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USA: Marsch auf Washington zum Gedenken an George Floyd

Philonise Floyd, Bruder von George Floyd, und Shareeduh Tate, Cousine von George Floyd, bei der Gedenkfeier in Minneapolis. Foto: Bebeto Matthews/AP/dpa
Philonise Floyd, Bruder von George Floyd, und Shareeduh Tate, Cousine von George Floyd, bei der Gedenkfeier in Minneapolis. Foto: Bebeto Matthews/AP/dpa

„Alle wollen Gerechtigkeit“ – mit einer bewegenden Trauerfeier hat Minneapolis Abschied von George Floyd genommen. Unterdessen ging erneut Tausende Amerikaner gegen Polizeigewalt und Rassismus auf die Straße und es wurde ein „Marsch auf Washington“ angekündigt. Die US-Regierung sieht sich derweil mit einer Klage von Bürgerrechtlern konfrontiert.

Familie, Freunde und Vertreter der Politik haben mit einer emotionalen Trauerfeier im US-Bundesstaat Minnesota Abschied von George Floyd genommen. Bürgerrechtler erhöhen unterdessen mit einer Klage den Druck auf Präsident Donald Trump und kündigten einen „Marsch auf Washington“ an.

Vor Floyds aufgebahrtem Sarg mischten sich persönliche Worte mit Appellen, nach dessen Tod bei einem brutalen Polizeieinsatz den Kampf gegen die Benachteiligung von Afroamerikanern zu intensivieren. Im ganzen Land gingen erneut Tausende Menschen auf die Straßen, um für ein Ende von Polizeigewalt, Rassismus und anhaltender Ungleichheit zu demonstrieren.

Floyds Bruder Philonise erklärte, es sei bewegend, wie viele Menschen George inzwischen berührt habe. „Alle wollen Gerechtigkeit für George, wir wollen Gerechtigkeit für George, er wird sie bekommen“, sagte er. „Ich habe meinen Bruder geliebt.“ Zum Abschluss der Trauerfeier in Minneapolis stand die Gemeinde für fast neun Minuten schweigend – so lange, wie ein Polizist sein Knie brutal in Floyds Nacken gedrückt hatte.

Trump hat Floyds Tod bei dem brutalen Einsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota am Montag vergangener Woche mehrfach scharf verurteilt und das Recht auf friedliche Proteste betont. Ihm wird jedoch vorgeworfen, sich nicht klar gegen Rassismus zu positionieren und nicht genug Verständnis zu zeigen für den Zorn über Diskriminierung und Ungerechtigkeit im Land.

Floyd ist nach Ansicht des Anwalts seiner Familie ein Opfer der „Pandemie des Rassismus“ in den USA. Er sei nicht an der neuen Gefahr des Coronavirus gestorben, sondern infolge der systematischen Diskriminierung Schwarzer, „mit der wir in Amerika allzu vertraut sind“, sagte Anwalt Benjamin Crump. Er forderte die Menschen in den USA auf, weiter friedlich zu demonstrieren, um Gerechtigkeit für Floyd zu erreichen und Veränderungen einzufordern. Amerika werde dadurch ein besseres Land, ein Ort der Hoffnung werden, sagte er.

Der Bürgerrechtler und Prediger Al Sharpton sagte beim Gedenken an George Floyd, es sei endlich Zeit für Amerika, die Diskriminierung Schwarzer zu beenden: „Was George Floyd passiert ist, passiert jeden Tag in diesem Land“, sagte Sharpton und kündigte in Anlehnung an eine legendäre Kundgebung von Martin Luther King im Jahre 1963 zudem für August einen neuen „Marsch auf Washington“ an, um gegen Diskriminierung zu protestieren..

Marsch auf Washington

Bürgerrechtler Sharpton, der auch auf der Trauerfeier von Michael Jackson sprach, kündigte beim Gedenken an George Floyd an, dass der „Marsch auf Washington“ am 28. August stattfinden soll. Dies ist der 57. Jahrestag der Kundgebung von 1963, bei der Martin Luther King mit den legendären Worten „I have a dream“ die Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen einforderte.

„Wir gehen an diesem 28. August (nach Washington) zurück, um diesen Traum wiederherzustellen und uns ihm wieder zu verpflichten“, sagte Prediger Sharpton bei der Trauerfeier für Floyd. An der Kundgebung werden nach seinen Worten die Familien des 46-Jährigen sowie anderer Afroamerikaner teilnehmen, die „den Schmerz kennen“, einen Angehörigen durch Polizeigewalt verloren zu haben.

Die Diskriminierung Schwarzer gelte es zu beenden, vor allem bei Polizei und Justiz, sagte Sharpton. „Es ist Zeit für uns, in Georges Namen aufzustehen und zu sagen: Nehmt Euer Knie aus meinem Nacken.“ Amerikaner müssten weiter friedlich demonstrieren, um wirkliche Veränderungen zu erzielen. Seit Jahren gehe man auf die Straße, sagte der 65-Jährige, der hoffnungsvoll feststellte: Geändert habe sich, dass der Protest nun nicht nur von Schwarzen getragen werde.

Martin Luther King, der 1964 den Friedensnobelpreis erhielt und 1968 bei einem Attentat starb, hatte vor 57 Jahren rund 250.000 Anhänger nach Washington geführt. Auf der bis dahin größten Kundgebung in der Hauptstadt forderten die Teilnehmer unter anderem ein umfassendes Bürgerrechtsgesetz. „Wir werden die Zeit verändern“, sagte nun Sharpton. An der Organisation sei auch Martin Luther King III. beteiligt, hieß es.

Wem die Straße gehört, das beschäftigte angesichts des Vorgehens gegen Protestanten die Stadt Washington. Bürgermeisterin Muriel Bowser nannte den Platz am Freitag offiziell #BlackLivesMatter-Platz. Auf eine dorthin führende Straße ließ Bowser in riesigen gelben Lettern ebenfalls BlackLivesMatter pinseln.

Bowsers Stabschef John Falcicchio teilte auf Twitter mit: „Es gab diese Woche einen Disput darüber, wessen Straße das ist.“ Die Bürgermeisterin habe „in aller Deutlichkeit“ klarstellen wollen, dass die Straße der Stadt gehöre. In einem Brief an Trump forderte Bowser zudem den Abzug des Militärs und anderer Sicherheitskräfte der Bundesregierung von den Straßen der Hauptstadt.

Klage gegen Donald Trump

Trump reagierte auf die Kritik und rief die Polizei im ganzen Land am Freitag zur Gleichbehandlung aller Bürger auf – unabhängig von ihrer Hautfarbe. „Das ist, was unsere Verfassung erfordert, und das ist es, worum es in unserem Land geht“, sagte er bei einem Auftritt im Weißen Haus angesichts des überraschenden Rückgangs der Arbeitslosenquote in den USA.

Derweil haben US-Bürgerrechtler die Regierung von Präsident Donald Trump wegen des harten Vorgehens der Polizei gegen Teilnehmer einer Kundgebung vor dem Weißen Haus verklagt. Bei der angeordneten Räumung seien Tränengas und Gummigeschosse gegen Demonstranten eingesetzt worden, die am Montag friedlich gegen den Tod von George Floyd protestiert hätten, heißt es in der Klageschrift, die die Bürgerrechtsorganisation ACLU am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichte.

Sicherheitskräfte hatten die Demonstranten gewaltsam von dem Platz vor dem Weißen Haus weggedrängt. Trump war daraufhin mit einem Gefolge für einen Fototermin zu einer nahe gelegenen Kirche gegangen und hatte dort mit einer Bibel in der Hand für die Kameras posiert. Die Washington Post hatte berichtet, US-Justizminister William Barrr habe die Räumung persönlich angeordnet.

Eingereicht wurde die Klage von der American Civil Liberties Union (ACLU) sowie einzelnen Teilnehmern des Protests im Namen der Bewegung #BlackLivesMatter. Mit dem Einsatz seien die in der Verfassung garantierten Grundrechte der Demonstranten verletzt worden, argumentiert die American Civil Liberties Union (ACLU).

Auch Justizminister William Barr und Verteidigungsminister Mark Esper werden in der Klage genannt. Barr hatte den Einsatz am Donnerstag verteidigt. Die ACLU kündigte auch Klagen wegen des Einsatzes von Sicherheitskräften gegen Journalisten während der Demonstrationen an.

„Der beschämende, verfassungswidrige, unprovozierte und offen gesagt kriminelle Angriff des Präsidenten auf Demonstranten, weil er mit deren Ansichten nicht einverstanden war, erschüttert die Grundlage der verfassungsmäßigen Ordnung unserer Nation“, sagte ein ACLU-Sprecher dem Sender CNN. Die Regierung müsse zur Rechenschaft gezogen werden, heißt es in einem Tweet.

Für das Vorgehen von Donald Trump gab es zudem auch Kritik aus dem Militär: Der amtierende Verteidigungsminister Mark Esper sowie dessen Vorgänger James Mattis hatten sich zu Wort gemeldet und dem US-Präsidenten auch mit Blick auf den Einsatz von Soldaten gegen die Protestierenden widersprochen. Zudem hatte sich unter anderem die chinesische Regierung kritisch geäußert.

Am Samstag soll es in Raeford im Bundesstaat North Carolina noch eine weitere Trauerfeier geben, am Dienstag soll er dann im texanischen Houston beigesetzt werden. Houstons Bürgermeister Sylvester Turner sagte dem Sender CNN, Floyds Leichnam werde dort eine offizielle Polizeieskorte bekommen. Es werde in der Stadt auch erneut mit großen friedlichen Protesten zum Gedenken an George Floyd gerechnet.

Anklage gegen Polizisten und Proteste

Floyd war am Montag vergangener Woche bei einer Festnahme in Minneapolis gestorben. Ein Polizeibeamter hatte sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Floyds gedrückt – trotz aller Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen.

Der Beamte und drei weitere beteiligten Polizisten wurden nach Bekanntwerden des Vorfalls entlassen. Sie wurden inzwischen festgenommen und angeklagt. Die drei an der Festnahme beteiligten früheren Beamten könnten bald gegen eine Kaution von bis zu einer Million US-Dollar (900.000 Euro) bis zum Prozess freikommen.

In sozialen Medien verbreitete sich unterdessen ein Video, das Floyds sechsjährige Tochter Gianna auf den Schultern des früheren NBA-Basketballspieler Stephen Jackson zeigte. „Papa hat die Welt verändert“, sagt das Mädchen darin, offenbar in Anspielung auf die massiven Proteste nach Floyds Tod.

Jackson, der mit Floyd befreundet gewesen war, verlinkte in seinem verifizierten Instagram-Profil auf eine Spendenkampagne für Gianna. Auf der Crowdfunding-Seite GoFundMe sind bereits mehr als 1,5 Millionen US-Dollar (1,34 Millionen Euro) zusammengekommen.

„Ich bin am Boden zerstört und traurig, dass wir so etwas immer und immer wieder sehen. Ich habe Angst um die Zukunft meiner Kinder“, hatte Dirk Nowitzki den Rassismus in den USA kommentiert und mit Blick auf das Gedenken an George Floyd gefordert: „Wir müssen jetzt was ändern.“

In mehreren Großstädten kam es unterdessen erneut zu friedlichen Demonstrationen. In New York, Washington, Minneapolis, Atlanta und Los Angeles gingen jeweils Hunderte Menschen auf die Straßen. In New York waren es Medienberichten zufolge Tausende Demonstranten, viele trugen dabei Plakate mit dem Slogan #BlackLivesMatter. Vielerorts hielten die Proteste nun schon seit gut einer Woche an.

Vor dem Weißen Haus in der Hauptstadt Washington wurden die Sicherheitsmaßnahmen angesichts der anhaltenden Proteste nochmals verstärkt. Dort waren Hunderte Nationalgardisten und andere Sicherheitskräfte des Bundes in schwerer Ausrüstung zugegen. Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, forderte von Präsident Trump daher in einem Schreiben Aufklärung über die „zunehmende Militarisierung“ der Einsätze bei den friedlichen Protesten in der Hauptstadt.

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