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EU-Kommission stellt Plan für möglichen Gasnotstand vor

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission. Foto: Virginia Mayo/AP/dpa
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission. Foto: Virginia Mayo/AP/dpa

Ein russischer Gas-Lieferstopp würde in Europa spürbare Konsequenzen haben. Für den Fall der Fälle – ein Stopp russischer Lieferungen – stellt die EU-Kommission nun Vorschläge vor.

Brüssel (dpa) – Die Europäische Union bereitet sich auf eine mögliche Gaskrise in Europa vor. Heute stellt die EU-Kommission in Brüssel einen Notfallplan vor, wie man auf Ausfälle bei Gaslieferungen reagieren könnte. Einem Entwurf zufolge enthält er Vorschläge, welche Industrien neben den geschützten Haushalten im Ernstfall noch mit Gas versorgt würden. Auch jetzt schon ruft die Brüsseler Behörde zum Energiesparen auf – das Schlagwort heißt: „Solidarität“. Was die Pläne bedeuten könnten:

Konsequenzen für Verbraucher

Entwürfe des Plans sehen unter anderem vor, dass öffentliche Gebäude, Büros und kommerzielle Gebäude bis maximal 19 Grad beheizt und mit Klimaanlagen auf nicht weniger als 25 Grad heruntergekühlt werden sollen, sofern das technisch möglich ist. Generell werden Verbraucherinnen und Verbraucher, wie auch andere Konsumenten von Gas zum Sparen aufgerufen.

Generell gibt es für den Fall einer Gasnotlage bereits einheitliche Regeln in der EU, die in der sogenannten SoS-Verordnung verankert sind. Diese regelt etwa, welche Kunden in einem Ernstfall noch mit Gas versorgt werden sollen. Haushalte und essenzielle soziale Dienste werden als geschützte Verbraucher besonders behandelt. Sie genießen eine besondere Stellung und ihnen kann von den Mitgliedsländern Vorrang eingeräumt werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bereits deutlich gemacht: Im Falle einer Gasmangellage müssten alle Verbraucher Beiträge zum Energiesparen leisten. Wie dies genau ausgestaltet wird, steht aber noch nicht fest.

Konsequenzen für Unternehmen

Der Entwurf der Kommission vor, dass Unternehmen ihren Gasverbrauch jetzt schon reduzieren, beziehungsweise auf andere Energieträger umsteigen sollen. Dafür könnten Firmen finanzielle Anreize erhalten.

Nach den derzeit geltenden EU-Regeln gilt grundsätzlich die Industrie zum Beispiel in einem Notfall nicht als geschützter Verbraucher und ihre Versorgung würde im äußersten Fall eingestellt. Theoretisch müsste die deutsche Industrie Gas an Haushalte eines Nachbarlands wie Österreich abgeben, falls das Land sich nicht anders versorgen kann und auch Deutschland keine weiteren Vorräte hat.

Umgekehrt würden deutsche Haushalte über die Industrie von Nachbarländern versorgt, wenn es zum Äußersten käme. Dies wäre der allerletzte Ausweg und würde wohl nur eintreten, wenn Gas in mehreren Ländern gleichzeitig knapp wird. Die genauen Modalitäten wären dann auszuarbeiten.

Schon jetzt gibt es Mitgliedsstaaten, die sich nicht an die Regeln halten wollen. So hat Ungarn vergangene Woche einen Notstand ausgerufen und angekündigt, dass es ab August kein Gas und andere Energieträger mehr an andere EU-Länder liefern will. Die EU-Kommission untersucht diesen Schritt gerade.

Konsequenzen für EU-Länder

Einem Entwurf des neuen Notfallplans zufolge sollen – wenn freiwillige Maßnahmen nicht mehr ausreichen – im Zweifel Einsparziele verpflichtend vorgegeben werden können, um in allen EU-Staaten eine Versorgung von privaten Haushalten und anderen besonders zu schützenden Konsumenten – wie etwa Krankenhäusern – sicherzustellen.

Eine Voraussetzung für die Einführung von verpflichtenden Einsparzielen könnte laut dem Entwurf sein, dass mindestens zwei EU-Staaten wegen einer Unterversorgung mit Gas akute Notsituationen befürchten. Wie stark die EU-Staaten ihren Gasverbrauch reduzieren müssten, ließen die Autoren zunächst offen, im Gespräch waren zuletzt allerdings Zahlen von 5 bis 15 Prozent.

© dpa-infocom, dpa:220720-99-84993/2


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