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EU-Staaten beschließen härteren Kurs gegen Russland

Der russische Präsident Wladimir Putin: Die EU verschärft ihre Gangart gegenüber Russland. Foto: Patrick Semansky/AP/dpa
Der russische Präsident Wladimir Putin: Die EU verschärft ihre Gangart gegenüber Russland. Foto: Patrick Semansky/AP/dpa

Nach dem USA-Russland-Gipfel wirbt Kanzlerin Merkel in der EU für ein ähnliches Format mit dem Kremlchef – und scheitert. Orbans Homosexuellen-Gesetz wird kontrovers diskutiert.

Die EU-Staaten haben sich auf ein schärferes Vorgehen gegen künftige Rechtsbrüche Russlands geeinigt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte sich aber beim EU-Gipfel nicht mit dem Vorschlag durchsetzen, auch wieder Spitzentreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ins Auge zu fassen.

Entschlossene Reaktion

„Man konnte sich heute nicht darauf einigen, dass wir auf Leitungsebene, also auf Chefebene uns sofort treffen“, sagte Merkel in Brüssel. An Formaten und Bedingungen für einen Dialog mit Russland werde nun gearbeitet.

„Ich persönlich hätte hier mir einen mutigeren Schritt gewünscht“, sagte die CDU-Politikerin zum Abschluss des ersten Gipfeltags. Am Freitagmorgen geht es mit Beratungen zur Wirtschaftslage nach der Pandemie und Reformen der Eurozone weiter.

In der Russland-Politik hatten Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron für eine Kurskorrektur geworben: einerseits härtere, koordinierte Sanktionen bei Rechtsverstößen Russlands, andererseits aber auch die Option auf EU-Spitzentreffen mit Putin. Viele EU-Staaten hatten jedoch Bedenken.

Beschlossen wurde nur die Erarbeitung eines Plans für Strafmaßnahmen, der auch Wirtschaftssanktionen umfasst. Es gebe „die Notwendigkeit einer entschlossenen und koordinierten Reaktion der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf jede weitere böswillige, rechtswidrige und disruptive Aktivität Russlands“, heißt es in der Gipfelerklärung.

Ungarns Gesetz zur Homosexualität sorgt für Streit

Deutschland und Frankreich hatten mit ihrem Vorstoß einigen Wirbel verursacht. Doch ein anderes Thema löste noch viel mehr Streit aus: Das neue ungarische Gesetz zur Homosexualität.

Viele der 27 Staats- und Regierungschefs gingen den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban hinter verschlossenen Türen hart an. Einige stellten nach Angaben von Diplomaten sogar die Frage, warum Ungarn überhaupt noch EU-Mitglied sei.

Merkel bestätigte eine „kontroverse, aber sehr ehrliche Diskussion“. Solche Gespräche würden häufiger gebraucht, denn es zeigten sich unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft Europas, nicht nur mit Ungarn, sagte Merkel.

Orban wies den Vorwurf zurück, dass das Gesetz sexuelle Minderheiten diskriminiere. Die meisten seiner EU-Kollegen sehen das anders. Der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel, der mit einem Mann verheiratet ist, sagte nach Angaben von Teilnehmern: „Meine Mutter hasst es, dass ich schwul bin, damit muss ich leben. Und jetzt schreiben Sie das in ein Gesetz.“

Das ungarische Gesetz verbietet Publikationen, die Kindern zugänglich sind und nicht-heterosexuelle Beziehungen darstellen. Auch wird Werbung verboten, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen. Merkel und viele ihrer EU-Kollegen sehen europäische Grundwerte in Gefahr.

Corona – Außengrenzen vorsichtig öffnen

Trotz des bitteren Streits fanden die Staats- und Regierungschefs eine gemeinsame Linie bei einigen wichtigen Fragen. Im Kampf gegen die Corona-Pandemie stimmten sie nach Angaben von Teilnehmern überein, die Grenzen für Reisende aus Drittstaaten nur vorsichtig und koordiniert öffnen.

Ziel ist, die Ausbreitung der gefürchteten Delta-Variante des Coronavirus zu bremsen. Betroffen sein könnten Reisende aus Großbritannien, wo die Delta-Variante bereits sehr verbreitet ist.

Schnell einig wurden sich die Gipfelteilnehmer über Erklärungen zur Türkei und zur Migrationspolitik. Mit Blick auf die Türkei beteuern sie den Willen zur verstärkten Zusammenarbeit bei bestimmten Themen unter bestimmten Bedingungen.

Die EU-Kommission soll einen konkreten Vorschlag für weitere Finanzhilfen für syrische Flüchtlinge in der Türkei erarbeiten. Erwogen wird ein Betrag von 3,5 Milliarden Euro bis 2024.

Beim Thema Migration ist der Streit über die gemeinsamen Asylpolitik festgefahren. Deshalb konzentrierte sich die Erklärung auf äußere Aspekte, also Vereinbarungen mit Herkunfts- und Transitländern, um Menschen von der Flucht nach Europa abzuhalten.

© dpa-infocom, dpa:210625-99-135263/6


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