Am Wochenende droht das größte Schneechaos seit Jahren – allerdings nur im Norden Deutschlands. Der erste Eisregen fiel bereits am Samstagabend in Teilen Nordrhein-Westfalens und sorgte für glatte Straßen. Über einige Regionen Bayerns wehte tagsüber dagegen Saharastaub und trübte den Himmel.
Vor allem in der nördlichen Mitte Deutschlands sei von Samstagabend bis in die Nacht zum Montag mit 15 bis 40 Zentimeter Neuschnee und Schneeverwehungen bis über einen Meter zu rechnen, gab der DWD in einer amtlichen Gefahrenmitteilung bekannt.
Straßen und Schienenwege könnten durch extreme Schneeverwehungen unpassierbar werden. Es bestehe die Gefahr von Schneebruch. „Fahren Sie nur mit Winterausrüstung und vermeiden Sie grundsätzlich Autofahrten!“, heißt es in der Warnmeldung.
Im Siegerland in Nordrhein-Westfalens setzte der Eisregen bereits am Samstagabend ein. Von dort aus ziehe er sich in der Nacht in einem breiten Streifen über Wuppertal und Düsseldorf bis zur niederländischen Grenze, teilte der Deutsche Wetterdienst (DWD) mit. In diesem Gebiet sei zumindest örtlich mit Glätte zu rechnen. Deutlich kritischer könnte es im Verlauf der Nacht weiter nördlich in NRW werden.
Die Bahn warnt vor Zugausfällen und Verspätungen – die ersten Fernverbindungen sind bereits eingestellt. Laut Mitteilung der Deutschen Bahn wurden am Samstag und Sonntag alle Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Kiel, Hamburg und Lübeck sowie zwischen Hamburg und Westerland gestrichen.
Ebenfalls von den Anpassungen betroffen ist die Verbindung zwischen Hamburg und Rostock/Stralsund/Binz. Hier werde der Fahrplan am Wochenende stark ausgedünnt. Auch im Regionalverkehr etwa in Nordrhein-Westfalen ist mit Beeinträchtigungen zu rechnen.
Ganz anders zeigt sich das Wetter im Süden, wo die Menschen deutlich mildere Temperaturen erwarten. Der Grund: Während über der Mitte Deutschlands Kaltluft arktischen Ursprungs liegt, lenken Tiefdruckgebiete über Westeuropa laut DWD sehr milde Luft nach Bayern und Baden-Württemberg.
In Teilen Bayerns tauchte Staub aus der Sahara den Himmel am Samstag in ein trübes Licht. „Wenn man in München rausschaut zum Beispiel, sieht es leicht gelb-rötlich aus“, sagte ein DWD-Sprecher. Ursache sei das Tiefdruckgebiet über Südwesteuropa: Die entstandenen Winde transportieren Staub aus der Wüste über das Mittelmeer direkt nach Deutschland. Bayern ist dem Sprecher zufolge besonders von den Auswirkungen betroffen.
20 Grad trennen Nord und Süd
Deutschland stehen ungewöhnliche Wetter-Extreme bevor. Dem Norden drohen bis zu 40 Zentimeter Neuschnee, dazu „enorme Schneeverwehungen“ durch Sturm, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte. Im Süden hingegen soll es frühlingshaften Föhn geben. Zwischen Nord- und Süddeutschland erwarten Experten damit ein Temperaturgefälle von rund 20 Grad.
In Teilen Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens und Sachsen-Anhalts gilt die Höchste Warnstufe des DWD. In der Nacht rechnen die Meteorologen von Westen nach Osten von Bocholt bis Magdeburg mit starkem Schneefall und extremen Schneeverwehungen.
In weiten Teilen von Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen soll es Glatteis geben. Am Alpenrand gibt es Warnungen vor schweren Sturmböen, im Norden und der Mitte vor Sturm- und Windböen.
Der DWD erwartet erhebliche Verkehrsbehinderungen durch unwetterartigen Eisregen mit überregionalen Auswirkungen auf Straßen- und Schienenwege. In Niedersachsen bereiteten sich Feuerwehr und Katastrophenschutz, Polizei, Verkehrsbetriebe und Bahnen, Straßenmeistereien und Räumdienste auf herausfordernde Tage vor.
Meldungen von Unfällen gab es am Samstag zunächst noch nicht. In Brandenburg meldete die Polizei aber am Mittag, dass Autofahrer bereits mit vereinzelt glatten Straßen rechnen müssten. Viele Menschen schienen sich an die Unwetterwarnungen zu halten, etwa im verschneiten Harz, den Ausflügler am Samstag weitgehend mieden.
„Wir stellen erfreut fest, dass die meisten Menschen die Unwetterwarnungen ernst genommen haben und sich heute nur wenige auf den Weg zu uns in den Oberharz gemacht haben“, schrieb etwa die Polizei Goslar auf Facebook. Man hoffe, auch am Ende des morgigen Tages Ähnliches sagen zu können.
Die Bahn setzte ihre Schneeräumtrupps in Bereitschaft, warnt aber trotzdem vor möglichen Zugausfällen. Fahrgäste, die fürs Wochenende geplante Reisen wegen des angekündigten Wintereinbruchs in Norddeutschland verschieben wollten, könnten bereits gebuchte Fernverkehrstickets „bis einschließlich sieben Tage nach Störungsende entweder flexibel nutzen oder kostenfrei stornieren“.
In mehreren Städten organisierte die Bahn Übernachtungsmöglichkeiten für Reisende. So sei man etwa in Hamburg, Hannover, Münster, Kassel und Leipzig vorbereitet, falls Kunden ihr Reiseziel mit dem Zug nicht mehr erreichen könnten, sagte eine Sprecherin.
Meteorologen sprechen schon vorher von einem „denkwürdigen Ereignis mit Seltenheitswert“ – und ziehen Vergleiche zum Winter 1978/79, als bei einer Schneekatastrophe in Norddeutschland das Verkehrs-, Versorgungs- und Kommunikationsnetz zusammenbrach. Zwischen Nord- und Süddeutschland erwarten Experten ein Temperaturgefälle von rund 20 Grad.
Südniedersachsen besonders betroffen
Die Meteorologen rechneten damit, dass der südliche Teil Niedersachsens besonders betroffen sein wird. Die Menschen dort sollten sich darauf einstellen, dass der Strom ausfallen und das Haus wegen Glatteis nicht verlassen werden kann, wie Franz Molé, Leiter der Vorhersage- und Beratungszentrale des DWD, sagte.
Schneeschauer und frostige Temperaturen werden auch in Sachsen-Anhalt erwartet. „Es beginnt noch relativ ruhig, aber wir erwarten ein sehr turbulentes Wochenende“, so ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Ähnlich sieht es in Sachsen aus.
Und auch in Berlin wird es frostig – mit Temperaturen von tagsüber bis zu minus acht Grad, die Nächte sollen noch kälter werden. Die Hauptstadt stellt deswegen zusätzliche Plätze im Warmen für Obdachlose bereit.
Weniger Sorgen machen müssen sich die Menschen im Süden, wo der DWD deutlich mildere Temperaturen vorhergesagt hat. Auch wenn sich das Wetter zumindest in Bayern am Samstag nicht ganz so gegensätzlich entwickelte wie erwartet.
„Wenn man vom äußersten Norden und dem äußersten Süden absieht, ist es überall recht einheitlich, dicht bewölkt und zwischen vier und acht Grad“, sagte ein Meteorologe des DWD.
Das vorhergesagte frühlingshafte Wetter in Alpennähe trat also nicht ein. In München genossen am Samstag dennoch Surfer ihren Sport auf der künstlichen Welle im Englischen Garten. Dick eingehüllt in Neopren trotzten sie den Temperaturen des Eisbaches.
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weiterführende Informationen:
➡️ Vorhersage Deutscher Wetterdienst
➡️ Warnlagebericht Deutscher Wetterdienst
➡️ Infos der Deutschen Bahn
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