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Trotz Flug-Stopp: London hält an Abschiebungs-Plan fest

Bei dieser Boeing 767 soll es sich um die Maschine handeln, welche Asylsuchende von Großbritannien nach Ruanda bringen sollte. Foto: Andrew Matthews/PA Wire/dpa
Bei dieser Boeing 767 soll es sich um die Maschine handeln, welche Asylsuchende von Großbritannien nach Ruanda bringen sollte. Foto: Andrew Matthews/PA Wire/dpa

Für illegal nach Großbritannien Eingereiste soll es künftig heißen: Endstation Ruanda. Ein europäisches Gericht macht London vorerst einen Strich durch die Rechnung. Doch die Regierung will das anfechten.

London (dpa) – Nach dem kurzfristigen Stopp eines Abschiebeflugs nach Ruanda mit Asylsuchenden an Bord will sich die britische Regierung nicht mit ihrer Niederlage vor einem europäischen Gericht abfinden.

„Ich bin sicher, dass wir das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anfechten werden, denn britische Richter haben vorher entschieden, dass die Flüge abheben können“, sagte Arbeitsministerin Thérèse Coffey am Mittwochmorgen bei Sky News. Sie sei „sehr zuversichtlich“, dass kommende Flüge nach Ruanda stattfinden würden.

Der erste geplante Abschiebeflug nach Ruanda mit Asylsuchenden verschiedener Nationalitäten an Bord war kurz vor der Abreise am Dienstagabend gerichtlich gestoppt worden. London hatte mit dem Flug seinen umstrittene Ruanda-Pakt einläuten wollen, mit dem die konservative Regierung weitere Schutzsuchende von der Einreise ins Vereinigte Königreich abschrecken will. Die Vereinten Nationen und viele andere Organisationen sehen darin einen Bruch internationalen Rechts.

„Wir lassen uns nicht davon abschrecken, das Richtige zu tun und die Grenzen unserer Nation zu schützen“, sagte Innenministerin Priti Patel nach der seltenen Intervention des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit Sitz in Straßburg. Am Mittwoch wollte die Ministerin sich im Londoner Unterhaus äußern.

Internationale Kritik

Die Vereinten Nationen und viele andere Organisationen sehen darin einen Bruch internationalen Rechts und einen gefährlichen Präzedenzfall. Sogar der zur politischen Neutralität verpflichtete Thronfolger Prinz Charles soll sich Medienberichten zufolge „entsetzt“ über den Plan geäußert haben.

Von britischen Gerichten gab es für den Flug zwar grundsätzlich grünes Licht, allerdings waren viele Einzelklagen erfolgreich, weshalb die Zahl der für Dienstagabend eingeplanten Passagiere in den Tagen zuvor immer kleiner wurde. In den Stunden vor dem geplanten Abflug sorgte die außergewöhnliche Intervention des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg dann dafür, dass die Zahl der Ausreisenden schließlich auf null sank und der Flug komplett gestrichen wurde.

Die Entscheidung des Straßburger Gerichts löste gewissermaßen eine Kettenreaktion aus: Die verbleibenden Betroffenen konnten sich auf die Entscheidung berufen und auch ihre eigene Ausreise zunächst erfolgreich verhindern. In gerade einmal gut einer Stunde sei der Plan für den ersten Ruanda-Flug „wie ein Kartenhaus“ in sich zusammengefallen, kommentierte der BBC-Korrespondent Dominic Casciani nach der Entscheidung.

© dpa-infocom, dpa:220614-99-667866/6


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