabrizierte, und Luis Suárez (57.). Das „historische Begräbnis“, wie spanische Medien schrieben, Konsequenzen haben.
Quique Sétien ahnt, dass seine Zeit als Trainer des FC Barcelona nach nur sechs Monaten im Amt auch aufgrund der deutlichen 2:8-Niederlage gegen Bayern München schon wieder enden könnte: „Natürlich minimieren sich die Chancen für mich“, sagte der 61-Jährige, der seufzte: „Wir haben uns überrollt gesehen von einer sehr guten Mannschaft.“
„Nach so einem Spiel kann man das Positive herausheben“, sagte Flick. Er blickte schon voraus auf das Wochenende: „Es geht nun darum, Kräfte zu sammeln für das Halbfinale.“ Das steht am kommenden Mittwoch an. In ihrem zwölften Königsklassen-Halbfinale treffen die Bayern auf Manchester City mit Ex-Coach Pep Guardiola oder Olympique Lyon.
Selbstbewusste Bayern von der ersten Minute
(1) Der FC Bayern München hatte keine Mühe mit dem FC Barcelona und erreichte locker das Halbfinale. Foto: Manu Fernandez/AP Pool/dpa
(2) Thomas Müller (r) traf früh zum 1:0 für die Bayern. Foto: Rafael Marchante/Reuters Pool/dpa
(3) Kurz nach der Führung kassierte Bayern-Torhüter Manuel Neuer ein unglückliches Eigentor von David Alaba (nicht im Bild). Foto: Manu Fernandez/AP Pool/dpa
(4) Ivan Perisic (l) bejubelt seinen Treffer mit Serge Gnabry (r) und Alphonso Davies. Foto: Manu Fernandez/AP Pool/dpa
(5) Bayern-Trainer Hansi Flick hatte sein Team gut eingestellt. Foto: Manu Fernandez/AP Pool/dpa
(6) Gnabry markierte den dritten Treffer der Bayern. Foto: Manu Fernandez/AP Pool/dpa
(7) Barcelonas Torhüter Marc-André ter Stegen (l) konnte sich nur selten auszeichnen und erlebte einen bitteren Abend. Foto: Rafael Marchante/Reuters Pool/dpa
(8) Nach dem Tor von Luis Suarez (l) keimte beim FC Barcelona kurz Hoffnung auf. Foto: Rafael Marchante/AP/dpa
(9) Joshua Kimmich (l) machte spätestens mit dem fünften Treffer alles klar für den FCB. Foto: Manu Fernandez/AP Pool/dpa
(10) Der FC Barcelona um Lionel Messi fiel regelrecht auseinander. Foto: Manu Fernandez/AP Pool/dpa
Die Bayern waren nach einem Kurztrainingslager an der Algarve mit gigantischem Selbstbewusstsein angereist – der Rekordmeister musste aber eine fast dramatische Anfangsphase überstehen. Vom üblichen Taktieren in einem K.o.-Spiel war im fast menschenleeren Estádio da Luz gar nichts zu sehen.
Müller erzielte in seinem 113. Einsatz, der ihn zum deutschen Rekordspieler der Königsklasse machte, nach schönem Doppelpass mit Lewandowski die frühe Führung. Dann aber kam zunächst Barcelona. Über die linke Seite zwang Jordi Alba mit einer Flanke Alaba zu dessen verunglückter Rettungstat ins eigene Tor vor dem einschussbereiten Suárez.
Dessen Versuch fünf Minuten später parierte Nationaltorwart Manuel Neuer glänzend (9.), Sekunden später prallte eine Messi-Hereingabe an den Pfosten (10.). Erst danach hatten die Bayern die Partie vollends im Griff und spielten „Bayern-like“. Messi wirkte dagegen mit zunehmender Spieldauer immer lustloser.
Kurz nach dem ersten, aber wirkungslosen Solo des Argentiniers (20.) eroberte Gnabry, der mit seiner Schnelligkeit und Aggressivität immer wieder für Gefahr sorgte, den Ball und leitete auf Perisic weiter. Der Kroate, schon im Achtelfinale gegen den FC Chelsea Torschütze, entschied sich statt für die Hereingabe für einen starken Schuss, den Barcelonas deutscher Nationaltorwart Marc-André ter Stegen nicht entscheidend ablenken konnte.
Bayern dominiert
Der 28-Jährige ter Stegen, der im Privatduell mit Neuer um das DFB-Tor eigentlich hatte Punkte sammeln wollen, erlebte ganz bittere folgende Minuten: Erst Gnabry mit seinem siebten Königsklassen-Tor der laufenden Saison nach einem Lupfer des sehr präsenten Goretzka und dann wieder Rekordmann Müller, der 2013 im Halbfinale auf dem Weg zum Triple dreimal gegen Barcelona getroffen hatte, sorgten für den Pausenstand. «Was für eine erste Halbzeit», twitterte Bayern-Neuzugang Leroy Sané, der in Portugal nicht spielberechtigt ist.
Die Katalanen, bei denen der französische Weltmeister Antoine Griezmann erst zur zweiten Hälfte eingewechselt wurde, hatten immer wieder Probleme mit der Wucht der Münchner, die ihr Tempo zwischenzeitlich drosseln konnten. Messi, oft vom jungen Alphonso Davies wachsam verfolgt, versuchte zwar immer wieder, sich in die eigene Hälfte fallen zu lassen, um den Ball vor das Bayern-Tor zu bringen. Es half nichts.
In der Phase, in der sich das Spiel zu beruhigen schien, traf zwar Suárez. Dann aber startete Davies nach einem gewonnenen Zweikampf gegen Messi zum Weltklasse-Dribbling auf der linken Seite bis in den Strafraum und passte perfekt auf Kimmich zum fünften Bayern-Tor. Barcelona zeigte Auflösungserscheinungen. Es wurde eine Demontage, 8:2 hieß es am Ende in Viertelfinale der Champions League für den FC Bayern München gegen den großen FC Barcelona.
© dpa-infocom, dpa:200814-99-174375/4
© dpa-infocom, dpa:200815-99-175937/4
weiterführende Informationen:
➡️ Stimmen auf der Homepage des FC Bayern München
➡️ Informationen zum Spiel auf der UEFA-Seite [EN]
➡️ Highlights des Spiel von Sky Sport auf Youtube
➡️ weitere News aus der Themenwelt „Fußball“
Twitter-Video FC Bayern mit Stimmen:
Hansi Flick auf der Pressekonferenz:
